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Rivalin der Götter erbin3

Rivalin der Götter erbin3

Titel: Rivalin der Götter erbin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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Adligen hatte, an deren Ende der beeindruckende, weiße Komplex des Salons lag. Wir hatten eine gute Aussicht: Ich konnte die winzigen Gestalten der Leute, die auf der Allee in der Nähe der breiten Treppe des Salons umherliefen, genauso gut sehen wie die Ordensbewahrer in ihren unaufälligen weißen Uniformen, die Sperren errichteten, um die Zuschauer zurückzuhalten. Die Arameri hatten nicht viele öfentliche Auftritte. Doch dank der Nachrichtenschriftrollen des Ordens und der Währung waren ihre Gesichter bekannt. Jeder im Umkreis von einhundert Meilen war wahrscheinlich in die Stadt gereist oder unterwegs, um einen Blick auf dieses einmalige Schauspiel zu erhaschen.
    Die Allee verlief an dem Gebäude entlang, in dem wir uns befanden. Glee zeigte in die andere Richtung. »Dekartas Prozession wird von dort aus die Stadt betreten. Die Route ist noch nicht veröfentlicht worden, doch sie wird morgen früh in den Nachrichtenschriftrollen stehen. Das macht es schwierig für Mörder, vorauszuplanen. Doch die Prozession wird bis hierhin die Allee hinuntergehen müssen, denn es gibt keine andere Möglichkeit für eine so große Gruppe, den Salon zu erreichen.«
    »Was bedeutet, dass sie irgendwo entlang dieser Straße zuschlagen könnten?« Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Selbst wenn ich noch Magie besessen hätte, wäre es ein Szenario gewesen, auf das man sich unmöglich vorbereiten konnte. Bis zum Morgen würden aus den Dutzenden Sterblichen um den Salon herum Hunderte werden, am Nachmittag, wenn das Ereignis stattfand, würden es Tausende sein. Wie sollte man in diesem Sumpf einen einzigen ausmachen? »Weißt du, wie die Mörder die Opfer dazu bringen, die Masken zu tragen?«
    »Nein.« Sie seufzte, und ihr ausdrucksloses Gesicht entglitt ihr für einen Moment. Ich erkannte, dass sie sehr müde und besorgt war. Tat Itempas nichts und schob die gesamte Arbeit, um die Welt zu beschützen, auf sie? Bastard.

    Glee wandte sich vom Fenster ab, ging zu dem ansehnlichen Ledersessel, der im Zimmer stand, und setzte sich. Ich drehte mich seitlich, um auf der Fensterbank Platz zu nehmen. Ich habe mich auf derartigen Sitzplätzen schon immer wohler gefühlt als auf jedem normalen Sitzmöbel.
    »Also bleiben wir hier bis morgen. Und dann?«, fragte ich.
    »Nemmer hat einen Plan«, sagte sie. »Ihre Leute haben so etwas schon gemacht. Sie weiß am besten, wie man sich die Stärken der Gottkinder und Sterblichen zunutze machen kann. Doch du und ich sind weder das eine noch das andere. Deshalb hat sie empfohlen, dass wir uns unter die Menge mischen und die Augen nach etwas Ungewöhnlichem ofen halten. Damit können wir wohl am meisten beitragen.«
    Ich bewegte mich, zog ein Bein hoch und lehnte es gegen den Fensterrahmen. Dabei seufzte ich wegen der Weise, in der ich charakterisiert wurde. »Ich denke immer noch wie ein Gottkind, weißt du. Ich habe versucht, mich anzupassen, sterblich zu sein, aber …« Ich spreizte meine Finger. »Ich bin schon länger der Gauner, als die meisten Sterblichen in der Lage sind, zu zählen. Ich weiß nicht, ob ich lange genug lebe, um in meinem Kopf etwas anderes zu werden.«
    Sie lehnte ihren Kopf gegen die Sessellehne und schloss die Augen. Ofensichtlich gedachte sie, dort zu schlafen. »Sogar Götter haben ihre Grenzen. Deine sind einfach nur anders. Tu innerhalb dieser Grenzen, was du tun kannst.«
    Schweigen legte sich zwischen uns. Nur das leise Rascheln einer nächtlichen Brise, die durch das Fenster kam, und die Sterblichen im Schankraum unter uns, die irgendein Lied mit einem kräftigen, ausgefallenen Rhythmus sangen, waren zu hören. Ich lauschte ihnen eine Weile und lächelte, als ich in dem Lied die Variation eines musikalischen Werks, das ich ihren Ahnen beigebracht hatte, erkannte. Ich summte die Melodie so lange mit, bis mir langweilig wurde. Dann warf ich Glee einen Blick zu, um
festzustellen, ob sie noch schlief. Doch ihre Augen waren weit offen; sie beobachtete mich.
    Also seufzte ich und beschloss, die Sache direkt anzusprechen. »Also, kleine Schwester.« Sie hob bei diesen Worten eine Augenbraue. Ich lächelte. »Wie alt bist du?«
    »Älter, als ich aussehe, so wie du.«
    Beinahe ein Jahrhundert, hatte sie gesagt. »Du bist Oree Shoths Tochter.« Ich konnte mich dunkel an sie erinnern. Ein hübsches, sterbliches Mädchen –  blind und tapfer. Sie hatte einen meiner jüngeren Brüder geliebt, der gestorben war. Und sie hatte Itempas offensichtlich ebenfalls geliebt. Ich

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