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Rivalin der Götter erbin3

Rivalin der Götter erbin3

Titel: Rivalin der Götter erbin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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schwach, aber auf köstliche Weise bekannt. Das Beben war zart, aber doch mächtig; sogar die Sterblichen spürten es. Der Tagstein unter unseren Füßen knackte unheilvoll. Die Satinglockenbäume im nahegelegenen Garten der Einhunderttausend erzitterten und warfen einige ihrer perfekten, hängenden Blüten ab. Ich schloss meine Augen und atmete tief ein, damit ich nicht vor Freude brüllte.
    »Si’eh?« Shahars Stimme, erschreckt und verwirrt. Ihre Vorfahren hatten dieses Gefühl gekannt, doch kein Arameri hatte es in einhundert Jahren gespürt. Ich öfnete die Augen und lächelte sie mit so viel Wärme an, dass sie blinzelte und das Lächeln beinahe  –  ich habe es genau gesehen –  erwidert hätte.
    »Mein Vater kehrt zurück«, füsterte ich.
    Hinter uns drehte Yeine sich um. Auch sie lächelte. Itempas hatte sich von uns abgewandt und starrte in Richtung des Palastes, als ob dieser plötzlich der interessanteste Anblick war. Doch ich sah seine steifen Schultern und die Anstrengung, die es ihn kostete, entspannt zu bleiben.
    Nahadoth materialisierte in der Nähe von Yeine. Ein Sturm focht aus dem Nichts eine äußere Erscheinung sterblichen Fleischs. Die Gestalt, die er annahm, war eine Huldigung an seine Leidenszeit: männlich, blass, die Tentakel seiner Substanz strömten wie schwebender, lebendiger Rauch von dannen. Es hatte einmal einen sterblichen Körper mit diesem Rauch gegeben: Ahad. Zitterte er jetzt irgendwo in der Stadt unten und spürte die Nähe seines früheren Gefangenen? Nahadoths Gestalt war das Einzige, das sich seit den Tagen seiner Versklavung nicht verändert hatte. Ich spürte seine Macht jetzt, die wunderbar vollkommen und schrecklich war und die Luft schwer machte. Chaos und Finsternis, pur und entfesselt.
    Die Gruppe Arameri murmelte und stieß alarmierte Rufe aus, als Nahadoth erschien. Doch Remath erstickte diese mit einem Blick. Sie ging mit gutem Beispiel voran und trat vor. Ich hielt
sie nicht für minderwertig, nur weil sie kurz zögerte, um sich zu wappnen.
    Ich hielt aber noch größere Stücke auf Shahar als vorher, weil sie einen tiefen Atemzug machte, sich von uns weg bewegte und an die Seite ihrer Mutter eilte. Remath warf ihr einen Blick zu und vergaß, ihre Überraschung zu verbergen. Shahar neigte ihren Kopf als stumme Antwort. Sie war schließlich Nahadoth schon einmal begegnet. Zusammen gingen die beiden Frauen weiter, um sich den Göttern anzuschließen.
    Deka unternahm keinen Versuch, dazuzustoßen. Er hatte seine Arme verschränkt und fing nun an, von einem Fuß auf den anderen zu treten. Dabei runzelte er die Stirn, sah abwechselnd Itempas und mich an und strahlte allgemeine Unzufriedenheit aus. Es war nicht schwer, die Quelle seines Unbehagens zu ermessen: Die Drei wandelten unter uns, auch wenn sie nicht vollkommen eins waren. Deka war nicht so dumm zu glauben, dass sie nur gekommen waren, um den Arameri ein Urlaubsdomizil zu bauen. Zweifellos wurde ihm jetzt klar, warum ich in der Nacht zuvor so aufgebracht gewesen war.
    Ich bin deinetwegen gekommen, hatte Itempas gesagt.
    Ich verschränkte ebenfalls meine Arme vor der Brust, doch nicht als Abwehr. Es erforderte nur eine gewisse Anstrengung, sich gegen Hofnung zu wappnen.
    Dann war die Unterhaltung vorüber. Yeine sah zu uns allen auf. Sie nickte einmal als geistesabwesende Antwort auf etwas, das Remath gesagt hatte. Ihr Blick und meiner trafen sich über den Vorhof hinweg. In dem Moment loderte der Horizont hinter ihr golden auf. Die Sonne schob sich gerade über den Horizont. Für einen ganz kurzen Moment, der so füchtig war wie die Dämmerung selbst, hatte sich Yeines Form verändert, und sie war zu etwas Unbeschreiblichem geworden. Mein Geist versuchte, es dennoch zu definieren. Dabei benutzte er Bilder und Gefühle, die seine sterbliche Wahrnehmung begreifen konnte. Ein Trugbild
von ihr in Silber und pastellfarbenem Nebel gezeichnet. Eine riesige und unmögliche Landschaft, die von einem Wald beherrscht wurde, dessen Bäume so groß waren wie derjenige, der uns gerade beherbergte. Der Geruch und Geschmack von reifer Frucht, zart, saftig und süß. Kurz spürte ich Schmerzen von höchst nichtsohnartigen Gelüsten: Lust auf sie, Eifersucht auf Naha und Mitleid für Tempa, denn er hatte sie nur einmal kosten dürfen.
    Dann war der Moment vorüber. Yeine war wieder sie selbst. Ihr Lächeln war nur für mich, ihren ersten und einzigen Sohn. Ich würde diese Besonderheit für nichts in der Welt

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