Rivalin der Götter erbin3
kurz davor, ein Häufchen Asche auf den Teppich fallen zu lassen.
Ich dachte über die wirbelnden Winde nach, die um mich herum bliesen, und schüttelte den Kopf.
»Gut«, sagte er und winkte mit einer Hand. Dadurch fog Asche in alle Richtungen. Ein weiterer Beutel erschien auf dem Tisch. Ich runzelte die Stirn, hob ihn auf und bemerkte, dass er voller Münzen und schwer war.
»Du hast mir gestern Geld gegeben.«
Er zuckte mit den Schultern. »Eine Anstellung ist etwas Merkwürdiges. Wenn du deine Arbeit machst, wirst du bezahlt.«
Ich schaute ihn finster an. »Ich nehme an, ich habe Glees Test bestanden.«
»Ja. Also bezahl die Familie des sterblichen Mädchens für ein Zimmer und Verköstigung, kauf dir anständige Kleidung, und um der Dämonen willen iss und schlaf etwas, damit du nicht länger aussiehst wie alle Höllen. Du musst in der Lage sein, dich einzufügen, oder zumindest nicht die Leute verschrecken.« Er hielt inne, lehnte sich in seinem Sessel zurück und nahm einen tiefen Zug von dem Zigarrenstummel. »Angesichts der Qualität deiner Arbeit heute, bin ich sicher, dass wir dich in Zukunft gut brauchen können. Das ist übrigens die normale Bezahlung für die besten Arbeiter im ›Arme der Nacht‹.« Er schenkte mir ein kleines, gemeines Lächeln.
Wenn der Tag nicht ohnehin schon so seltsam gewesen wäre, hätte ich mich über sein Lob gewundert, auch wenn es mit Beleidigungen verbrämt war. Stattdessen nickte ich nur und steckte den Beutel unter mein Hemd, wo Taschendiebe ihn nur schwerlich erreichen konnten.
»Nun mach, dass du rauskommst«, sagte er. Ich ging.
Ich war fünf Jahre älter, über mehrere Jahrhunderte zur Räson gebracht und mehr von meinen Geschwistern gehasst als je zuvor – einschließlich des Bruders, den ich ofenbar vergessen hatte. Soweit es erste Arbeitstage betraf … nun, ich lebte noch. Jetzt blieb abzuwarten, ob das gut war.
BUCH DREI
Drei Beine am Nachmittag
I ch treibe durch Träume. Da ich nicht sterblich bin, gibt es keine Albträume. Ich stehe niemals nackt vor einer Menschenmenge, denn das würde mir nichts ausmachen. Ich würde meine Genitalien herumschwenken, nur um den Schock auf ihren Gesichtern zu sehen. Das meiste, von dem ich träume, sind Erinnerungen; wahrscheinlich, weil ich so viele davon habe.
Bilder von Eltern und Kindern. Nahadoth, in der Form irgendeines großen, mit sternförmigen Flecken besetzten Untiers, liegt vor mir in einem Nest aus ebenholzschwarzen Funken. Dies war in den Tagen, bevor es Sterbliche gab. Ich bin ein winziges Ding, das von dem Flimmern des Nests halb versteckt wird. Ein Säugling. Ich kuschle mich an sie, weil ich bei ihr Wärme und Schutz suche. Sie streichelt mich und flüstert besitzergreifend meinen Namen …
Wieder Shahar. Die Matriarchin, nicht das Mädchen, das ich kenne. Sie ist jünger als in meinem letzten Traum – vielleicht Anfang zwanzig – und sitzt an einem Fenster mit einem Säugling an ihrer Brust. Ihr Kinn ist auf ihre Faust aufgestützt, und sie beachtet das saugende Kind kaum. Es ist sterblich, dieses Kind. Durch und durch Mensch. Ein weiteres menschliches Kind sitzt in einem Korb hinter ihr – Zwillinge – und wird von einem Mädchen versorgt, das eine Priesterrobe trägt. Shahar trägt ebenfalls eine Robe, aber ihre ist feiner. Sie hat einen hohen Rang inne. Sie hat Kinder geboren, wie ihr Glaube es verlangt, doch sie wird diese bald verlassen, wenn ihr Herr sie braucht. Ihr Blick ruht jenseits des Horizonts und wartet auf den Sonnenaufgang …
Enefa, in der ganzen Herrlichkeit ihrer Macht. All ihre Experimente, all die Versuche und Fehlschläge, haben endlich den Höhepunkt des Erfolgs erreicht. Leben und Tod, Licht und Finsternis, Ordnung und Chaos werden miteinander verschmolzen; sie bringt das sterbliche Leben ins Universum und verändert dieses für immer. Sie hat in den letzten Milliarden Jahren entbunden. Ihr Bauch ist eine Erde endloser Weite und Fruchtbarkeit und reißt auf, während er Leben nach Leben nach Leben ausstößt. Wir, die bereits geboren sind, starren in ehrfürchtiger
Bewunderung auf diesen wunderbaren Springquell. Ich gehe zu ihr und bringe ihr eine Opfergabe der Liebe, weil das Leben das benötigt, um zu gedeihen. Sie verschlingt sie gierig und krümmt sich. Dabei schreit sie vor Schmerz und Triumph, während eine weitere Spezies aus ihr herausbricht. Großartig. Sie greift nach meiner Hand, weil ihre Brüder weggegangen sind; wahrscheinlich
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