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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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einen noch festzusetzenden Termin für Eure Verhandlung.“
    Als Saint-Georges sich rechtfertigen und die zurechtgelegte Geschichte auftischen wollte, lehnte Abbéville einen Disput über das Vorgefallene rigoros ab.
    Saint-Georges packte rasch die wenigen Habseligkeiten, die er im Turm der Justiz verwahrte sowie einige Aufzeichnungen, die ihm wichtig erschienen, und machte sich auf den Weg zum Kloster. Wie hatte Abbéville nur so schnell herausgefunden, wer da aus dem Turm gesprungen war?
    War es Feigheit oder Vernunft, dass er die Gelegenheit nicht nutzte, sich heimlich davonzustehlen und den Dominikanerorden für immer zu verlassen? Er wusste es nicht zu sagen, als er im Kloster angekommen war. Erneut hatte er sich für den Gehorsam entschieden. Die klösterliche Disziplin war ihm inzwischen so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass er gar nicht mehr anders handeln konnte. Doch Fulco fühlte sich zerrissen wie nie zuvor. Er hatte nie zu den Starken, Mutigen gehört, das hatte sich bei seinem unfreiwilligen Eintritt ins Kloster bereits abgezeichnet, und nun beschlich ihn der Verdacht, dass es die Angst vor sich selbst war, die ihn lähmte und hinderte, endlich die Freiheit zu suchen.
    Als er drei Wochen später vor das Tribunal zitiert wurde, das den Todesfall Cléments verhandeln sollte, stellte er zu seinem Schrecken fest, dass sich dort außer Abbéville und den beiden Reformatoren auch noch der Seneschall, der Bischof und Elias Patrice in seiner Eigenschaft als Sprecher des Senats befanden.
    Fulco von Saint-Georges wurde nicht nur angeklagt, Personen zum Zwecke der Erpressung ungesetzlich gefoltert, sondern – allerdings ohne Nennung von Namen - auch seiner Sinnenlust gefrönt zu haben. Ja, selbst solcher Verbrechen sei er schuldig, die allgemein Abscheu erregten. Der erste Inquisitor von Carcassonne legte zur Bekräftigung seiner Anklage zahlreiche Beweise vor, die belegen sollten, dass Fulco Zeugen bestochen hätte und seine Prozessverfahren mit unerhörten und unglaublichen Foltern zu beginnen pflegte, um dadurch den Unglücklichen, gegen die er Verdacht hegte, ein Geständnis zu entlocken.
    „Obendrein ist es seiner Unzuverlässigkeit zu verdanken, dass drei Inhaftierte geflohen sind, darunter ein möglicherweise unschuldiges Opfer, wie wir jetzt erst erfahren haben, Bruder Henricus, aus seinem Kloster zu Albi. Der Angeklagte hat seinen ehemaligen Cellerar auf eigenes Betreiben und ohne jeglichen Beweis wegen Ketzerei inhaftieren lassen. All seine abscheulichen Vergehen“, so Abbéville wörtlich, „haben mit der Zeit einen so allgemeinen Schrecken verbreitet, dass bereits ein Aufstand des Volkes erfolgt ist, und ich befürchte weitere, wenn nicht sofort Maßnahmen getroffen werden.“
    Fulco von Saint-Georges machte sich nichts vor: Abbéville gedachte ihn zu opfern, um sich selbst vor den Reformatoren reinzuwaschen. Ein böses Spiel. Zu seinem Entsetzen ließ sein Vorgesetzter frech Zeugen auftreten, die teilweise von weither gekommen waren und alles bestätigten, was er vorgebracht hatte.
    Da Saint-Georges nichts mehr zu verlieren hatte, schob er - als man ihn endlich zu Wort kommen ließ - nun seinerseits Abbéville alle Schuld zu, erzählte von seinem Befehl, die Albigenser zu verhaften, verwies auf den unschuldig inhaftierten und inzwischen verstorbenen Calveries und versuchte Bruder Henricus als den hinzustellen, der er gewesen war. Doch Abbéville hatte nichts Eiligeres zu tun, als weitere Zeugnisse gegen ihn herbeizuschaffen.
    Die Reformatoren ließen nicht erkennen, auf welcher Seite sie standen. Sie besahen sich gründlich alle Unterlagen, gaben sie auch dem Seneschall zum Studieren und anschließend Elias Patrice. Gewissenhaft überprüfte der alte Senator mit Hilfe seines Lesesteines die Pergamente, beim letzten jedoch sprang er auf.
    „Ehrenwerte Herren“, stieß er aufgeregt hervor, wobei auf seinen runzligen Wangen zahlreiche rote Flecken erschienen. „Ich gebe zu, seinerzeit einen Friedensvertrag dieser Art unterzeichnet zu haben. Es war ein ähnlicher Vertrag wie dieser“ - er wedelte mit dem Blatt, damit es auch jeder sehen konnte -, „doch ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass dies hier eine Fälschung ist, wenngleich sich meine Unterschrift und mein Siegel darauf befinden. Niemals hätte ich eingestanden, dass die gesamte Bürgerschaft Carcassonnes offenkundigen Ketzern Hilfe geleistet habe. Das ist eine dreiste, ja eine dreckige Lüge.“ Patrice schnappte nach

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