Rittermord
Sammlung unseres Holzbildhauers Ferdinand Müller. Er ließ das Haus vollständig renovieren und betreibt dort seit vergangenem Herbst ein Fischrestaurant.«
»Mit Fischen aus der Erft?«
»Sie werden lachen: Mein Mann hat aus der Erft noch Lachse geholt. Aber zurück zu unserem Thema. Noch während die Renovierungsarbeiten im ›An der Rauschen‹ im Gange waren, erfuhr ich, daß Kuno sich für den Erwerb eines weiteren Hauses in der Nähe des Werther Tores interessierte. Dort, wo sich derzeit ein Café namens T wie Theodor befindet, wollte er ein Steakhouse eröffnen. Das Café ist vom Stil her mehr etwas für junge Leute, aber ich war auch schon einmal da. Man ißt dort einen vorzüglichen Bauernsalat mit Schafskäse und Fladenbrot. Und gar nicht mal so teuer. – Wo war ich stehengeblieben?«
Noch verblüfft, sagte ich: »Kuno wollte das Café T übernehmen, um dort ein Steak –«
»Genau«, fiel mir Frau Trimborn ins Wort. »Aus irgendwelchen Gründen wurde man sich jedoch nicht handelseinig, vermutlich lag es am Preis, Genaueres ist mir jedoch nicht bekannt. Kaum hatte ich vom Scheitern seines Vorhabens erfahren, erhielt ich das erste Angebot von Metzen.«
»Den Barden zieht’s an die Stadttore«, sagte ich. »Fisch hier, Steak da, fehlt nur noch was Vegetarisches. Als es um ihr Haus ging, hat Kuno sich völlig im Hintergrund gehalten. Warum? Aus Angst, Sie würden nicht verkaufen, wenn Sie wüßten, daß er der Interessent ist?«
»Vermutlich.«
»Warum mögen Sie ihn nicht? Liegt’s an der Musik?«
»Unfug, ich habe sogar eine Platte von ihm. Nein, nein, er ist auch im allgemeinen sehr beliebt. Andererseits möchte man trotzdem nicht, daß er sich aufgrund seiner Popularität und Finanzkraft die besten Stücke aus dem Braten schneidet.«
»Filetneid.«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen. Es tut keiner Gemeinschaft gut, von einigen wenigen dominiert zu werden. Dadurch wird sie anfällig und erpreßbar.«
Keine Frage, die alte Dame wußte, wie der Hase lief.
»Gibt’s eigentlich ein viertes Tor, wo er es auch noch versuchen könnte?«
»Nein, es existiert zwar ein Durchbruch an der Langenhecke, aber die Gegend ist für seine Pläne ungeeignet. Ich denke, er wird auf meine Forderung eingehen, obwohl ich Metzen einen wahrhaft astronomischen Preis genannt habe.«
»Falls er noch nicht darauf gekommen ist, daß mein Besuch bei Metzen und Ihr Anruf kein Zufall waren.«
»Dazu bedürfte es einer gewissen Intelligenz«, sagte sie und leerte ihr Gläschen bis auf den allerletzten Tropfen. Ich war mir sicher, wäre sie allein gewesen, sie hätte es ausgeleckt. Kultiviert hin oder her. »Sehen Sie, beinahe hätte ich vergessen, Ihnen etwas zu sagen.«
»Was denn?«
»Kuno besitzt bereits seit mehreren Jahren ein zweites Haus in der Stadt.«
»Ist das für unseren Fall von Belang?«
»Ich denke schon.« Ihr Lächeln entbehrte nicht einer gewissen Süffisanz. »In dem betreffenden Haus wohnen zwei Parteien zur Miete. Eine Partei ist Martha Lingscheid.«
Sie hatte recht. Da erkannte sogar ich einen Zusammenhang.
*
Meine Kenntnisse der französischen Sprache beschränken sich darauf, Rotweinetiketten lesen zu können. Allerdings würde ich mich nicht als Weinkenner bezeichnen. Trotzdem hab ich im Laufe der Zeit das eine oder andere gelernt. Steht zum Beispiel »Cabernet Sauvignon« drauf, mag ich den Wein nicht.
Auf der Flasche, die ich augenblicklich in der Hand hielt, stand alles mögliche, nur nichts Vertrautes. Also sprach ich die Verkäuferin an.
»Wie schmeckt der?«
Die Lingscheid sah von dem Prospekt auf, den sie studierte, und musterte mich über den Rand ihrer Halbbrille, die sie an einer geflochtenen Kordel um den Hals trug. Bis auf ein grünstichiges Batik-Shirt steckte sie in denselben Klamotten wie Montag. Aus dem kleinen Lautsprecher über der Gemüseecke tröpfelte Joan Baez.
»Da ich keinen Alkohol trinke, kann ich Ihnen diesbezüglich leider keine Auskunft geben.«
»Wie verbringen Sie denn Ihre Abende?« hakte ich nach. »Mit ’nem Stück Dope aus der Wasserpfeife? Und dazu vielleicht ’n bißchen Kuno vom Plattenteller?«
Die Lingscheid strahlte mich an, als hätte ich sie zum Essen eingeladen. »Sie sind nur so grob, weil Sie sich selbst nicht leiden können. Lösen Sie Ihre persönlichen Probleme, und Sie werden dieses Getue nicht mehr nötig haben.«
Ich verstaute den Wein wieder im Regal und baute mich vor der Theke auf. »Gute Idee, eines meiner Probleme sind nämlich
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