Rivalin der Götter erbin3
angemessenere Strafe war als der Tod. Deka würde jetzt niemals mehr genug Unterstützung gewinnen, um Erbe zu werden, selbst wenn man sein Aussehen irgendwie außer Acht ließe. Er war für immer mit dem Stigma des Versagens und des Exils
behaftet. Außerdem, so hatte Shahar argumentiert, brauchte sie ihn lebend, denn dann hatte sie einen Ratgeber, dessen Aussichten so hofnungslos beschnitten waren, dass er keine andere Wahl hatte, als ihr treu zu dienen, wenn er überleben wollte. Remath hatte zugestimmt.
»Ich nehme an, meine liebe Schwester wird das hier ausfüllen, wenn ich zurückgehe«, sagte Deka, berührte sein Halbsiegel und seufzte leise. Ich nickte langsam. Er hatte wahrscheinlich recht.
Also hatte Deka Elysium in Richtung Literia verlassen. Die ersten paar Monate seines Exils waren von Kummer geprägt. Durch die Augen eines Kindes sah er nur die Zurückweisung, die er von seiner Mutter erfahren hatte, und den Verrat seiner Schwester. Er hatte allerdings eine wichtige Tatsache nicht bedacht.
»Ich bin glücklich hier«, sagte er einfach. »Es ist nicht perfekt; es gibt kleine Grüppchen und kleine Tyrannen, Politik und Ungerechtigkeit wie überall. Doch verglichen mit Elysium ist das hier der sanfteste Himmel.«
Ich nickte erneut. Zufriedenheit hat die Macht zu heilen. Das und die Weisheit, die die Reife mit sich brachte, hatten dazu geführt, dass Deka erkannt hatte, was Shahar für ihn getan hatte und warum. Doch bis dahin waren einige Jahre vergangen. In der Zeit hatte er all ihre Briefe zurückgeschickt, bis sie schließlich keine mehr schickte. Zu dem Zeitpunkt wäre es extrem gefährlich gewesen, die Kommunikation wieder aufzunehmen, denn Shahars Gegner, die zweifellos ihre Post beobachteten, hätten gewusst, dass Deka erneut ihre Schwäche war. In der Tatsache, dass sie vorgeben konnte, ihn nicht zu lieben, lag eine gewisse Stärke. Der Beweis lag in seinem Exil. Solange Deka vorgab, sie ebenfalls nicht zu lieben, waren beide sicher.
Trotzdem schüttelte ich traurig den Kopf und war über seinen Plan bestürzt. Liebe konnte nicht auf Bedingungen beruhen. Die Gefahren, die darin lagen, hatte ich nur allzu oft gesehen. Bedingungen schufen einen winzigen Riss in ansonsten unzerbrechlicher
Rüstung und hinterließen einen verhängnisvollen Fehler in der perfekten Wafe. Dann zerbrach die Rüstung genau im falschen Moment; die Wafe wandte sich gegen den, der sie führte. Deka und Shahars Spiel konnte plötzlich Wirklichkeit werden.
Doch es stand mir nicht zu, das zu sagen, weil sie immer noch Kind genug waren, um am besten aus Erfahrungen zu lernen. Ich konnte nur zu Nahadoth und Yeine beten, dass sie diese Lektion nicht auf schmerzliche Weise erfahren mussten.
Nach unserer Unterhaltung erhob Deka sich. Etwa eine Stunde war vergangen. Vor den Fenstern des Labors hatte die Sonne ihren Zenit überschritten und sich in den Nachmittag bewegt. Ich hatte wieder einmal Hunger – verdammt nochmal –, doch niemand hatte Essen gebracht. Vielleicht gab es an diesem Ort keine Diener, an dem das Lernen seine eigene Hierarchie schuf.
Als ob er meine Gedanken erraten hätte – vielleicht hatte es auch etwas mit meinem laut knurrenden Magen zu tun –, ging Deka zu einem Schrank, öfnete eine Schublade, nahm verschiedene fache Laibe Brot und getrocknete Wurst heraus. Er schnitt beides auf einem Brett in Scheiben. »Also warum bist du gekommen? Es kann nicht nur darum gegangen sein, einen alten Freund zu besuchen.«
Er betrachtete mich also immer noch als Freund. Ich ließ mir nicht anmerken, wie mich das berührte. »Ob du es glaubst oder nicht, ich wollte dich einfach nur sehen. Ich habe mich gefragt, was aus dir geworden ist.«
»So sehr kannst du das nicht gefragt haben, schließlich hat es zwei Jahre gedauert.«
Ich zuckte zusammen. »Nach Shahar, was mit ihr passiert ist, ich meine … Ich wollte dich nicht aufsuchen, weil ich Angst hatte, dass du … wie sie sein würdest.« Deka sagte nichts und bearbeitete immer noch das Essen. »Ich hätte gedacht, dass du inzwischen wieder in Elysium bist.«
»Warum?«
»Shahar. Sie hatte einen Handel mit eurer Mutter gemacht, dich heimzuholen.«
»Und du hast gedacht, ich würde einfach gehen, sobald meine Schwester mit den Fingern schnippt?«
Ich verfiel verwirrt in Schweigen. Während ich dasaß, drehte sich Deka wieder zu mir und brachte die Wurst und das Brot herüber. Er setzte beides vor mich, als ob er ein Diener war und nicht ein
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