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Rittermord

Rittermord

Titel: Rittermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
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können.
    Ich marschierte bis zum Tor. Das hing zwischen massiven glattflächigen Stahlpfosten und war genauso undurchlässig wie der Zaun. Außerdem war es vom Haus aus einzusehen.
    Das Haus stammte aus den Fünfzigern oder Sechzigern und sah aus, als sei hier Alle meine Tiere mit Gustav Knuth gedreht worden. Zwar gab es einen Briefkasten und eine Klingel, aber keine Namensschilder. Hier wohnte Mister X und setzte alles daran, Mister X zu bleiben.
    Das Gestrüpp unmittelbar am Zaun war niedergetrampelt. Hier liefen hin und wieder Patrouillen lang. Das sollte mir recht sein, weil ich so leichter vorankam.
    Nach dreißig oder vierzig Metern zackte der Zaun um neunzig Grad nach Norden weg. Hier begann das Grundstück eines Nachbarn, dessen Sicherheitsvorkehrungen noch entwicklungsfähig waren, denn das Anwesen war lediglich von einem Jägerzaun umgeben. Ein Zaun, der dazu auch noch morsch und an etlichen Stellen umgefallen war.
    Ich suchte mir zwei etwa zwei Meter lange Zaunstücke aus, die noch einigermaßen fit aussahen, und riß sie von ihren Pfosten. Das war schwieriger, als es zunächst den Anschein gehabt hatte, denn der Zaun war mit ellenlangen Nägeln angeschlagen worden. Dafür sicherte mir mein Herumtoben und Gezeter den Respekt sämtlicher Wildschweine des Forstes, und sie würden es sich zweimal überlegen, sich mit mir anzulegen.
    Die Zaunstücke gaben wirklich formidable Leitern ab. Ich lehnte das eine an, kletterte hoch, zog das andere nach, hievte es über den Zaun – wobei ich mir an einem Nagel den linken Handrücken aufriß – und lehnte es dort an. Dann brauchte ich nur noch über die Dornen zu steigen, möglichst ohne mich zu kastrieren. Auch das gelang.
    Auf Hunde, Stolperdrähte und Fallgruben gefaßt marschierte ich in Richtung Haus.
    *
    Es war unglaublich, aber es gab keine Hunde. Dabei hatte ich mir extra einen feinen Knüppel gesucht. Vorerst behielt ich ihn auch, vielleicht traf ich ja noch auf Leoparden oder Boas.
    Die Bäume reichten nicht bis ans Haus, die letzten fünfzehn Meter waren Rasen. Das galt rundum, außer im Bereich der Garage. Dort standen sie bis an die Rückseite. Ich schlich hin und schob mich die Mauer entlang, bis ich durch das einzige Fenster hineinspähen konnte. Da stand nur ein eingestaubter Wagen, den erhofften Zugang zum Haus entdeckte ich nicht.
    Ein Blick um die Ecke verschaffte mir Überblick über das Gelände vor dem Haus. Die Zufahrt war bis zur Überdachung der Haustür und bis zur Garage gekiest. Die Abgrenzung der Rasenflächen besorgten steinerne Poller, zwischen denen schmiedeeiserne Ketten hingen. Etwas abseits gab es einen Goldfischteich. Außer Metzens Granada parkte da noch ein marineblauer Range Rover. Ein Anschleichen von dieser Seite erschien wenig sinnvoll, denn im Erdgeschoß gab es nur zwei kleine vergitterte Fenster, hinter denen ich Klo und Küche vermutete. Blieb die Rückseite.
    Ich stellte den Knüppel neben die Regentonne und schlich gebückt bis zur Terrasse, die sich über die gesamte Rückfront erstreckte. Die eine Hälfte war überdacht, über der anderen Hälfte konnte bei Bedarf eine Markise ausgefahren werden. Das Terrassenmobiliar bestand aus massiven, knorrigen Sesseln und einem Tisch aus dem gleichen Programm. Zugang zum Haus hatte man über zwei doppelflügelige verglaste Türen. Daneben, zur Garage hin, gab es zusätzlich ein Panoramafenster, das fast bis auf den Boden reichte. Ich huschte die drei Stufen zur Terrasse hoch, ging auf die Knie und riskierte einen Blick durch die Scheibe.
    Die Einrichtung war treudeutsch anno 1960. Eiche, Eiche und noch mal Eiche. Am Fenster standen eine Tigerzunge und ein Gummibaum. Bestimmt gab es auch eine Musiktruhe, einen Fernseher hinter Klapptüren, einen Wandteppich an einer Bambus-Stange und ein Regal mit zwei Metern Bertelsmann. So hatte es bei uns auch ausgesehen, zumindest bis der Alte die Koffer gepackt hatte.
    Ich wagte einen zweiten Blick, und dabei entdeckte ich die drei Männer. Metzen saß mit dem Rücken zum Kamin und bot mir sein Profil dar. Der Graumelierte saß mir quasi gegenüber, hielt seine Brille in der Hand und polierte die Gläser mit einem weißen Taschentuch. Der dritte Mann saß mit dem Rücken zum Fenster. Außer einer üppig wallenden dunkelbraunen Mähne war von ihm nichts zu sehen. Und auf einmal überkamen mich Zweifel, ob X überhaupt ein Mann war. Von hinten betrachtet konnte es sich genausogut um eine Frau handeln.
    Ich nahm die Yashica aus der

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