Rivalen der Liebe
sanften Liebkosung einer Frauenhand.
Das war ein weiterer Fortschritt.
Trotzdem beschloss er, heute Abend lieber nicht zu versuchen, sie zu küssen, obwohl ihre Lippen so wunderschön voll und leicht geöffnet waren. Obwohl er weiterhin dieses Gefühl der Nähe genießen wollte und obwohl er sich schmerzlich danach sehnte, mit einer Frau zusammen zu sein. Mit dieser Frau, um genau zu sein. Ihn überraschte es, dass er sich ausschließlich seine Ehefrau wünschte. Sie und keine andere.
Nein, heute Abend würde er sie nicht küssen. Sie durften nichts überstürzen, denn sobald sie sich erst einmal auf diesen Pfad begaben, auf dem sie Küsse und Liebkosungen teilten und schließlich miteinander schliefen, würde es für ihn kein Zurück mehr geben.
»Das reicht für heute, findet Ihr nicht auch?«, schlug Roxbury deshalb vor, ehe er seine Meinung ändern konnte und womöglich den Versuch unternahm, sich mit ihr auf dem Boden des Salons zu vergnügen.
»Einverstanden«, sagte sie sofort, und er konnte in ihrer Stimme keine Spur von Reue oder auch nur ein leises Sehnen heraushören.
Als er ihr auf der Treppe nach oben folgte, bereitete es Simon gewaltiges Vergnügen, seine frisch angetraute Gattin von hinten zu betrachten, denn sie hatte eine sehr hübsch geformte Kehrseite. Und sobald sie den oberen Treppenabsatz erreichten, bereute er es bereits bitterlich, dass er vorgeschlagen hatte, den Abend an dieser Stelle zu beenden. Besonders dieser letzte Moment, als sie noch einmal über die Schulter blickte und ihre grünen Augen ihn zweideutig anfunkelten und sich auf ihren Lippen ein kokettes Lächeln abzeichnete, war die reine Qual für ihn.
Kapitel 37
Als ihre Schreibfräulein-Kolleginnen am nächsten Tag zum Tee kamen, führte Julianna sie nur zögernd in den Salon.
»Wie nett«, bemerkte Eliza mit tonloser Stimme und sah sich um. Ihr Blick blieb an dem dunkelgoldenen Damast und den rotsamtenen Sitzmöbeln hängen. Und an so ziemlich allem, was an diesem Raum ganz eindeutig fürchterlich war. Ihre Miene verhieß jedoch, dass »nett« eine Übertreibung war – und dabei hatte sie sich noch nicht mal die Vorhänge genauer angeschaut.
»Ja wirklich«, brachte Sophie mühsam hervor. »Wirklich nett.«
»Es ist sehr hell«, sagte Annabelle im vergeblichen Versuch, fröhlich zu klingen. »Und dieser Hund ist herzallerliebst«, fügte sie hinzu. Sie stand vor einem der Porträts, das eine englische Bulldogge zeigte.
»Das Haus liegt gut und hat Potenzial. Jetzt versteht man auch, warum es ihm so zuwider war, es aufzugeben«, sagte Julianna betont munter. Unter all den Scheußlichkeiten war es immer noch ein gutes Zuhause in einer sehr beliebten Wohngegend.
»Aber die Inneneinrichtung ist fürchterlich«, sagte Sophie ganz direkt und blickte sich erneut im Raum um. Hilflos hingen die Hände an ihren Seiten nach unten. »Bitte sag mir, dass der Rest vom Haus nicht so schlimm aussieht.«
»Du solltest mal mein Schlafzimmer sehen. Das ist wirklich und ehrlich sehr, sehr pink«, sagte Julianna voller Abscheu.
»Ach du meine Güte«, rief Annabelle und seufzte. Sie hatte die Vorhänge entdeckt und hielt einen leicht hoch.
»Ich frage mich, welche wütende Mätresse ihm das wohl angetan hat«, sagte Eliza, die inzwischen dazu übergegangen war, eine Reihe blauweißer chinesischer Porzellanvasen zu untersuchen, die auf dem Kaminsims Platz gefunden hatten.
»Das frage ich mich auch immer wieder«, gab Julianna hilflos zu. »Oder hat er sich das selbst angetan?«
»Wann kümmern wir uns denn um die neue Einrichtung?«, erkundigte sich Sophie pragmatisch. »Bitte sag, dass wir noch heute damit anfangen.«
»Ich habe nicht vor, lange hierzubleiben, und irgendwie gefällt mir die Vorstellung, ihn damit allein zu lassen«, sagte Julianna und umfasste mit einer Handbewegung die ganze Scheußlichkeit des Salons. Sie setzte sich auf einen der gruseligen Samtstühle, und ihre Freundinnen gesellten sich zu ihr rings um das Teewägelchen.
»Ich wollte dich eigentlich als Nächstes fragen, wie es um deine Ehe steht, aber wenn du schon so bald wieder gehen wirst, sollte mir das als Antwort wohl reichen«, sagte Sophie. Julianna reichte ihr eine Tasse Tee und schenkte danach auch den anderen eine ein.
»War es das denn wert?«, fragte Eliza.
»Das kommt darauf an. Gibt es immer noch Gerede über seine Vorlieben?«, fragte Julianna. »Sobald diese Gerüchte verstummt sind, habe ich meine Aufgabe hier erfüllt.«
»Brandon hat
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