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Ritus

Ritus

Titel: Ritus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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weggerissen«, beruhigte ihn Malesky zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. »Ein Durchschuss ist das Beste, was einem passieren kann.« Dennoch reichte es aus, um ihn beim Nachladen deutlich langsamer zu machen. »Monsieur Chastel, warum hat er sofort geschossen? Ist es eine Beleidigung, jemandem zu unterstellen, er sei ein Italiener?«
    Jean musste trotz der Umstände grinsen. Der Moldawier hatte seine trockene Art nicht verloren. »Der Jesuit möchte keine Zeugen, nehme ich an.« Er sah einen Schatten zu seiner Linken, schwenkte die Muskete und schoss. Ein dumpfer Schrei zeigte, dass er getroffen hatte. Sofort lud er nach. Er konnte nur einen Lauf für Bleigeschosse benutzen, weil sich in dem anderen eine der wertvollen Silberkugeln befand. Die erste hatte er bereits verschossen. Es blieb ihm außer der im Lauf noch die dritte, und die sparte er sich für die Bestie.
    Rufhörner ertönten von außerhalb des Waldes: Der Marquis wollte wissen, was sich zwischen den Bäumen abspielte.
    »Gebt keine Antwort«, empfahl Malesky und verband sich die Wunde notdürftig. »Er wird dann die Jäger wieder aussenden und uns Hilfe bringen.«
    »Vater!«, rief Pierre laut und deutete voraus ins Unterholz. »DA! Ich habe die Bestie gesehen! Sie flüchtet!«
    Jean und der Moldawier wechselten einen raschen Blick, sie verstanden sich ohne Worte.
    Vater und Sohn krochen vorwärts und hielten die Köpfe unten, dann hielt Pierre inne, zog seine Pistole und warf sie Malesky zu, ehe sie weiter über den Boden robbten und zwischen dem Dickicht unsichtbar wurden. Malesky hörte ihre Schritte, offenbar waren sie aufgestanden und rannten der Kreatur hinterher.
    Ich habe Euch gesagt, Monsieur Chastel, dass Ihr es seid, der die Bestie töten wird. Rechtzeitig bemerkte Malesky den Angreifer, der ihn hatte umgehen wollen, und jagte ihm eine Kugel in den Bauch. Aufstöhnend sank der Mann zu Boden und bewegte sich nicht mehr. Bleiben noch zwei. Er rutschte weiter um den Stamm, als sich eine Kugel knapp über seinem Dreispitz ins Holz bohrte und die Rinde absprengte.
     
    Unmittelbar vor den Chastels erschien ein neuer Angreifer, der ohne zu zögern beide Läufe nach ihnen abschoss und sie glücklicherweise verfehlte; dann stürmte er auf sie zu, die Muskete wie eine Keule zum Schlag erhoben. Es ging so schnell, dass weder Pierre noch Jean feuern konnten, sondern sich auf den Nahkampf einlassen mussten.
    Der Unbekannte hatte eine militärische Ausbildung genossen, das sah man daran, wie geschickt er die Muskete einsetzte, um Stöße und Schläge auszuteilen. Der Wildhüter bekam den Kolben an den Kopf, nachdem er auf eine Finte hereingefallen war. Pierre wurde der Lauf wie eine Nadel in den Bauch gerammt. Der metallenen Gürtelschnalle hatte er es zu verdanken, dass ihm kein Loch in den Leib gestanzt wurde, trotzdem ging er in die Knie, erhielt einen Tritt gegen das Kinn und brach bewusstlos zusammen.
    »Geht aus dem Weg!«, schrie Jean wütend. »Ihr schützt eine Bestie! Sie muss vernichtet werden.« Er duckte sich unter dem heranzischenden Lauf der Muskete weg und schlug dem Mann seine Fäuste mehrmals hintereinander gegen den Brustkasten, um ihm die Luft aus den Lungen zu treiben.
    Keuchend wich der Angreifer zurück.
    Jean zog den Silberdolch und drang auf ihn ein, stach über die abwehrend erhobene Muskete hinweg und traf seitlich unterhalb des Ohrs in den Hals, zog die Klinge waagerecht nach vorne heraus und schnitt eine tiefe Wunde.
    Der Mann presste sich beide Hände auf die Verletzung, vermochte jedoch nicht, den herausschießenden Blutstrom aufzuhalten. Er fiel gurgelnd zu Boden.
    Jean steckte den Dolch in die Scheide und brachte Pierre mit kräftigen Klapsen gegen die Wange wieder zur Besinnung. »Weiter, Sohn«, befahl er unerbittlich und drückte ihm die Muskete in die Hand. »Wir dürfen sie nicht entkommen lassen.«
    Benommen folgte Pierre seinem Vater, stolperte mehr, als dass er lief, während Jean keinerlei Rücksicht auf sich oder seinen Sohn nahm. Er preschte durch Dornen, die an seinen Kleidern und seiner Haut kratzten, sprang über Steine; Äste peitschten sein Gesicht und schlugen ihm rote Striemen. Es schien, als habe sich der Wald gegen ihn verschworen und wollte die Bestie vor den entschlossensten Häschern schützen.
    Die Bäume lichteten sich. Sie hatten die andere Seite des Waldes erreicht, aber von der Bestie fanden sie keine Spur.
    »Wir sind an ihr vorbeigelaufen«, keuchte Pierre.
    Jean wischte sich den

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