Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Schultern, kramte kurz auf dem Tisch herum und drückte Abbéville, ebenfalls seufzend, ein gesiegeltes Schreiben in die Hand.
„Für Euch, ein Befehl des Königs“, sagte er leise, und er wusste selbst nicht, ob er sich darüber freuen sollte oder nicht.
Geradezu verzweifelt überlegte Fulco von Saint-Georges, wie er es anstellen sollte, Rixende zu warnen. Er war sich sicher, dass Gui Capriere nicht vor dem frühen Abend die Verhaftungen vornehmen würde. Doch bis dahin war nicht mehr viel Zeit, und Rixende ahnte nichts von der Gefahr, in der sie schwebte. Plötzlich sah er Abbéville mit wehender Kukulle die Gasse heraufstürzen. Rasch trat er vom Fenster zurück. Nicht lange, da polterte der Inquisitor herein.
„Nogaret!“ zischte er und knallte Saint-Georges ein Dokument auf den Tisch.
„Lest.“
„Auf Befehl des Königs von Frankreich, Philipp IV., verfüge ich, Guillaume de Nogaret, Ritter des Königs und Hüter der königlichen Siegel, auch um größeren Schaden für die Heilige Mutter Kirche zu vermeiden und im Wissen um das Einverständnis des Seneschalls
von Carcassonne, Gui Capriere, dass …
Die Buchstaben verschwammen vor Saint-Georges Augen.
Nun hat mein letztes Stündchen geschlagen, dachte er, und er fühlte, wie es ihm gleich war, was mit ihm passierte, wenn Rixende … Dennoch zwang er sich weiterzulesen. Mit zunehmender Verwunderung vernahm er, dass Nogaret zwei Reformatoren ankündigte, die sich der Sache des Senats und des Volkes von Carcassonne und Albi annehmen würden. Bis zum Eintreffen der Reformatoren – so wurde von höchster Stelle verfügt – dürften die Gefangenen weder gefoltert noch einem Autodafé zugeführt werden. Weiter befahl der König, dass das Handelsgeschäft und die Vermögenswerte des Tuchhändlers Castel Fabri zu Carcassonne unangetastet bleiben müssten. Philipp IV. beabsichtige bei einer Visite im kommenden Jahr selbst darüber zu urteilen, ob die postume Anklage wegen Ketzerei gegenüber Castel Fabri zu Recht bestehe oder nicht.
Fulco war verblüfft. Kein einziges Mal hatte Nogaret seinen Namen erwähnt. Er schützte ihn offensichtlich. Am Schluss der Verfügung fand sich ein Satz, der Fulco geradezu triumphieren ließ:
„Die Erbin des Hauses Castel Fabri, die ehrenwerte Witwe Rixende Fabri, soll bis dahin unbehelligt bleiben …“
Saint-Georges fürchtete, dass ihm Abbéville seine Hochstimmung anmerken könnte. Denn der Inquisitor stand geradewegs vor ihm und ließ ihn nicht aus den Augen. Nun sind dir die Hände gebunden, du Hund, fuhr es Fulco durch den Kopf, während er krampfhaft auf das Pergament starrte und dabei unendliche Erleichterung verspürte. Das Schreiben bedeutete Zeit. Wichtige Zeit, um Dinge in die Wege zu leiten, an die er in den letzten Wochen häufiger denn je gedacht hatte. Ein Befehl des Königs konnte selbst von der Inquisition nicht ignoriert werden! Jetzt erst holte er wie befreit tief Luft und gab Abbéville entschlossen, aber wortlos das Schreiben zurück.
„Verrat“, sagte dieser mit eisiger Stimme, und nochmals: „Verrat. Wer hat uns bei Nogaret angeschwärzt, diesem Hund, in dessen Adern Katharerblut fließt? Délicieux, der schon hinter der Befreiung der Gefangenen steckte? Der Senat, der uns andauernd in den Rücken fällt? Oder alle zusammen?“
Fulco, der es besser wusste, zuckte mit den Schultern. „Wer weiß das zu sagen“, meinte er leise.
„Wer weiß das zu sagen? Mehr fällt Euch nicht ein? Das sieht Euch wieder einmal ähnlich! Den Beleidigten spielen, weil ich Euch kurzzeitig arretiert habe, was? Zu Eurem eigenen Schutz habe ich das getan, Bruder. Ihr hättet doch nichts Eiligeres zu tun gehabt, als zu diesem Weib zu rennen und es zu warnen. Übrigens … Euer Bericht über das freche Stück ist ganz und gar unzulänglich, das hatte ich Euch schon gestern sagen wollen“, meinte Abbéville verächtlich.
„Ich verstehe nicht ...“
„Ach, tut doch nicht so scheinheilig! Sie ist doch Eure Buhlerin, oder? Meint Ihr, ich wäre nicht darüber informiert, dass und wo ihr beiden es miteinander getrieben habt? Im heimischen Nest! Dafür allein könnte ich Euch belangen!“
Kalter Schweiß brach Fulco von Saint-Georges aus allen Poren. Auf einen solchen Vorwurf war er nicht vorbereitet. Woher konnte Nikolaus von den Tagen auf Castillou wissen?
„Sie stammt aus Gavarnie“, sagte er rasch. „Ich war selbst dort, um alles nachzuprüfen. Sie ist die Tochter des ...“
„ … des Bayle Pons Ripoll,
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