Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Euer Liebchen will wieder heiraten, den Stotterer Jean Poux. Die ganze Stadt spricht schon davon. Nun, über Geschmack lässt sich nicht streiten.“
Mit diesen Worten war Abbéville hinausgerauscht.
Fulco konnte nicht glauben, was er soeben gehört hatte. Der Sprecher der Weinhändler war zugleich Senator. Obwohl er schon fünfunddreißig Jahre zählte, war er noch ledig. Gut möglich also, dass er ein Auge auf Rixende geworfen hatte. Was auch hatte Rixende davon, auf ihn, auf einen Mönch, zu warten? Das Geschäft musste schließlich weitergeführt werden, wenn der König sie freigab. Da war der junge Poux genau der richtige. Und schließlich stotterte er auch nur, wenn er aufgeregt war.
Dennoch wurde Fulco den Verdacht nicht los, dass Abbéville ihm diese, nur auf den ersten Blick haarsträubende Geschichte absichtlich erzählt hatte. Er sollte in seiner Wut zu Rixende eilen, sie zur Rede stellen. Er sollte ihr Vorwürfe machen, dass sie zu den Katharern gehörte, ihm ihre Abkunft dreist verheimlicht hatte, und sie sollte von ihm erfahren, dass Abbéville hinter ihrem Bruder und diesen ominösen Geheimen Worten her war.
Ja, je länger Fulco darüber nachdachte, desto mehr fühlte er sich in seinem Verdacht bestätigt. Handelte es sich um eine neue Intrige des Inquisitors, so konnte an der Geschichte mit Poux auch kein wahres Wort sein, und Rixende war noch immer die Seine. Abbéville wollte nur erreichen, dass sie bei Nacht und Nebel losritt, um ihren Bruder zu warnen!
Zwei Tage überlegte er hin und her. Dann machte er sich auf den Weg zu Pequigny, um mit ihm endlich in aller Ruhe über die Gefährlichkeit desjenigen zu reden, den Abbéville den „Hüter“ nannte. Zwar glaubte er noch immer, dass die Geheimen Worte nur in der Phantasie Abbévilles existierten, dennoch hatte auch der Abt von Fontfroide davon gewusst.
Doch Fulco musste von Fébus erfahren, dass die Reformatoren beim ersten Glockenschlag nach Pamiers abgereist waren, um Bernard Saisset zu verhaften, einen aufrührerischen Bischof.
Diesmal hatte Fulco von Saint-Georges mehr Glück. Nachdem er am Haus des Tuchhändlers angeklopft hatte, geleitete ihn Aucassinne bereitwillig in Fabris Lager. Rixende saß in ihrer Schreibstube, eine reichbestickte Haube auf dem Kopf, und neben ihr hockte jener dicke Sarazene, der sich in Carcassonne offenbar so wohl fühlte wie die Henne im Nest, vor sich ein halbes Dutzend aufgeschlagener Saldenbücher.
„Ich grüße Euch, Rixende Fabri“, sagte Fulco förmlich und verbeugte sich tief. „Schon einmal habe ich bei Euch vorgesprochen, doch Ihr wart nicht wohlauf. Geht es Euch heute besser?“
„Danke der Nachfrage, Herr Inquisitor“, sagte Rixende auffällig kühl und stellte ihm dann den Muselmanen vor. Ibrahim, mit einem blau und rot gestreiftem Turban auf dem Kopf und einem brandroten Umhang aus schwerer Seide um die Schultern, musterte beim Aufstehen Fulco aufmerksam. Die Begrüßung war zurückhaltend. Als der Sarazene wieder Platz nahm, bemerkte er, dass Rixendes Hände heftig zitterten. Hatte sie solch schreckliche Angst vor dem Inquisitor? Wurde von ihm erwartet, dass er die beiden allein ließ? Doch vielleicht brauchte Rixende einen Zeugen. Also blätterte er weiter in den Akten herum, und bemühte sich dabei redlich, einen geschäftsmäßigen Eindruck zu machen. Doch er beobachtete die beiden aus den Augenwinkeln heraus. Sie schienen sich recht gut zu kennen, denn sie redeten bald über gemeinsame Bekannten und dann über das Schiffsunglück und seine Folgen. Mehr und mehr gewann Suleyman den Eindruck, dass der Inquisitor ein bestimmtes Interesse an Rixende zu haben schien, und dass die junge Frau nicht aus Angst vor ihrem Gegenüber so zitterte.
Suleyman ließ sich nichts anmerken, doch er schmunzelte in sich hinein: Die Liebe also, dachte er, die übliche Geschichte zwischen einem Mann und einer Frau. Nun, für einen Christen sah dieser Bursche tatsächlich ausnehmend gut aus, um Längen besser als Fabris Sohn, er hatte zupackende Hände und ein gutgeschnittenes, ehrliches Gesicht. Seine Augen? Tja – Suleyman blickte kurz hoch -, die verschlangen Rixende geradezu.
„Wie lange gedenkt Ihr noch in Carcassonne zu bleiben?“ fragte Fulco, der Ibrahims Blick bemerkt hatte. Der Muselmane zuckte mit den Schultern.
„Das ist noch unbestimmt, Herr Inquisitor. Solange mich die Schwiegertochter meines Freundes braucht ...“
„Natürlich ...“, meinte Fulco, der gar nicht richtig zugehört
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