Rivalin der Götter erbin3
ich Kontakt aufnehmen könnte, wenn sie sich weigerte, mir zu helfen. Die anderen Alternativen waren noch schlechter. Was wäre, wenn …
»Also gut«, sagte sie schließlich. Der Knoten, der sich in meinem Bauch geknüpft hatte, löste sich wieder. »Ich brauche Zeit für einige Vorbereitungen. Komm heute in einer Woche an diesen Ort. Am Mittag.« Die Örtlichkeit formte sich in meinem Bewusstsein, als ob ich sie immer gekannt hätte. Ein Haus irgendwo in der Stadt unterhalb von Elysium. Südwurzel. »Komm allein.«
Ich verschränkte meine Arme. »Wirst du allein sein?«
»Oh, natürlich.«
Ich formte einen Katzenkopf mit meinen Händen: Ohren angelegt, Zähne entblößt. Sie lachte.
»Es ist mir egal, ob du mir glaubst oder nicht. Du hast um dieses Trefen gebeten. Sei in einer Woche dort, oder lass es bleiben.« Mit diesen Worten beugte der Schatten sich nach unten und blies kraftvoll. Mit einem überraschten Flackern wurde En dunkel und fiel zu Boden. Dann war Nemmer fort.
Im Dunklen sammelte ich En wieder ein, die ziemlich entrüstet war. Ich murmelte einige tröstende Worte und verstaute sie wieder unter meinem Hemd. Dabei dachte ich die ganze Zeit nach.
Wenn Nemmer wusste, was mir widerfahren war – und es war ihre Natur, derartige Dinge zu wissen; nicht einmal die Drei schaften es, sie von ihren Angelegenheiten fernzuhalten, auch wenn sie schlau genug war, das nicht herumzuposaunen –, dann könnte es mir passieren, dass ich in einer Woche dort ankam und sie mit einer Gruppe meiner Geschwister antraf, die mir alles andere als wohlgesonnen war. Einige von ihnen warten seit zweitausend Jahren auf die Gelegenheit, es mir für den Krieg der Götter heimzuzahlen.
Doch Nemmer war nie jemand gewesen, der sich an den Spielchen unserer Familie beteiligte. Ich weiß nicht, warum sie den Krieg ausgesessen hatte. War sie vielleicht – wie so viele unserer Geschwister – zwischen unseren Vätern hin- und hergerissen gewesen? War sie eine derjenigen gewesen, die versucht hatten, das Reich der Sterblichen, das durch unsere Kämpfe beinahe zerstört worden war, zu erhalten? Mir wurde klar, dass ich als Ältester mich mit diesen Dingen hätte auseinandersetzen müssen und nicht mit den schäbigen Dramen unserer Eltern. Ich seufzte frustriert. Wenn ich mir die Mühe gemacht hätte, mich mit meinen Geschwistern zu versöhnen, vielleicht sogar ihre Gründe, weshalb sie Nahadoth verraten hatten, zu verstehen … »Wenn ich das getan hätte, wäre ich nicht der, der ich jetzt bin«, seufzte ich in die Dunkelheit hinein.
Das war letztlich auch der Grund, warum ich das Risiko einging, Nemmer zu vertrauen. Auch sie war nur das, was die Natur aus ihr gemacht hatte. Sie behielt ihre Meinung für sich, sammelte Geheimnisse und teilte ihr Wissen nur dann, wenn sie es für richtig hielt. Bündnisse ging sie nur ein, wenn es ihr in den Kram passte – und wenn überhaupt, dann nur für kurze Zeit. Ob sie meine Freundin werden würde, lag allein an mir.
Als ich zu Dekas Zimmer zurückgekehrt war, stellte ich erstaunt fest, dass ich wieder Besucher hatte: Morad, die Palastaufseherin mit der üppigen Haarpracht, und ein weiterer Diener, der damit beschäftigt war, das Bett zu machen und aufzuräumen.
Beide verbeugten sich sofort vor mir, wie sie es auch bei einem Arameri-Hochblut tun würden. Dann fuhr der Diener umgehend mit seinen Aufräumarbeiten fort. Morad musterte mich mit unverhohlenem Abscheu.
Ich runzelte wegen ihres prüfenden Blicks die Stirn, schaute mich selbst an – und dann wurde mir viel zu spät klar, warum mich die Diener auf meinem Weg in den Unterpalast so angestarrt hatten. Ich trug immer noch die Kleidung, die ich vor zwei Tagen für mich herbeigerufen hatte. Damals war sie unaufällig gewesen; inzwischen war sie verschmutzt, nachdem ich durch staubige Flure und durch den Baum verstopfte ungenutzte Räume gekrochen war. Und … ich schnupperte an einer meiner Achseln und rümpfte die Nase. Ich war entsetzt, weil ich das nicht bemerkt hatte. Seit ich in diese Welt zurückgekehrt war, hatte ich nicht gebadet. Ofensichtlich brachte der Körper eines Jugendlichen Gestank wesentlich schneller hervor, als ich es als Kind gewöhnt gewesen war.
»Oh«, sagte ich und lächelte Morad betreten an. Sie seufzte. Doch ich glaubte zu sehen, wie Belustigung über ihr Gesicht huschte.
»Ich lasse Euch ein Bad ein«, sagte sie und zögerte. Dabei
schaute sie sich meinen Kopf genauer an. »Und
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