Rittermord
putzen durfte die Lingscheid sich noch, dann mußte sie ran. Leiernd und zugleich stockend berichtete sie, welches Unrecht ich ihr getan hätte mit meinen Unterstellungen, wo ihr der Laden doch ein zweites Zuhause und Josef Deutsch für sie wie ein Sohn gewesen wäre. Kuno erwähnte sie vernünftigerweise mit keinem Wort. Zum Schluß kam sie dann darauf, wie sie, mir ausgeliefert, um Hilfe rufen wollte und ich ihr in erniedrigender Weise …
Der Rest ging in erneutem Gewinsel unter.
»Nun ist es aber gut«, knurrte Emmelmann. »Müssen Sie sich denn so gehen lassen?«
Sie mußte wohl, denn sie legte ein paar Phon zu und wollte wieder an Emmelmanns Bauch. Das unterband er allerdings energisch.
»Gehen Sie jetzt nach Hause«, sagte er. »Falls erforderlich, unterhalten wir uns später noch mal.«
Nachdem die Lingscheid durch die Tür war, kam Emmelmann mit gesenktem Kopf auf mich zu. Er hatte die Laune eines Nilpferdes mit Hodenquetschung. Ich beschäftigte mich intensiv mit den Zubereitungsmodalitäten von Dinkelnudeln ohne Ei. Er nahm mir die Packung aus der Hand und pfefferte sie in die hinterste Ecke.
»Ich habe Erkundigungen über Sie eingezogen«, bellte er. »Warum haben Sie mir verschwiegen, daß Sie bis vor wenigen Wochen bei der gleichen Firma waren?«
»Hätten Sie mich deswegen sympathischer gefunden?«
»Ich hätte jedem Ihrer Worte zutiefst mißtraut.«
»Sehen Sie, Sie sind voreingenommen. Das muß ich gespürt haben. Deswegen hab ich mich Ihnen auch nicht anvertraut.«
Er starrte mich an, als wollte er mich beißen. Dann entschied er wohl, ich sei unverdaulich, und beließ es bei dem, was er am besten konnte – Fragen stellen.
»Wie darf ich die Nummer verstehen, die Sie eben hier abgezogen haben? Schnüffeln Sie auf eigene Faust herum?«
»Hätten Sie was dagegen?«
»Ob ich was dagegen hätte?« Er holte Luft und blies sich zu einem Fesselballon auf. »In Bonn sagte man mir, Sie seien ein verdammt guter Ermittler gewesen, bis Sie Anfang dieses Jahres durchgeknallt sind. Können Sie sich noch erinnern, was Sie früher von Leuten gehalten haben, die Ihnen ins Handwerk pfuschen wollten?«
»Ich mochte sie nicht.«
»Und was hätten Sie am liebsten mit ihnen gemacht?«
»Sie gehörig in den Arsch getreten. Soll ich mich umdrehen?«
Darauf bestand er nicht, aber dafür durfte ich an seinem Zeigefinger riechen.
»Ich will Sie hier nicht wieder sehen«, sagte er sehr leise. »Kommen Sie mir nie wieder in die Quere. Und sollte mir zu Ohren kommen, daß Sie sich dennoch in welcher Form auch immer in dem Fall umtun, dann schwöre ich Ihnen, reiße ich Ihnen den Arsch bis zu den Ohren auf. Haben wir uns verstanden?«
»Klar doch, Kollege.«
»Unterstehen Sie sich, mich noch einmal Kollege zu nennen.«
»Auch klar«, sagte ich. »Darf ich denn Bulle sagen?«
Ich war zwar nicht sehr flink, aber flinker als er war ich allemal.
Kapitel 17
Weil ich Angst hatte, es sei noch Streuselkuchen da, kaufte ich drei Stücke Obstplunder. Eins zuviel, denn Gina war nicht mehr da.
»Hat sie nichts gesagt?« fragte ich Beate.
»Nur, daß sie zurück muß«, sagte sie. »Sie könne dieser Frau Sowieso nicht zumuten, die ganze Arbeit allein zu machen. Wir sollen sie aber auf dem laufenden halten. Ach so, die Telefonnummer sei sieben-drei-drei-sieben, soll ich dir ausrichten. Du wüßtest dann schon Bescheid. Das Diktiergerät liegt im Flur. Ich hab die Nummer mal aus Jux gewählt. Da meldet sich das ›Wirtshaus an der Rauschens«
»Ich weiß. Der Laden gehört Kuno.«
»Meinst du Kuno, den Barden?«
»Ja, er ist unser Mister X.«
»Das glaub ich nicht!«
»Was heißt hier, das glaub ich nicht? Ich riskiere Kopf und Kragen, um das herauszufinden, und dann sagst du einfach, du glaubst das nicht.«
»Nun reg dich doch nicht gleich so auf.«
Beate tätschelte meine linke Hand. Die war zwar weiter weg als die rechte, aber in der rechten hielt ich die Kaffeetasse. »Wie hast du das rausgekriegt?«
Ich erzählte ihr von Metzen, von dem Graumelierten, der Viltz sein mußte, von Kuno, von Willy, von den zwei Rottweilern und nicht zuletzt von der Lingscheid und Emmelmann – einfach die ganze Geschichte. Beate war fasziniert, als plaudere James Bond aus dem Nähkästchen.
»Jetzt müssen wir eigentlich nur noch herausfinden, wer von den dreien reiten kann und für den Tatabend kein Alibi hat«, sagte sie mit eiferglühenden Bäckchen.
»Oh, Mädchen, vergiß es. Nach Reiten sehen die alle drei nicht aus.
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