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Ritualmord

Titel: Ritualmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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sich zunutze. Er schob die Hände in die Hosentaschen, reckte den Kopf ein wenig vor und sorgte dafür, dass Tig nicht entging, wie er sich herunterbeugen musste, um ihm ins Gesicht zu sehen.
    »Mabuza«, begann er ohne Einleitung. So war es besser - einfach den Namen nennen und dann warten, wie er reagierte. »Gift Mabuza.«
    »Mabuza?« Tig runzelte die Stirn und versuchte, überrascht zu wirken, aber Caffery sah, dass er es nicht war. Der Name überraschte ihn keineswegs. »Ja, den kenn ich natürlich. Was ist mit ihm?«
    »Wie kennen Sie ihn?«
    »Er ist ein Spender.«
    »Er hat Ihnen Geld gegeben.«
    Tig antwortete nicht gleich. Er wich nicht aus, aber er ließ sich Zeit und beäugte Caffery, damit dieser begriff, dass er sich Zeit ließ. Klassisches aggressives Verhalten, dachte Caffery - aber bitte, nur zu, wenn du dich dann besser fühlst.  

    »Er hat mir eine einmalige Spende für die Organisation gegeben. Das ist alles.«
    »Warum, glauben Sie, hat er das getan?«
    »Er hat es bei allen getan.« Er wandte sich ab und studierte das Schwarze Brett, nahm Zettel herunter und ordnete andere neu. Auch eine klassische Taktik, dachte Caffery. Zeig mir, wie wenig es dich interessiert. »Wenn das was mit dem Foto zu tun hat, das Sie mir gegeben haben, dann stellen Sie Verbindungen her, wo es keine gibt.«
    »Wirklich?«
    »Ja.« Tig knüllte ein paar überholte Mitteilungen zusammen und warf sie in einen Papierkorb; er bewegte sich lässig, damit Caffery begriff, dass er nicht eingeschüchtert war. »Mabuzas Sohn war süchtig. Wussten Sie das nicht? Allmählich kommt er wieder auf die Beine - dank jemandem, der so arbeitet wie ich. Da, wo ich herkomme, ist das sauberes Geld. Er hat Grund, sich zu bedanken.«
    »Aber nicht bei Ihnen. Sie haben den Jungen nicht von der Droge heruntergebracht, oder?«
    »Nein. Aber er verteilt es eben ein bisschen.«
    »Das heißt, er hat sich noch anderswo zu bedanken? Wissen Sie, bei wem?«
    Tig schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, nein - sehen Sie, hier kann ich Ihnen nicht helfen. Wirklich nicht. Ich kann nicht hinter seinem Rücken mit der Polizei über ihn reden.«
    »Warum nicht?«
    »Es gibt nichts zu erzählen. Selbst wenn ich wollte, gäb's einen SD zu sagen.« Er wandte sich von der Tafel ab und sah Caffery in die Augen. »Einen Scheißdreck.«
    »Und was ist, wenn ich hier ein bisschen umdekoriere? Wenn ich Ihnen sage, dass er vielleicht etwas mit einem Mord zu tun hat? Mit den Verstümmelungen, über die wir gesprochen haben? Ian Mallows - noch nicht mal zwanzig, ein Jugendlicher. Was sagen Sie dann?«  

    Das Wort »Mord« traf Tig unvorbereitet. Er blinzelte ein paarmal und schluckte. »Wissen Sie, gerade fällt mir ein, dass dieses Gespräch wohl zu Ende ist.«
    »Das glaube ich nicht. Sie haben mir noch mehr zu erzählen.«
    Tig wandte sich zu der Tafel um und fing an, wütend die Heftzwecken hineinzudrücken; er drehte sie mit dem Daumen, als würden sie ohne seine Hilfe einfach herausfallen. Es war nicht zu übersehen, dass Cafferys Worte Wirkung zeigten: Ein roter Streifen auf dem rasierten Schädel des Mannes wanderte über den Hinterkopf, breitete sich in einem Spinnennetz von Adern in seinem Nacken aus und verschwand unter seinem T-Shirt. Manchmal reagierten Leute so auf Wörter wie »Mord«. Manche begriffen in einem solchen Augenblick zum ersten Mal, wie ernst die Lage war.
    »Wie gesagt, ich glaube, Sie haben mir noch mehr zu erzählen.« Er wartete, aber Tig antwortete nicht. Er machte sich weiter an den Heftzwecken zu schaffen und traktierte sie erbost, als hinge sein Leben davon ab. »Was denn? Nichts weiter? Nicht einmal, wenn ich Sie daran erinnere, wie sie ihm die Hände abgeschnitten haben? Während er noch lebte?« Tig gab noch immer keine Antwort. Caffery zog seine Visitenkarte aus der Tasche und befestigte sie mit einer Reißzwecke an der Tafel. »Hier.« Er klopfte darauf. »Für den Fall, dass Ihnen doch noch etwas einfällt.« Er betrachtete Tigs Profil, dann ging er davon und schwenkte seinen Autoschlüssel am Zeigefinger.
    Er war schon an der Tür, als Tig zu sprechen begann - so leise, dass Caffery zuerst dachte, er hätte sich verhört. Er drehte sich um. Tig stand immer noch mit dem Rücken zu ihm, aber er drückte jetzt keine Heftzwecken mehr in die Tafel. Eine Hand lag auf dem oberen Rand des Schwarzen Bretts, die andere drückte er in die Seite; seinen Kopf hielt er gesenkt wie ein Läufer, der mit Seitenstechen kämpfte - als hätte er

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