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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Pilgerstäbe und Kreuze.
    Ständig unterbrochen durch knallende Donnerschläge, erzählten die Leute, dass sie völlig verzweifelt seien, weil es am Pfingstsonntag in ihrem Dorf Blut geregnet habe. Nachdem daraufhin alles Vieh verendet sei und die Ernte verdorben, habe man sich gen Compostela aufgemacht, zum Heiligen Jakobus, den man um Unterstützung bitten wolle. Einer, der schon einmal dort gewesen, trat hervor und zeigte Rixende stolz sein Beglaubigungsschreiben und die Jakobusmuschel, die er sich an die Kappe geheftet hatte.
    „Der Heilige“, erklärte der Mann feierlich, „besitzt große Macht. Zu Lebzeiten mag dies anders gewesen sein, denn man hat ihm wie Johannes dem Täufer, den Kopf abgeschlagen. Nachdem er aber in Santiago de Compostela seine letzte Ruhestätte unter einer Steinplatte gefunden hatte, schmolz diese – o Wunder über Wunder - wie Wachs und bildete gleich einem Tempelbau die Form seines Leibes nach!“
    Das Gewitter wollte einfach kein Ende nehmen. Martials Männer wurden langsam unruhig. Wenn es so weiterginge, ließe sich die nächstgelegene Unterkunft wohl nicht mehr vor der Dunkelheit erreichen. Sie hatten die Pferde längst trockengerieben und auch ausgiebig über Fulcos Zeichnung disputiert, auf der als heutiges Ziel eine Burg inmitten eines ausgedehnten Waldgebietes eingezeichnet war. Rixende teilte mit allen Brot und harten Käse, denn sie hatte genug bei sich. Als die Pilger gegessen hatten, fassten sie sich an den Händen und sangen mit Inbrunst das Te Deum, und Rixende fiel in ihr Danklied ein. Zwei Frauen jedoch steigerten sich derartig in ihren Gesang hinein, dass sie sich dabei das Haar rauften und auf die Brust schlugen. Rixende bemerkte auch, dass sich einige bereits Lumpen um die Füße gewickelt hatten, und ein Kerl mit einem stupiden Vogelgesicht schien sich gar geschworen zu haben, den ganzen Weg auf den Knien zu rutschen. Als er kurz aufstand, um vor der Kate sein Wasser abzuschlagen, sah Rixende mit Ekel, dass ihm der blanke Eiter die Schienbeine hinabfloss. Da sie in einem ledernen Sack einige Ellen Leinen mit sich führte, erbarmte sie sich und reichte den Stoff den Leuten, damit sie ihre Wunden und Füße verbinden konnten.
    Endlich ließ das Unwetter nach. Rixende trat mit Martials Männern und dem Anführer der Pilger vor die Kate. Sie befanden sich auf einer Hochebene und hätten – bei gutem Wetter – freie Sicht gehabt auf das Tal, das unter ihnen lag. Doch noch immer jagten dunkle Wolken über sie hinweg, und über dem Tal lag ein dichter Nebelschleier. Eine Kette Rebhühner flog jedoch bereits wieder talwärts, im Wind schaukelnd. Als schließlich der Regen spärlicher wurde, zogen die Pilger laut singend weiter, und auch Rixende machte sich mit ihren Männern auf den Weg. Um die Burg zu erreichen, mussten sie jedoch zuerst das Tal und später diesen dunklen Wald dort unten durchqueren, der sich – wie sie jetzt erkennen konnten – bis zu einer hohen, noch weit entfernten Felswand zog.
    Zwielicht senkte sich über das Land.
    Rixende fröstelte nicht nur der nassen Kleider wegen.
    Sie ritten und ritten und mussten bald einen Umweg machen, da das Bächlein, das sie überqueren wollten, zu einem reißenden gelbbraunen Bach angeschwollen war.
    Und so gerieten sie tatsächlich in die Dunkelheit. Als man beinahe nur noch die Hand vor Augen sah, hielten sie inne, um zu beratschlagen. Ein spitzer Vogelschrei, der in einen langgezogenen Ruf überging, ließ Rixende erschauern. Am Waldesrand zu übernachten, war nicht ratsam, dort flackerten Leuchtkäfer, die Seelen ungetauft verstorbener Kinder. Also ritten sie auf gut Glück in jenen tiefen, unbekannten Wald hinein. Einer der Männer ritt mit einer Fackel voraus. Die Bäume tropften. Ein Käuzchen schrie, und es raschelte ständig irgendwo im Unterholz. Ab und an schien der Mond durch die hohen Wipfel, und die Männer, die Rixende in ihre Mitte genommen hatten, pfiffen tapfer ein Lied.
    Nach einiger Zeit sahen sie einen vagen Lichtschein in der Ferne, und sie beschlossen darauf zuzureiten, in der Hoffnung, dass es sich um die Burg handeln würde.
    Rixende betete darum, dass man sie nicht abwies zu dieser späten Stunde. Beim Näherkommen erkannten sie die Umrisse eines kleinen Donjons und mehrerer Nebengebäude. Sie ritten auf den Graben zu, der Fackelträger stieg ab - und Rixende erstarrte. Was war das? Für einen kurzen Augenblick war die Fahne des Burgherrn im Mondlicht sichtbar gewesen. Narrte sie ein

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