Riven Rock
Fäusten, und sie knurrte vor sich hin. »Du Dreckskerl!« schrie sie, kaum daß er im Zwielicht die Augen öffnete, und die harten kleinen Nuggets ihrer Fäuste prasselten auf sein Kinn, seine Ohren, seinen Mund nieder, in einem flatternden Ansturm, der wie ein Taifun auf See war. Er versuchte, sie zu besänftigen, weil er fürchtete, Mart könne sie aus dem Nachbarzimmer hören, oder noch schlimmer, Hamilton am anderen Ende des Hauses, und er hob die Unterarme, um ihre Schläge abzuwehren, aber er war zu schwach und zu besoffen, und ihre Fäuste trafen immer wieder. Er wich aus, wand sich in den Hüften, versuchte unter ihr wegzurollen, fluchte, war wütend und verletzt, hatte den Geschmack seines Blutes auf den Lippen, doch ihre Oberschenkel waren wie ein Schraubstock, und der Alkohol machte ihn schlaff, bis er am Ende nur den Kopf mit den Armen schützen und sie gewähren lassen konnte.
Wie lange das so ging, wußte er nicht, aber als sie fertig mit dem Schluchzen und Schlagen war und seine Unterarme nicht mehr mit Nägeln und Zähnen bearbeitete, da beugte sie sich vor, bis ihr Gesicht auf seinem lag und er die rauhe Wut ihres Atems auf der nackten Fläche seiner Augen, Lippen und Kiefer spürte. Ihr Geruch war wie Metall. Wie Säure. Er ließ ihn auf der Stelle schwach werden. »Ich würde mich umbringen für dich«, zischte sie, »und meine Eltern, meine Geschwister, die ganze Welt würde ich umbringen.« Und dann war sie weg. Zum Fenster hinaus, in die Nacht hinein, zurück auf die Strohmatratze, die sie mit ihren Schwestern Marta und Marietta in der dunklen brodelnden Festung des Dimucci-Haushalts teilte.
Am nächsten Tag versöhnten sie sich, er liebte sie wieder und wieder, auf jede Art, die er sich ausdenken oder erträumen konnte, und sie krallte sich in seinen Rücken und flehte ihn an, ein Mann, ein richtiger Mann zu sein und in ihr zu bleiben, um ihr ein Baby zu schenken, aber er tat es nicht, und deswegen stritten sie. Befriedigt, keuchend, schweißgebadet, so lagen sie nebeneinander auf der Steppdecke unter den Bäumen, schweigsam wie Feinde, bis sie hochfuhr, sich anzog und ohne ein Wort verschwand. Danach machte er sich ein paar Tage lang rar und sah sie eine Weile nicht wieder. Zur Vorsicht versperrte er das Fenster mit einem Vorhängeschloß, und er hatte ein schlechtes Gewissen dabei, aber er konnte nicht zulassen, daß Dr. Hamilton sie in sein Zimmer klettern sah. Oder Katherine – was, wenn sie es herausfände? Er fuhr in die Stadt zu Nick, um bei ihm zu Hause Ernestines Geburtstag zu feiern, und trank dort genug Bier, um ein Schiff zu Wasser zu lassen, und kein einziges Mal flüsterte er Giovannellas Namen. Tagsüber war sie nicht mehr da – Mrs. Fioccola arbeitete jetzt wieder in der Küche, und Giovannella hatte in Riven Rock nichts mehr zu tun –, deshalb blieb ihr nur die Möglichkeit, nachts herumzuschleichen und Kieselsteine an sein Fenster zu werfen. Die Kiesel prasselten wie Hagelkörner. Das Fenster schepperte wie wild im Eisenrahmen. Hunde bellten in der Nacht, und zweimal kamen die Dienstboten aus ihren Hütten gerannt und jagten Phantome im Hof. Und wie fühlte sich O’Kane dabei? Er war verärgert. Er brauchte all das nicht. Sie war eine Wahnsinnige, eine Furie, dabei hatte er doch nur ein Mädchen gewollt, etwas Unschuld, Sanftheit und die Wärme von ein bißchen Liebe.
Eine Woche verstrich, und O’Kane marschierte jeden Abend zu Fuß in die Stadt, neun Kilometer hin und neun Kilometer zurück, um den Italienern aus dem Weg zu gehen, die sich nach dem Abendessen auf dem großen Felsen im Obstgarten versammelten, um dort Dame zu spielen, auf dem Akkordeon zu musizieren und Grappa zu trinken; manchmal blieb er auch bis ein oder zwei Uhr früh bei Nick und Pat und der leise schnarchenden Hülse ihres Arbeitgebers sitzen, und er mied sein Zimmer, bis er so kaputt vor Erschöpfung war, daß er es nicht länger meiden konnte. Zu seiner Erleichterung gab es keine Kieselsteine mehr, keine nächtlichen Überraschungen. Giovannella war verschwunden. Es war vorbei. Und er versuchte sich gerade mit dieser traurigen Tatsache abzufinden, fühlte sich leicht wehmütig und deprimiert dabei, als eines schönen blumenbunten Samstagmorgens Baldessare Dimucci und sein ältester Sohn Pietro in ihrem Mistkarren den langen Steinweg zum Haus entlangrumpelten und vor der Garage parkten. Elsie Reardon kam ihn holen. »Da wollen dich zwei Männer sprechen, Eddie«, sagte sie und spähte durch die
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