Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rittermord

Rittermord

Titel: Rittermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
Vom Netzwerk:
hörte ich Schritte hinter mir. Ich fuhr herum, und im gleichen Moment blendete eine extrem helle Lampe auf.
    »Gina?« fragte ich. »Beate? Mensch, macht die Funzel aus.«
    Die Lichtquelle kam ohne abzublenden näher. Ich hörte mich noch »He, was soll das?« sagen, und dann tat’s einen Schlag, als hätte ich einem ICE im Weg gestanden. Tausend Kisten Silvesterraketen gingen gleichzeitig hoch. Der Krach und die Farben waren unbeschreiblich. Schließlich hatte jemand Mitleid mit mir und packte meinen Kopf in schwarze Watte.
    *
    Sanfte, sphärische Klänge kitzelten mein Bewußtsein. Zu den Tönen sah ich eine Elfe, die mich lockte. Ich folgte ihr über Wiesen und Felder zu einer steinernen Kapelle. Lachend entschwand sie durch das Portal. Als ich ihr nacheilte, knallte ich mit dem Kopf gegen den Scheitelstein.
    »Scheiße!«
    »Hätte ich doch nur gewettet«, hörte ich Gina sagen. »Ich wäre die reichste Frau der Eifel.«
    »Worauf gewettet?« fragte Beate.
    »Daß das sein erstes Wort sein würde.«
    Wenn mich nicht alles trog, sprachen sie von mir. Ganz langsam, um ja keine Explosion auszulösen, öffnete ich die Augen. Ich lag auf dem Schilfsofa. Vor dem Sofa knieten Gina und Beate, als beteten sie mich an.
    »Was ist das auf meinem Kopf?« fragte ich. »Die Beule?«
    »Der Waschlappen auf der Beule«, sagte Gina. »Du hast Schwein gehabt, die Haut ist nicht geplatzt.«
    »Hättest du mehr Haare, hättest du nicht einmal eine Beule«, sagte Beate. »Er kann nicht sehr fest zugeschlagen haben.«
    »Von wegen. Wieso eigentlich er?«
    »Theoretisch natürlich auch eine Sie.«
    »Wie lange war ich bewußtlos?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Gina. »Seit fünf Minuten liegst du hier oben.«
    »Wer hat mich denn gefunden?«
    »Wir.«
    »Ihr seid wirklich noch mal in den Keller?«
    »Mit Todesverachtung. Beate hat sich Gummistiefel angezogen, und ich hab mir Müllsäcke um die Beine gewickelt.«
    »Du kamst und kamst nicht zurück«, sagte Beate. »Dann splitterte plötzlich eine Scheibe. Die muß der Kerl eingeschlagen haben, als er eingebrochen ist. Da sind wir dann runter in die Katakomben.«
    »Und wer hat mich raufgeschafft?«
    Beide winkelten die Arme an und zeigten ihre Bizepse.
    »Das glaub ich nicht.«
    »Beate hat mal kurz in einer Abdeckerei gejobbt«, sagte Gina. »Tote Pferde, tote Rinder, du weißt schon. Und ich hab mir immer wieder ins Gedächtnis gerufen, wie ich vor zwei Jahren mal Furtwängler ins Haus getragen habe, als er im Hochsommer einen Kreislaufkollaps hatte. So haben wir’s geschafft.«
    »Furtwängler?«
    »Mein Hund. Der Neufundländer.«
    »Ich dachte, er heißt …«
    »Wie?«
    »Schon gut. Wieso ausgerechnet Furtwängler?«
    »Hab ich dir nie erzählt, daß meine Mutter als junge Frau mal eine Affäre mit Furtwängler hatte? Wirklich nicht? – Egal, jedenfalls hat sie mehr als einmal zu mir gesagt: ›Wär ich damals nicht so naiv gewesen, dann wärst du Furtwänglers Tochter und nicht die deines Vaters.‹«
    »Dann wärst du aber mindestens fünf Jahre älter. Außerdem ist das doch kein Grund, einen Hund –«
    »Sie meinte, er hätte die gleichen Augen.«
    »Jetzt sag nur, Furtwängler konnte auch bellen.«
    Gina grinste breit wie ein Frosch, und Beate lachte und sah mehr denn je aus wie Pumuckl. Ich gackerte ein bißchen mit und mußte plötzlich husten, wobei mir fast der Schädel platzte.
    »Das ist die Strafe«, sagte Gina.
    Es dauerte eine Weile, bis der Schmerz so weit abgeebbt war, daß ich wieder denken konnte. Endlich fiel mir ein, wonach ich schon die ganze Zeit hatte fragen wollen. »Steht die Kassette noch im Keller?«
    Die beiden Frauen guckten, als hätte ich nach der chemischen Formel für Haarspray gefragt.
    »In der Anrichte war die Kassette«, sagte ich. »Sie war voller Papierkram. Die kann doch nicht verschwunden sein.«
    »Es sei denn, der, der dich niedergeschlagen hat, hat sie mitgehen lassen«, sagte Gina. »Vielleicht ist er überhaupt nur deswegen eingebrochen. Was war denn drin?«
    »Wie?«
    »Was für Papierkram?«
    Das war eine gute Frage. Ich grübelte und grübelte, kam aber nicht darauf. Dieser Hurensohn mußte mein Hirn genau an der Stelle getroffen haben, an der ich mir das gemerkt hatte.

Kapitel 14
    Bad Münstereifel entwickelte sich für mich immer mehr zu einer Stadt der kurzen Wege. Der Immobilienmakler residierte keine hundert Meter die Straße runter in einem Ladenlokal, das von einem Antiquitätengeschäft und einem Eiscafé flankiert

Weitere Kostenlose Bücher