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Rivalin der Götter erbin3

Rivalin der Götter erbin3

Titel: Rivalin der Götter erbin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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ich werde einen Haarkünstler herbeirufen. Und den Schneider. Und eine Maniküre.«
    Mit einem schwachen Aufachen berührte ich mein drahtiges Haar, das voller Sand war. »Ich glaube, das habe ich nötig.«
    »Wie Ihr wünscht, mein Lord.« Morad berührte den Diener, der fast mit dem Bett fertig war, und murmelte etwas. Er nickte und verließ umgehend die Wohnung. Zu meiner Überraschung rollte Morad sich die Ärmel auf und steckte die Laken selbst unter der Matratze fest. Nachdem sie damit fertig war, ging sie ins Badezimmer. Kurz darauf hörte ich Wasser rauschen.
    Neugierig folgte ich ihr und beobachtete, wie sie auf dem Badewannenrand saß und das Wasser mit ihren Fingern testete. Da sie mir den Rücken zuwandte, konnte ich das gesamte Ausmaß ihrer Haarpracht bestaunen. Jetzt war es noch ofensichtlicher, dass sie keine Amn war. Ihre Haare hatten winzige, feste Löckchen. Reiche Amn brachten Stunden damit zu und gaben ein Vermögen aus, um diesen Zustand auch nur annähernd zu erreichen. Außerdem war es schwarz wie die Seele meines Vaters. Ihre Haut war zwar blass genug, doch ihre Gesichtszüge zeigten die Merkmale anderer, man musste nur genau hinsehen. Es war ebenso ofensichtlich, dass sie sich ihres Mischlingsbluts nicht schämte. Würdevoll und aufrecht saß sie da wie eine Königin. Sie konnte unmöglich in Elysium oder auf Amn-Territorium aufgewachsen sein, denn dort hätte man ihre Geisteshaltung schon vor langer Zeit mit grausamen Worten zerstört.
    »Maroneh?«, vermutete ich. »Du musst zumindest deine Haare von ihnen haben. Der Rest … vielleicht Teman? Uthre, ein wenig Ken?«
    Morad wandte sich mir zu und hob elegant eine Augenbraue. »Zwei meiner Großeltern waren zum Teil Maroneh, ja. Einer war Teman, ein anderer Min. Außerdem gibt es Gerüchte, dass mein Vater zur Hälfte Tok war und vorgab, Senmite zu sein, damit
er sich bei den Hunthou-Legionen einschreiben konnte. Meine Mutter war eine Amn.«
    Ein weiterer Beweis für die Verzweiflung der Arameri. Früher hätten sie eine Frau mit derartig zusammengewürfelten Blutlinien nie akzeptiert, geschweige denn sie als Palastaufseherin arbeiten lassen. »Aber wie …«
    Sie lächelte süß-sauer, als ob sie derartig unverschämte Fragen ständig hörte. »Ich bin im südlichen Senm aufgewachsen. Als ich volljährig wurde, beantragte ich mit der Hilfe meines vierten Großelternteils –  einem Arameri-Vollblut –, hierherzukommen.« Ich verzog das Gesicht, und sie nickte. Die Geschichte war alt. »Großmutter Atri kannte den Namen meines Großvaters nicht. Eine lange Reise führte ihn durch unsere Stadt. Ihre Familie hatte keine mächtigen Freunde. Sie war einfach ein hübsches Mädchen.« Sie zuckte mit den Schultern. Ihr Lächeln war verschwunden.
    »Also hast du dich entschlossen, Großvater, den Vergewaltiger, zu suchen und Hallo zu sagen?«
    »Er starb vor vielen Jahren.« Erneut überprüfte sie die Wassertemperatur und drehte die Hähne zu. »Um genau zu sein, war es Großmutters Idee, dass ich hierherkommen sollte. In dem Teil von Senm gibt es nicht viel Arbeit, und so würde mir ihr Leiden wenigstens ein besseres Leben ermöglichen.« Sie erhob sich und stellte sich demonstrativ neben die Bank an der Waschstelle. Dabei nahm sie den Flakon mit Haarshampoo in die Hand.
    Ich stand auf und zog mich aus. Zufrieden stellte ich fest, dass meine Nacktheit sie nicht zu stören schien. Noch bevor ich sie warnen konnte, streifte sie die Schnur, an der En um meinen Hals baumelte, ab und legte sie auf eine Ablage. Ich war erleichtert, dass En das ohne Protest duldete. Nach den Strapazen vorhin war sie wohl erschöpft. Außerdem hatte sie schon immer einen merkwürden Geschmack gehabt, was Sterbliche anging.
    »Du hättest für ein besseres Leben nicht hierher kommen müssen«,
sagte ich. Dann gähnte ich, während sie mein Haar nass machte und begann, es zu waschen. Auch mich hatte es ermüdet, Nemmer die Nachricht zukommen zu lassen. Außerdem waren Morads Finger geschickt und beruhigend. »Es muss Tausende anderer Orte auf der Welt geben, wo man seinen Lebensunterhalt verdienen kann und wo man sich nicht mit dem Irrsinn dieser Familie auseinandersetzen muss.«
    »Es gab keinen anderen Ort, an dem so viel bezahlt wird«, erwiderte sie.
    Ich warf mich herum und starrte sie an. »Sie bezahlen dich?«
    Sie nickte. Ofensichtlich belustigte sie meine Reaktion. Sanft schubste sie meinen Kopf wieder in Position, damit sie ihre Arbeit fortsetzen konnte.

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