Rivalin der Götter erbin3
zusammen, aber das ist in Ordnung. Ich bin das älteste ihrer Gottkinder, ein erwachsener Mann. Ich bin für sie da, wenn sie mich braucht. Auch wenn sie mich nicht sehr oft braucht …
Ich selbst. Wie seltsam. Ich sitze auf einem Bett in dem ersten Elysium, in sterblichem Fleisch, in das mich der verrückte Itempas und die Macht meiner toten Mutter eingesperrt haben. Ich erkenne, dass es sich um die frühen Jahre handelt, in denen ich noch bei jeder Gelegenheit gegen meine Ketten ankämpfe. Mein Fleisch trägt immer noch die roten Striemen von Peitschenhieben. Ich bin älter, als ich es gern wäre, geschwächt von den Verletzungen. Ein junger Mann. Dennoch sitze ich neben einer längeren, größeren Gestalt, die mir den Rücken zuwendet. Männlich, erwachsen, nackt. Sterblich: eine verfilzte Masse schwarzer Haare. Kränklich weiße Haut. Ahad, der damals noch keinen Namen hatte. Er weint; ich erkenne es daran, wie seine Schultern unter den Schluchzern beben, und ich … ich erinnere mich nicht, was ich ihm angetan habe, doch in meinen Augen stehen sowohl Schuldgefühle als auch Verzweiflung …
Yeine. Die noch nie ein Kind als Sterbliche oder Göttin geboren hat und die dennoch in dem Moment, als sie mich traf, zu meiner Mutter wurde. Sie hat die nährenden Instinkte eines Raubtiers: Wähle den brutalsten Fortpflanzungspartner, zerstöre alles, was die Jungen bedroht, ziehe sie so auf, dass sie gut töten können. Dennoch ist sie im Vergleich mit Enefa ein Quell der Zärtlichkeit. Ich trinke ihre Liebe so durstig, dass ich besorgt bin, sie könnte austrocknen. Das geschah allerdings nie. In sterblichem Fleisch rollen wir uns auf dem Boden des Windharfenzimmers zusammen, lachen und haben schreckliche Angst vor der Dämmerung und dem Untergang, der unausweichlich scheint. Dabei ist er in Wirklichkeit nur der Anfang …
Enefa schon wieder. Die ersten Bewegungen des Fötus sind lange her. Heutzutage macht sie nicht mehr viele Kinder. Sie zieht es vor, zu beobachten und diejenigen, die sie bereits hat, zurechtzustutzen und in den Unzillionen Welten,
in denen sie wachsen, umzupflanzen. Sie wendet sich an mich. Ich zittere und werde durch ihren Willen ein Mann. Doch an diesem Punkt habe ich begriffen, dass Kind die grundlegendste Formwerdung meiner Natur ist. »Hab keine Angst«, sagte sie, wenn ich es wage, zu protestieren. Sie kommt zu mir und berührt mich sanft. Mein Körper gibt nach, und mein Herz rast. Ich habe darauf so lange gewartet, aber …
Ich sterbe. Diese Liebe wird mich töten, nehmt sie fort, o Götter, ich habe noch nie solche Angst gehabt …
Vergiss.
13
Eins steht für Trauer,
für Freude steht zwei,
drei gibt ein Mädchen,
vier ruft Jungs herbei,
fünf macht Silber,
Und sechs steht für Gold.
Auf Geheimnisse zeigt die Sieben,
die ihr nie erzählen sollt.
D as sterbliche Leben besteht aus Zyklen. Tag und Nacht. Jahreszeiten. Wach sein und schlafen. Enefa hat diese zyklische Natur allen sterblichen Wesen eingesetzt. Die Menschen haben sie dann noch weiter verfeinert, indem sie ihre Kulturen entsprechend aufbauten. Arbeit, zuhause. Monate werden zu Jahren, Jahre bewegen sich aus der Vergangenheit in die Zukunft. Sie zählen unablässig, diese Geschöpfe. Ich glaube, das macht weit mehr als Magie und Tod den Unterschied zwischen ihnen und uns aus.
Zwei Jahre, drei Monate und sechs Tage lebte ich ein so normales Leben, wie ich konnte. Ich aß. Ich schlief. Ich wurde gesünder, nutzte Schmerzen, um daran zu erstarken und geschmeidiger zu werden, und kleidete mich besser. Ich überlegte, ob ich Glee Shoth darum bitten sollte, eine Zusammenkunft zwischen mir und Itempas zu arrangieren. Doch dann entschied ich mich dagegen, denn ich hasste ihn und würde lieber sterben. Vollkommen normal.
Auch die Arbeit war auf gewisse Weise normal. Jede Woche reiste ich an einen von Ahad bestimmten Ort, beobachtete so viel wie möglich und mischte mich ein, wenn man es mich geheißen hatte. Verglichen mit dem Leben eines Gottes … nun ja. Wenigstens war es nicht langweilig. Ich war beschäftigt. Wenn ich hart arbeitete, dachte ich weniger nach. Das war gut und notwendig.
Die Welt war ebenfalls nicht normal. Sechs Monate nachdem ich sie kennengelernt hatte, und drei Monate nachdem sie ihren jüngsten, viel beklagten Sohn geboren hatte, starb Usein Darrs Vater an der schweren Krankheit, die ihn schon seit einiger Zeit handlungsunfähig gemacht hatte. Sofort danach wurde Usein Darr als eine der
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