Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Bevor Ihr Euch erneut in ihrem Bett suhlt, habe ich eine Aufgabe für Euch, auch damit Ihr nicht länger davon träumt, ein einfacher Mönch zu sein! Ich gebe es zu, ich habe Euch nicht richtig gefordert, ich war zu gutmütig. Morgen nachmittag schnappt Ihr Euch fünfundzwanzig Mann und marschiert zum Kloster der Franziskaner, um Délicieux und seine angeblichen Zeugen zu einem Verhör vorzuladen.“
„Zu einem Verhör? Und mit fünfundzwanzig Mann?“
„Zu einer offiziellen Vernehmung. Ich drehe jetzt den Spieß herum. Wenn dieser elende Brief aus Fontainebleau mich daran hindert, Fabris Vermögen zu konfiszieren und die Ketzerin zu inhaftieren, so knöpfe ich mir wenigstens Délicieux vor. Ich werde ihn und seine Mönche öffentlich wegen Behinderung der Inquisition anklagen!“
Délicieux, der Syndikus und Patrice beschlossen inzwischen kurzerhand, nicht länger abzuwarten, sondern sofort in Rom Apostoli zu beantragen. Man gedachte allerdings noch einen einzigen Versuch zu machen, das Zeugnis der sechs Mönche Abbéville oder Saint-Georges offiziell zu präsentieren.
Doch als sie Vormittag des nächsten Tages erneut den Turm der Justiz aufsuchten, ließen sich beide Inquisitoren verleugnen.
Da verlas der Franziskaner das unter größten Schwierigkeiten von Frisco Ricomanni beglaubigte Schreiben mit lauter, aufgebrachter Stimme mitten auf der Gasse, wobei viel Volk herbeiströmte, um sich dieses Schauspiel anzusehen. Anschließend heftete er das Pergament an das Tor des Turmes.
Fulco von Saint-Georges hatte sich für Stunden in seine Schreibstube eingeschlossen. Wie sollte er sich zukünftig verhalten? Abbéville blieb unberechenbar. Und Rixende? In Fontfroide, in Castillou, ja auf der ganzen Reise hatte er sie beobachten können. Sie hatte das Ave Maria gebetet, über das echte Katharer sagten „das Schaf blökt, weil es nicht reden kann“; sie hatte nach Möglichkeit jede Messe besucht und war einmal beichten gegangen. Und oben, in Gavarnie? Diese dürre, seltsame Frau namens Grazide hatte ihn zwar ein wenig komisch angesehen, aber mit keiner Silbe angedeutet, dass Rixende eine andere sein könnte als die Tochter des Bayle. Er hätte sie in die Zange nehmen müssen, wie es die Pflicht erforderte. Doch als Fulco noch einmal darüber nachdachte, wusste er genau, weswegen er in Gavarnie versagt hatte, und in diesem Punkt gab er Abbéville recht. Er war nicht als Inquisitor dort oben in den Bergen gewesen, sondern als Mann, als Liebhaber, der sich nur danach gesehnt hatte, dass irgend jemand mit ihm über Rixende sprach.
Am Nachmittag machte er sich mit üblen Kopfschmerzen auf ins Kloster, um die Leute zusammenzutrommeln. Auf dem Weg zu den Franziskanern dachte bei sich, dass es wenigstens einen Trost gab in dieser verfahrenen Geschichte: Bis der König eintraf, hatte Rixende nichts zu befürchten.
Als Fulco dem Türsteher der Franziskaner Abbévilles Vorladung präsentierte, hieß man die Dominikaner, vor dem Tor zu warten. Fulco wunderte sich nicht im entferntesten über diese Unhöflichkeit, war doch Abbéville das beste Beispiel für solch ein Benehmen.
Doch sie warteten und warteten, Stunde um Stunde. Die Mönche und die Dienenden Brüder, die Saint-Georges begleiteten, begannen zu murren, obendrein fing es an, heftig zu regnen und zu stürmen.
Zum wiederholten Male schlug Fulco an das Tor. Aber man ließ sie nicht ein. Da wurde es den Dominikanern zu bunt. Einige begannen, gleich Fulco mit den Fäusten an das Tor zu hämmern, und sie machten dabei allesamt ein Höllenspektakel.
Die Franziskaner zogen ihrerseits im Inneren mit aller Macht an der Glocke, und zugleich flog ein Stein auf die Gruppe herab. Einer der jüngeren Dominikaner, ein Novize namens Hubertus von Ponteux, hielt sich die Hand an die Stirn, und Fulco sah mit Schrecken, dass Blut zwischen den Fingern hervorquoll. Dieser hinterhältige Angriff empörte aber die anderen erst recht. Ohne sich weiter um den Verletzten zu kümmern, traten sie nun mit voller Wucht ans Tor, schrien und tobten. Fulco versuchte, sie wieder zu beruhigen, doch gelang es ihm nicht, so sehr er sich auch lautstark darum bemühte. Plötzlich wurden auf einen Schlag mehrere Fenster des Klostergebäudes aufgerissen, und ein wahrer Steinregen prasselte auf die Dominikaner herab.
„ Domini canes, Domini canes“ schrien die aufgebrachten Franziskaner - und sie zielten gut.
Schreiend nahmen die „Hunde des Herrn“ Reißaus.
Reformatoren in außerordentliche
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