Ritualmord
aufgegeben.
»Was haben Sie gesagt?« Caffery kam zurück. Seine Sohlen quietschten auf dem Laminatboden.
»TIDARA.« Tig stieß es hastig hervor, als könnte er damit entschuldigen, dass er jetzt plauderte. »So heißt die Klinik.«
»Klinik? Welche Klinik?«
»Der er Geld spendet. Der einzige Laden, über den er nicht spricht, und ich weiß nicht, warum.«
»TIDARA? Und wo ist das?«
»Ich weiß nichts darüber - nur den Namen. TIDARA. Aber das haben Sie nicht von mir.« Vorsichtig hob er den Kopf. »Nicht von mir - okay?«
Obwohl der Kerl in schlechter Verfassung war und versuchte zu helfen, auch wenn er es eigentlich nicht wollte, fiel es schwer, eine Spur von Sympathie für ihn aufzubringen, dachte Caffery. Er nickte, nahm seine Visitenkarte vom Brett und steckte sie wieder ein. Er klopfte auf die Tasche, um zu demonstrieren, dass sie gut aufgehoben war.
»Sie haben nie mit mir gesprochen. Ich war gar nicht hier. Hab nie einen Fuß in dieses Haus gesetzt. Und...« Er wippte auf den Absätzen zurück und ließ seinen Blick zur Tür und durch den leeren Flur wandern. Niemand beobachtete sie.
»Und?«
»Und ich habe nie danke gesagt. Okay. Auch das ist nicht passiert.«
TIDARA fand er im Adressbuch, und dann fuhr er von Bristol aus zehn Meilen weit zu einem von Bäumen umstandenen Laminatglaskomplex in der Nähe von Glastonbury. Wasser plätscherte diskret über flache weiße Kieselsteine. Spezialisten aller Art praktizierten hier: Aromatherapeuten, Akupunkteur und Chiropraktiker. TIDARA residierte in einem lichtdurchfluteten Gebäude, umgeben von grünem Bambus. Man erreichte es über hölzerne Stege, die sich über das fließende Wasser spannten. Der Empfangsbereich ähnelte dem Ein-
gangsfoyer einer Nobelsauna; zwei Mädchen in identischen, cremefarbenen Waffelpiquemänteln lächelten hinter der Theke zu ihm auf.
TIDARA war erst vor zehn Monaten eröffnet worden, und die Leiterin, Tay Peters, eine kühle, attraktive Malaysierin um die vierzig in cremefarbenem Leinen und teuren Sandalen, führte ihn lässig und höflich in ihr Büro. Sie goss Saft in zwei hohe Gläser und stellte eins vor ihn hin.
»Acai«, erklärte sie. »Aus Brasilien. Enthält doppelt so viele Antioxidantien wie Blaubeeren.«
Caffery kippte das Glas schräg zu sich und inspizierte die Flüssigkeit. »Danke«, sagte er dann und schob das Glas zur Seite. Er hob seine Mappe auf und holte eine Akte heraus. »Und danke, dass Sie mich so kurzfristig empfangen.«
Sie hob ihr Glas und lächelte. »Gern geschehen.«
Er zog sein Notizbuch hervor, lockerte seine Krawatte und setzte sich bequemer hin. Eigentlich brauchte er das Notizbuch nicht; er benutzte es als Requisite, um sich Zeit zum Denken zu verschaffen. »Ich wollte Sie nach Ihrer Finanzierung fragen.«
Sie hob die Brauen und stellte das Glas ab. »Nach unserer Finanzierung?«
»Das klingt ein bisschen vage, nicht wahr? Aber haben Sie Geduld, ich will auf etwas Bestimmtes hinaus. Sie arbeiten hier seit - wann? Seit zehn Monaten? Und Sie haben bei null angefangen?«
»Ja. Ich hatte ein kleines Startkapital von meinem Mann, aber der Rest stammte von meiner eigenen Arbeit - Sie wissen schon: Businesspläne, Executive Summarys, Broschürenversand, dann Interviews, Präsentationen, et cetera, et cetera. Das habe ich alles allein gemacht.«
»Und Ihre Investoren?«
»Allesamt privat, keine öffentlichen Gelder. Risikobereite Investoren, aber ich habe auch meine Engel, wissen Sie, meine
privaten Investoren und sogar ein paar Philanthropen, die mich mit Spenden unterstützen. Wegen unserer Tätigkeit hier.«
»Sie helfen Leuten, von Drogen loszukommen?«
»Ja, aber nicht auf die übliche Weise.« Tay öffnete eine Schreibtischschublade und nahm eine Broschüre heraus. Auf rauem, ungebleichtem Papier stand in Hellgrau das Wort TIDARA. »Wir benutzen nur natürliche Produkte. Das hier«, - sie schlug die erste Seite auf - »ist die Wurzel der Tabernan- the Iboga.« Ihr manikürter Finger legte sich auf die Abbildung einer knorrigen, zusammengedrehten Wurzel. Darüber befanden sich zwei oder drei Blätter. »Wir machen daraus ein Alkaloid, das Ibogain heißt. Es ist eine psychoaktive Droge, die der Bwiti-Stamm in Kamerun rituell verwendet. Sie reduziert das Verlangen nach Heroin und Crack und hilft dem Abhängigen, die Motive seiner Sucht zu verstehen. Und was noch wichtiger ist: Sie reduziert auch die Entzugssymptome.«
Caffery betrachtete die Abbildung und dachte:
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