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Ritualmord

Titel: Ritualmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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auseinanderzusetzen. Eines Tages bringt ihn etwas ins Schwitzen.
    Es muss am dritten oder vierten Tag sein; Mossy ist fast sicher, dass er sich jetzt seit drei Tagen hier befindet, und es fängt an mit Geschrei. Er fährt auf dem Sofa hoch und späht in die Dunkelheit. Der Lärm scheint von irgendwo hinter dem Gitter zu kommen, vielleicht aus der Nähe des Käfigs, und die Echos vermitteln ihm eine Ahnung davon, wie dieser Bau hier ist, dieses Labyrinth von Zimmern. Etwas fliegt krachend gegen eine Wand, wieder wird geschrien, dann ist es still. Er wartet, und es kommt ihm vor wie eine Ewigkeit. Und gerade als er sich wieder auf das Sofa zurücklegt, rangeln plötzlich Leute im Korridor, Adrenalin und Gewalt hängen in der Luft. Der Onkel, vielleicht noch jemand. Das Gitter geht auf, und Skinny wird hereingestoßen. Als der Onkel weg ist und der Korridor im Dunkeln liegt, beugt Mossy sich rüber und zischt: »Was? Was ist los?«
    Einen Moment lang herrscht Stille; dann schleicht Skinny sich herüber, setzt sich auf das verschlissene Sofa und wirft ihm einen Blick zu, der ihm sagt, dass alles schiefgegangen ist.
    »Was denn?«
    Skinny schüttelt den Kopf und schaut weg, starrt den vergitterten Käfig an. Also geht der Albtraum wieder los.
    »Dein Bruder«, sagt Mossy. »Ist es dein Bruder?«
    Skinny nickt kläglich und wischt sich mit dem Handrücken über die Nase.
    »Was denn? Fuck, was hat er gemacht?«
    Er schluckt angestrengt, als hätte er einen Kloß im Hals. 

    »Was?«
    Skinny tippt ein paarmal mit dem Daumen an die Lippen. Erst glaubt Mossy, er bemüht sich nicht zu weinen, aber dann versteht er, dass es eine Gebärde ist. Skinny macht die Bewegung noch einmal, und er kapiert.
    »Er hat getrunken?«
    Skinny nickt.
    »Ist er betrunken? Und der Onkel hat ihn erwischt?«
    Skinny kneift die Augen zusammen und reibt sich die Oberarme mit den Fingern. Bei seinem Gesichtsausdruck kriegt Mossy Gänsehaut.
    »Was hat er getrunken?«
    Skinny kann immer noch nicht antworten. Mossy weiß jetzt ganz sicher: Der Bruder hat was angestellt, und jetzt ist die Kacke wirklich am Dampfen. Skinnys Gesicht und die Geräusche draußen verraten es ihm. Dieser Freak hat irgendwas getan, irgendwas getrunken, was er besser nicht angerührt hätte. Die Gedanken und Worte sortieren sich in seinem Kopf, und er will es gerade aussprechen, als ihm wirklich ein Licht aufgeht. Es ist, als würde eine Schlange durch seinen Bauch schießen.
    »Scheiße«, flüstert er matt. »Scheiße, das ist doch ein Witz, oder? Du willst mich verarschen.«
    Langsam und benommen steht er auf; er kann nicht eine Sekunde länger hier hocken und auf Jonah warten. Das ist ihm alles zu verkorkst. Er geht zum Gitter und rüttelt daran.
    »He!«, schreit er in den kleinen Korridor mit der nackten Lampenfassung. »Lasst mich raus!« Jetzt ist es still da draußen. Das Schlagen und Schreien hat aufgehört. Er rüttelt ein bisschen heftiger am Gitter, und das Geräusch hallt durch das Gebäude. »Hey!«, brüllt er. »Komm her, und lass mich raus! Ich hab genug von euch beschissenen Freaks!«
    »Nicht«, sagt Skinny vom Sofa her. »Nicht. Du machst ihn wütend.«
    Aber das ist Mossy egal. Er versucht, das Gitter aus der Hal- 
    terung zu rütteln. »Lass mich raus.« Seine Stimme wird immer lauter. »Lass mich raus, du Pisskopf. Lass mich raus.«
    Er zittert, denn eines weiß er: Er bleibt nicht mit einem Tier in dieser Bude - und was anderes kann Skinnys Bruder nicht sein, wenn er getan hat, was er anscheinend getan hat. Er hat Mossys Blut getrunken. Das braucht man gar nicht auszusprechen. Der irre Scheißer ist am Kühlschrank gewesen und hat das Blut getrunken, und jetzt wird Mossy vor nichts mehr zurückschrecken, um hier raus und in die Sonne zu kommen.
    »Komm her, und lass mich raus, verdammt!«, kreischt er und wirft sich gegen das Gitter. »Lass mich raus!«
    Er schreit und rüttelt eine Ewigkeit an dem Gitter. Dann hört er ein Geräusch aus der Dunkelheit am Ende des Korridors.
    Zuerst bemerkt Mossy es gar nicht, aber dann sieht er einen Lichtschimmer, und seine Stimme erstirbt. Es klingt, als würden Nägel aus Holz gezogen. Er erstarrt, als ein Kopf erscheint, der aussieht, als wachse er aus der Wand. Und dann kommt plötzlich der Onkel durch den Korridor auf ihn zu. Er trägt ein blaues Hemd und eine helle Hose; aus dieser Nähe hat Mossy ihn noch nie gesehen. Er trägt schwarze Handschuhe, aber was anderes jagt Mossy noch viel mehr Angst ein: Er weiß

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