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Ritus

Ritus

Titel: Ritus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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vollen Mondes den Weg entlang, bis er eine kleine Parkbucht vor dem Eingang ins Wildgehege entdeckte. Hart riss er den Porsche herum und brachte ihn seitwärts driftend zum Stehen.
    Eric nahm die Schrotflinte aus der Wandverkleidung, öffnete die Beifahrer- und Fahrertür, danach sprang er nach hinten auf die Ablagefläche. Er lauerte.

XXVII.
KAPITEL
    1. Oktober 1766, in der Umgebung von Auvers, Kloster Saint Grégoire
     
    »Die Kräutermischung zeigte in den vergangenen Monaten gute Wirkung, wie Ihr mir gesagt habt.« Die Äbtissin betrachtete einen Moment lang nachdenklich das kleine Leinensäckchen, das sie Jean Chastel schon geben wollte, dann legte sie es zur Seite. »Der Baldrian darin hat ihm die Unruhe genommen. Die Brennnesseln arbeiten gegen das Gift in seinem Blut, welches das Fieber verursacht. Und doch ist er noch nicht ganz geheilt. Also werden wir ein stärkeres Mittel einsetzen müssen. Die Herstellung ist schwierig und aufwändig, aber seine Wirkung kaum zu übertreffen.« Sie nahm eine Glasflasche aus dem Schränkchen hinter sich. »Es ist eine Essenz aus Schlüsselblumen, Baldrian und Drachenwurz, vermengt mit Rosmarinquarz.«
    »Wie viel kostet mich das?«
    »Nichts, Monsieur Chastel. Es ist unsere Aufgabe, denen zu helfen, die leiden. Und Pierre leidet sehr unter seinen Anfällen, wie er mir verraten hat.«
    »Wann hat er Euch das verraten? Ich habe ihm verboten, nach Saint Grégoire zu kommen und sich mit Florence zu treffen.« Jean spürte Wut in sich aufsteigen. Es war jedoch keine Wut, die sich gegen Gregoria richtete, für die er nach wie vor starke Gefühle hegte. Weder Gott noch der Teufel taten ihm den Gefallen, die Zuneigung von ihm zu nehmen. Sie hatten vermutlich beide ihren Spaß daran.
    Es gelang ihm nicht, diese spezielle Wut einzuordnen. Die ständige Unzufriedenheit darüber, dass sie die Bestie nicht finden und zur Strecke bringen konnten, machte es nicht besser. Ohne das Blut der Bestie gab es keine Erlösung für seinen verfluchten Sohn.
    Antoine blieb seit jenem Tag im Frühling unablässig im Keller der Scheune mit fünf Ketten gefesselt und fügte sich einmal mehr, einmal weniger in sein Schicksal. Mal tobte er in seiner Wolfsgestalt fürchterlich und musste mit starken Beruhigungsmitteln schläfrig gemacht werden, mal saß er weinend und verzweifelt auf den Trümmern der von ihm zerschlagenen Pritsche und forderte, dass man ihn erschieße oder sofort freilasse.
    Malesky, Pierre und Jean taten weder das eine noch das andere. Sie zogen durch das grüne Gevaudan, über die Heide- und Grasflächen, vorbei an Granitbrocken, durch die Schluchten der Drei Berge, durch grüngelbe Ginsterfelder, schattige Laub- und Nadelwäldchen, aber nirgends fanden sie eine Spur der Kreatur, die Tod und Befreiung zugleich bedeutete.
    Dabei begegneten sie immer wieder den Jagdtrupps des jungen Marquis d’Apcher, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Menschen von der Bestie zu erlösen. Die Menschen liebten den jungen Adligen dafür. Für die Chastels und Malesky bedeutete es einen unliebsamen Wettstreit.
    Lediglich fünfmal hatte die Bestie zugeschlagen und Menschen gerissen. Selbst wenn die Zahl der nicht gemeldeten Toten im Frühjahr, im Sommer und in den ersten Wochen des Herbstes sicherlich höher gewesen war, so herrschte doch beinahe so etwas wie Erleichterung im Gevaudan, im Vivarais, den Cevennen und der Auvergne. Die Bestie war nicht mehr so gefräßig wie früher.
    Malesky vermutete, dass sie sich eine Höhle gesucht hatte, um ihren Nachwuchs sicher auf die Welt zu bringen und ihn zu säugen und zu beschützen. Das verschaffte ihnen einen trügerischen Frieden, eine Gnadenfrist, ehe die Brut ausschwärmte. Hungrig, gierig, tödlicher denn je.
    »Aber sie ist noch da?«, hörte Jean Gregoria fragen. Ihrem Tonfall nach zu urteilen, war es nicht ihr erster Versuch, eine Antwort von ihm zu erhalten.
    »Ja, sicher ist sie noch da. Eure Gebete und frommen Wünsche haben sie nicht verscheucht«, gab er flüchtig zurück und packte die Flasche ein. »Habt Ihr meine Gedanken erraten?«
    »Es war leicht, bei Eurem Gesicht. Aber sagt mir, hat man die Bestie leibhaftig gesehen oder nur die Leichen der Bedauernswerten gefunden?« Sie lächelte verzerrt unter ihrem schwarzen Schleier hervor. »Könnte es nicht sein, dass sie gegangen ist und dafür ein Wolf an ihrer Statt seine Raubzüge begonnen hat?«
    »Nein. Gebt Euch keinen falschen Hoffnungen hin. Sie ist noch in den Wäldern. Sie lauert

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