Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Güter. Wertlose Stoffe und Ausstattungsgegenstände belassen wir in den Lägern, alles andere nehme ich mit und bezahle Euch gut. Wenn wir es geschickt anfangen und – sagen wir ...“
Suleyman strich sich wieder nachdenklich über seinen Bart – „… alle drei Tage einen Wagen beladen, den meine Männer sogleich aus der Stadt schaffen, wird es nicht weiter auffallen. So war es auch, als ich Geschäfte mit meinem Freund Fabri abgewickelt habe. Natürlich müssen wir die gesamte Ware in Kisten und Zeltplanen verpacken und alles gut festzurren, so dass niemand nachsehen kann, was wir aus der Stadt schaffen. Die Wachen an der Porte Narbonnaise kennen mich gut, ich habe mich ihnen stets erkenntlich gezeigt!“ Ibrahims schwarze Augen glänzten bedeutungsvoll. „Die sollen uns nicht bekümmern. Wenn alles abgewickelt ist, will ich Carcassonne verlassen, und auch Ihr macht Euch besser rechtzeitig auf den Weg, um Euch eine andere Bleibe zu suchen. In diesem Land würde ich an Eurer Stelle keinen Tag länger bleiben.“
Rixende überlegte. Nach solch schlauem Handel wäre sie frei für immer. Sie könnte gehen, wohin sie wollte – auf den Queribus vielleicht, zu Simon, oder hinüber nach Aragon. Abbéville jedenfalls würde das Nachsehen haben. Doch was wurde aus Benete, Paco, den Dienern und den Gesellen, wenn sie hier alles aufgab? Was mit den Lägern in Marseille, Agde und Cotllioure? Sie trug auch dafür die Verantwortung.
Und Fulco? Ginge sie fort, so würde sie ihn gänzlich aus den Augen verlieren. Allein schon der Gedanke daran tat ihr weh.
Ibrahim, der ihre Zweifel und Unentschlossenheit spürte, meinte:
„Schlaft darüber. Ihr müsst Euch nicht sofort entscheiden. Doch eines noch: Niemals würde ich Euch übervorteilen, bei meiner Ehre!“
Rixende war es nicht gewohnt, solch weitreichende Beschlüsse zu fassen, ohne sich zuvor mit jemandem beraten zu haben. Dann sah sie plötzlich Castel Fabris Augen vor sich. „Legt Euch nicht für immer fest“, hatte er gesagt, bevor er starb.
„Ich denke Euer Vorschlag ist gut“, meinte sie am nächsten Morgen zu Ibrahim. „Ich möchte jedoch noch ein Gespräch mit Elias Patrice führen. Beginnt dennoch damit, die Bestände zu sichten, damit wir keine Zeit verlieren.“ Rixende seufzte. „Wisst Herr Ibrahim, allein könnte ich das Geschäft auf Dauer sowieso nicht führen!“
Suleyman zeigte sich verständnisvoll.
„Verzeiht meine Neugierde, Frau Rixende“, sagte er dann leise. „Ich kenne Elias Patrice gut. Ihr könnt ihm sicherlich vertrauen, wie es auch Castel Fabri getan hat, doch ... nun, kurz gesagt: Gibt es vielleicht jemanden, von dem Ihr Euch vorstellen könntet ... nun, dass er der Eure würde, um Euch künftig zur Seite zu stehen? Ein jüngerer Mann vielleicht, gebildet und aus gutem Hause? Der Euer Geschäft zu führen verstünde? Dann sähe die Sache ganz anders aus.“
Rixende wurde über und über rot. Sie dachte an Jean Poux, den Weinhändler, der ihr vor ein paar Tagen einen Antrag gemacht hatte. Doch sie drehte rasch den Kopf zur Seite und sagte hastig und mit hoher, sich fast überschlagender Stimme:
„Nein, es gibt keinen. Nicht heute und nicht in naher Zukunft.“
Der Muselmane brachte Leben ins Haus. Ibrahim genoss die Freuden des Gaumens, und Benete lief ständig zum Markt, um ihm ausgesuchte Leckereien in großer Menge zu kaufen. Rixendes Tage waren ausgefüllt mit Arbeit und die Abende mit überaus spannenden Geschichten, die der Muselmane wortgewaltig zu erzählen wusste, wobei er es sich in Fabris Lehnstuhl gemütlich machte, die Augen halbgeschlossen, die häufig angeschwollenen Füße hochgelegt und die Spitze des Schlauches seiner Wasserpfeife im Mundwinkel.
Er erzählte von seiner großen Familie, seinen prachtvollen Stadthäusern, inmitten eines Parks von Dattelpalmen. Bald schwärmte er von seinen schönen Töchtern, Raysha und Fulja, die schon verheiratet waren und selbst Kinder hatten, dann berichtete er von weiten Reisen zur See oder auf lehmstaubigen Straßen, die er noch immer freudig antrat, auch wenn sie ihm zunehmend Mühe machten. Nachdrücklich versicherte er Rixende – was jene gar nicht glauben wollte -, dass die Erde rund sei und man wie eine Fliege um einen Apfel um sie herumlaufen könne.
„Und wenn ein Stein von einem Stern herunterfällt, so braucht er hundert Jahre, um auf der Erde anzukommen“, sagte er wichtigtuerisch. Das habe er von einem Weisen seines Landes erfahren.
An einem anderen
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