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Rivalin der Götter erbin3

Rivalin der Götter erbin3

Titel: Rivalin der Götter erbin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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Delegierten von Hochnord gewählt. Gerade rechtzeitig für die Wahlsaison des Konsortiums reiste sie nach Schatten. Dort war ihre erste Amtshandlung eine fammende Rede, in der sie ganz unverblümt die Existenz des Delegierten aus Schatten angrif. Keine andere einzelne Stadt hatte einen Delegierten im Konsortium. »Und jeder weiß, warum«, erklärte Usein. Dann wandte sie sich mit einer dramatischen Geste  –  so berichten es die Nachrichtenrollen –  an Remath Arameri, die in der Familienloge über dem Rednerparkett des Konsortiums thronte –  und starrte ihr in die Augen. Remath antwortete nicht –  wahrscheinlich, weil wirklich jeder wusste, warum es keinen Grund gab, das Ofensichtliche noch zu bestätigen. Der Delegierte aus Schatten war natürlich der Delegierte von Elysium. Dieser war kaum mehr als ein weiteres Sprachrohr, durch das die Arameri ihre Anliegen zu Gehör brachten. Nichts Neues also.
    Neu war allerdings, dass Useins Protest nicht vom Konsortiumsaufseher niedergeschlagen wurde und dass diverse weitere Adlige –   nicht nur Hochnordländer –  sich erhoben und ihre Zustimmung ausdrückten. In der daraus resultierenden, geheimen Abstimmung stimmte fast ein Drittel des Konsortiums dafür, den Abgesandten aus Schatten abzuschafen. Ein Verlust und dennoch
ein Sieg. Vor einiger Zeit wäre eine derartige Abstimmung vollkommen undenkbar gewesen.
    Es war weniger ein Sieg als ein Warnschuss. Dennoch blieb die befürchtete Reaktion der Arameri, die man hinter vorgehaltener Hand im Salon des »Arme der Nacht«, im Hinterzimmer der Bäckerei und sogar am Abendbrottisch bei Hymns Familie jeden Abend diskutierte, aus. Niemand versuchte, Usein Darr zu töten. Keine geheimnisvollen Plagen suchten die Steinlabyrinthstraßen von Arrebaia heim. Die Seltenheit von Schwarzholz aus Darre und verschiedene seltene Kräuter erzielten weiterhin hohe Preise auf den ofenen und den Schwarzmärkten.
    Natürlich wusste ich, was das zu bedeuten hatte. Remath hatte irgendwo eine Grenze gezogen, und Usein hatte sie einfach noch nicht überschritten. Wenn sie es tat, würde Remath Darr mit nie gekannten Schrecken überziehen. Es sei denn, Useins geheimnisvoller Plan ging vorher auf.
    Politik war allerdings niemals interessant genug, um meine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen. Die Tage wurden zu Monaten und zu Jahren, und ich spürte immer mehr, wie das Gewicht einer unerledigten Sache, vor der ich auf kindische Weise davongerannt war, auf meine Seele niederdrückte. Schließlich wurde ein bestimmtes Verlangen übermächtig, und an einem Tag, an dem nicht viel zu tun war, bat ich Ahad um einen Gefallen. Zu meiner Überraschung gewährte er ihn mir.
     
    Deka war immer noch in der Literia. Das hatte ich nicht erwartet. Nach Shahars Verrat war ich darauf gefasst gewesen, ihn irgendwo in Elysium zu finden. Schließlich hatte sie es getan, um ihn zurückzuholen, nicht wahr? Doch als Ahads Magie sich setzte, fand ich mich mitten in einem Klassenzimmer. Der Raum war rund –  ein Überbleibsel aus der Zeit, als die Literia noch zum Orden des Itempas gehörte –, und die Wände waren mit Tafeln bedeckt, auf denen Kreideaufzeichnungen standen: Teile von
Siegeln, bei denen jeder Strich sorgfältig nummeriert war, ganze Siegel, denen nur ein oder zwei Striche fehlten, und merkwürdige numerische Kalkulationen, die scheinbar etwas damit zu tun hatten, wie Schreiber unsere Sprache lernten.
    Ich drehte mich um und blinzelte, als mir klar wurde, dass ich von weißgekleideten Kindern umgeben war. Die meisten waren Amn und etwa zehn oder elf Jahre alt. Alle saßen im Schneidersitz auf dem Boden und hatten ihre eigenen Tafeln oder Schilf blattpapier auf dem Schoß. Alle starrten mich mit ofenem Mund an.
    Ich stemmte meine Hände in die Hüften und grinste zurück. »Was? Hat euch euer Lehrer nicht gesagt, dass ein Gottkind vorbeikommt?«
    Die Stimme eines Erwachsenen sorgte dafür, dass ich mich umdrehte  –  und dann starrte ich ebenfalls mit ofenem Mund wie die Kinder.
    »Nein«, sagte Dekarte langgezogen vom Rednerpult her. »Zeigen und Erläutern haben wir erst nächste Woche. Hallo, Si’eh.«
     
    Deka trug jetzt Schwarz.
    Das überraschte mich, doch es war nicht der einzige Schock. Verstohlen blickte ich zu ihm hinauf –  er war jetzt viel größer als ich –, während er durch einen hell erleuchteten Flur schritt, der mit Teppichen ausgelegt und von Büsten verstorbener Schreiber gesäumt war. Sein

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