Rivalin der Götter erbin3
und seiner Schultern und machten sich dann auf den Weg zu den facheren Ebenen seines Unterbauchs. Verwirrt starrte ich darauf. Schreiber hatten sich schon immer selbst gezeichnet, wenn sie eine neue Aktivierung gemeistert hatten; das war ein Teil ihrer Kunst. Sie schrieben unsere mächtigen Worte auf ihre zerbrechliche, sterbliche Haut und benutzten lediglich Willen und Geschick, um die Magie davon abzuhalten, sie zu verschlingen. Doch sie benutzten normale Tinte dafür und wuschen die Zeichen wieder ab, sobald das Ritual vollbracht war. Dekas Zeichen waren, wie ich sofort sah, wie Arameri-Blutsiegel. Dauerhaft. Tödlich.
Und es handelte sich nicht um Markierungen eines Schreibers. Der Stil passte überhaupt nicht. Diese Linien hatten nichts von der spinnwebartigen Zerklüftetheit, die ich von der Arbeit der Schreiber gewohnt war: hässlich, aber wirkungsvoll. Diese Markierungen waren glatt und beinahe geometrisch sauber. Ich hatte
so etwas noch nie gesehen. Doch ganz gleich, was sie waren, sie hatten Macht. Ich erkannte das an den wirbelnden Zwischenräumen ihrer Figuren. Darin lag eine Bedeutung, die so vielschichtig war wie Poesie und so klar wie eine Metapher. Magie ist schließlich auch nur eine Kommunikationsform.
Kommunikation und Leitungen.
Das ist etwas, das wir den Sterblichen nie gesagt haben. Papier und Tinte sind schwache Strukturen, auf denen man das magische Gefüge aufbaut. Atem und Geräusche sind ebenfalls nicht viel besser – dennoch beschränken wir Gottkinder uns freiwillig auf diese Methoden, weil das Reich der Sterblichen ein so zerbrechlicher Ort ist. Und weil Sterbliche so gefährlich schnell lernen.
Doch Fleisch ist ein hervorragender Leiter. Dies war etwas, das die Arameri durch Ausprobieren herausgefunden hatten, obwohl sie es nie ganz verstanden haben. Sie schrieben Verträge, die sie mit uns schlossen, zum Schutz auf ihre Stirn und nannten sie Blutsiegel, als ob das alles wäre, was sie darstellten. Deshalb konnten wir sie nicht töten, egal, wie schlecht sie ausgedrückt waren. Jetzt hatte Deka Forderungen nach Macht auf seine eigene Haut geschrieben, und sein Fleisch gab den Worten eine Bedeutung. Er hatte sie in einem selbsterstellten Skript geschrieben, das viel fexibler und schöner war als die raue Sprache seiner Schreiberkollegen. Das Universum würde sich ihm nicht versagen.
Er hatte sich fast so mächtig wie ein Gott gemacht. Sein Fleisch war immer noch sterblich, und die Markierungen hatten nur eine begrenzte Bedeutung, doch er war mit Sicherheit mächtiger als jeder Schreiber, der jemals gelebt hatte. Ich hatte so eine Ahnung, als ob seine Markierungen noch wirksamer waren als sogar die Nordlandmasken. Jene bestanden schließlich nur aus Holz und Gottesblut. Deka war mehr als das.
Mir fiel die Kinnlade herunter. Deka lächelte. Dann schloss er sein Unterhemd.
»W-wie …?«, fragte ich. Doch ich konnte es mir denken. Dämon
und Schreiber. Eine Verbindung, die wir bereits zu fürchten gelernt hatten und die hier einem neuen Zweck zugeführt wurde. »Warum?«
»Du«, sagte er sehr leise. »Ich hatte mir vorgenommen, dich zu finden.«
Glücklicherweise stand ein kleines Sofa in der Nähe. Benommen setzte ich mich darauf.
Wir tauschten unsere Geschichten aus. Das hier erzählte Deka mir.
Shahar hatte sein Exil vorgeschlagen. In den angespannten Tagen nach unserem Eid und der Verletzung der Kinder klangen laute Rufe nach Dekas Exekution durch die Hallen Elysiums. Es gab immer noch etwa ein Dutzend Vollblüter und alles in allem zwanzig oder dreißig Hochblüter. Früher hatte das keine Rolle gespielt, weil den Anordnungen des Familienoberhaupts absolut Folge zu leisten war. Heutzutage hatten die Hochblüter allerdings selbst Macht. Einige von ihnen hatten Schreiberschoßhündchen, also Mörderschoßhündchen. Einige hatten ihre eigenen Armeen. Wenn sich genug von ihnen zusammentaten und sich gegen Remath stellten, hätte man diese stürzen können. Das war in den gesamten zweitausend Jahren der Geschichte der Arameri noch nicht vorgekommen, doch jetzt war es denkbar.
Als man aber Dekas Tod verlangte, hatte Shahar sich, sobald es ihr so gut ging, dass sie sprechen konnte, für ihn ausgesprochen. Sie hatte sich mit Remath in direkte Konfrontation begeben – Deka nannte es eine Debatte epischen Ausmaßes, was umso beeindruckender war, als einer der Teilnehmer acht Jahre alt war – und hatte sie dazu gebracht zuzugeben, dass das Exil eine weit
Weitere Kostenlose Bücher