Rivalen der Liebe
hatte ihn tatsächlich belogen. “Soweit ich weiß, hast du deine Erwartungen noch nie runtergeschraubt, Dad. Du hältst dich für den Alleinherrscher. Geld spielt für dich keine Rolle. Wenn ich nicht so verdammt tüchtig wäre, würdest du vorsichtiger damit umgehen.”
Sofort ging Stewart Kinross in die Defensive. “Was glaubst du eigentlich, mit wem du es zu tun hast?”, tobte er. “Ich bin dein Vater.”
“Und ob du das bist”, bestätigte Brod grimmig. “Und ein ziemlich schlechter obendrein.”
“Du solltest jetzt lieber gehen”, warnte ihn sein Vater. “Ich muss mir meine Sünden nicht vorhalten lassen. Tatsache ist, dass du eifersüchtig auf mich bist, Brod. Das warst du schon immer. Und jetzt ist Rebecca aufgetaucht …” Er verstummte und blickte ihn starr an. “Als ihr gestern Abend miteinander getanzt habt, war euer Gesichtsausdruck sehr verräterisch.”
Brod lachte unvermittelt und rieb sich das markante Kinn. “Du hast uns nicht aus den Augen gelassen, stimmt’s, Dad?”
“Ich habe letztes Mal eine falsche Entscheidung getroffen. Den Fehler werde ich nicht noch einmal machen. Ich muss zugeben, dass ich von Rebecca ein bisschen enttäuscht war. Du scheinst sie durcheinanderzubringen. Hast du ihr gedroht?”
“Offen gesagt, Dad, habe ich ihr zu verstehen gegeben, dass sie sich besser nicht mit dir einlässt.” Erst später wurde Brod klar, dass es nicht besonders klug gewesen war, das zu sagen. Er hätte seinen Vater in dem Glauben lassen sollen, dass Rebecca und er sich zueinander hingezogen fühlten. Jetzt musste er erst einmal von hier verschwinden, denn er würde Miss Rebecca Hunt vermutlich nicht gegenübertreten können, ohne in die Luft zu gehen. Grant würde ihn erst am Montagnachmittag abholen. Brod beschloss, zu Ted, dem Vorarbeiter von Kimbara, zu gehen und, wie besprochen, einen Rundgang mit ihm zu machen. Ted war ein guter Mann. Er hatte ihn selbst eingestellt.
Da Fee an diesem Tag nicht arbeiten, sondern sich lieber ausruhen wollte, fuhr Rebecca mit ihren Recherchen fort. Als sie bei Fee vorbeischaute und sie bat, ihr alles über Cecilias Kette zu erzählen, hielt diese sich die Hand an die schmerzenden Schläfen und sagte ihr, wo sie nachsehen sollte.
“In der Bibliothek, Schätzchen. In der Mitte des Regals links vom Kamin. Dort müsste alles sein.”
“Soll ich Ihnen wirklich nichts holen, Fee?”, fragte Rebecca. Fee war leicht geschminkt, sah aber ziemlich übernächtigt aus.
“Geben Sie mir meine Jugend zurück, Schätzchen”, rief sie.
Die Bibliothek war sehr groß. Es war eine der größten Privatbibliotheken im Land, mit Tausenden von ledergebundenen Bänden und Aufzeichnungen, die bis in die ersten Jahre der Besiedlung zurückreichten. Rebecca betrachtete es als Privileg, sie benutzen zu dürfen, denn sie liebte Bücher über alles. Sie befolgte Fees Anweisungen und entdeckte schließlich ein schmales, ledergebundenes Werk mit Goldprägung, das in den frühen Siebzigerjahren des neunzehnten Jahrhunderts veröffentlicht worden war und den großen Opalfund beschrieb. Nachdem sie es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatte, begann sie darin zu blättern.
Eine Stunde später war sie immer noch in das Buch vertieft. Der abenteuerlustige Ewan Kinross und sein ebenso wagemutiger Freund Charles Cameron, beide aus angesehenen Familien stammend, hatten Schottland in den Fünfzigerjahren des neunzehnten Jahrhunderts verlassen, um ihr Glück in den Goldminen in Australien zu machen. Beim Goldwaschen hatten sie kein Glück, weil sie zu wenig Ahnung davon hatten, doch sie arbeiteten weiter im Bergbau, bis sie schließlich ein großes Opalvorkommen südwestlich der Stadt Rinka in Neusüdwales entdeckten.
Obwohl man ihnen sagte, der Fund sei wertlos, pachteten sie das Land. Der Rest war Geschichte. Die Mine machte beide Männer reich – reich genug, sodass sie sich ihren Traum erfüllen und Land im Südwesten von Queensland kaufen konnten, um Rinder zu züchten.
Einen besonders schönen Stein behielten sie, um daraus einen Anhänger für Ewans Verwandte Cecilia Drummond machen zu lassen, denn sie waren beide in sie verliebt und wollten ihr damit ihre Ehrerbietung zeigen. Beide begannen nun, sie zu umwerben, und wurden dadurch auch zu Rivalen. Zeitweise schien es, als würde Cecilia Charles Cameron vorziehen. In einem Brief war sogar von ihrem “Ritter in schimmernder Rüstung” die Rede. Schließlich hatte sie jedoch Ewan Kinross geheiratet und ihm vier Kinder
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