Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
die Ohren geweht hatte, heulte und pfiff um das alleinstehende Haus und riss die klapprige Tür beinahe aus den Angeln, als sie eintraten.
Drinnen brannte ein gemütliches Feuer. Der Wirt allerdings gefiel Aimeric ganz und gar nicht. Er schien ebenso schmierig zu sein wie die beiden Tische, die in der Schänke standen. Auch Bruder Balbino hatte beim Hereinkommen kurz gezögert und Aimeric einen zweifelnden Blick zugeworfen. Doch die anderen Gefährten waren müde und froh, überhaupt einen Unterschlupf gefunden zu haben. Sie hatten schon begonnen, die Pferde abzureiben und mit Heu zu versorgen, so dass Aimeric und der Franziskaner kurz entschlossen die Bündel hereinschleppten und sich erschöpft auf einer wackligen Bank niederließen. Der Hirsebrei, den ihnen der Alte vorsetzte, war sauer, und aus dem Schinken krochen bereits Würmer. Auch der Wein war nahezu ungenießbar. Aimeric schimpfte laut und verlangte für alle Brot und frisches Brunnenwasser, das ihnen der Wirt nach kurzer Zeit unwillig brachte.
Schon bald zogen sich die Gefährten in die Kammer zurück, wenn man den schäbigen Verschlag im Dachstuhl des Hauses, in dem es durch alle Ritzen zog, überhaupt so bezeichnen konnte. Es roch nach Mäusedreck und Schlimmerem, doch glücklicherweise waren die Männer hundemüde, so dass sie sogleich einschliefen.
Mitten in der Nacht jedoch schreckte Aimeric jäh aus dem Schlaf. Was war das? Hatte er tatsächlich Stimmen gehört? Vorsichtig stand er auf, um die anderen nicht zu wecken, und trat ans Fenster. Dort schob er langsam den Laden zurück, um auf den Hof hinaussehen zu können. Er erschrak nicht schlecht, als er im Mondlicht eine schemenhafte Gestalt im Ordenskleid bemerkte, die offensichtlich genau jenes Fenster beobachtete, aus dem er gerade lugte. Rasch trat er zurück und rüttelte Bruder Balbino wach.
„Wacht auf, irgend etwas ist hier im Gange! Ein Dominikaner steht unten im Hof!“
„Wie ..., was ...“, sagte der Franziskaner schlaftrunken, und auch die anderen hoben unwillig die Köpfe.
Da wurde auch schon die Tür zur Kammer aufgerissen. Vier oder fünf vermummte Gestalten stürmten herein. Aimeric stieß einen Schrei aus, der einem das Blut in den Adern hätte gefrieren lassen können, und machte zugleich einen Satz zur Seite, um an sein Schwert zu kommen. Aber noch bevor er sich wehren konnte, umfassten ihn zwei starke Arme, und er spürte ein scharfes Messer an seiner Kehle. Bruder Balbino brachte das Kunststück fertig, sich den schon zupackenden Händen eines weiteren Räubers zu entziehen und sich zur Seite zu wälzen. Blitzschnell und ohne Rücksicht kroch der Mönch über seine Brüder und das stinkende Stroh hinweg in die hinterste Ecke des Verschlages, wo die Bündel mit dem Hab und Gut der Reisenden lagen. Aimerics Diener hatte inzwischen sein Schwert blank gezogen und fuchtelte brüllend damit herum, und die anderen wehrten sich ebenfalls heftig. Doch es war zu dunkel und zu eng im Raum, um Freund und Feind unterscheiden zu können.
Als Aimeric spürte, wie das Messer seine Kehle aufschnitt, trat er demjenigen, der ihn noch immer eisern umklammert hielt, mit äußerster Kraftanstrengung gegen das Schienbein. Der Mann jaulte auf. Doch es war zu spät, der Tod hatte bereits seine Sichel gewetzt. Die böse Prophezeiung, die ihm das Bibelstechen am Silvestertag bescherte, ward erfüllt, konnte Aimeric noch denken. Ein höllisches Brennen nahm ihm den Atem, und warmes Blut floss seinen Hals hinab. Bevor ihn unendliche Dunkelheit umfing, hörte er noch, wie Balbino jämmerlich um Gnade rief und das höhnische Lachen der Räuber.
Es war ein seltsamer Zug, der um die mittägliche Stunde zum Berardturm wanderte. Rixende in Begleitung eines aufgeregt hüpfenden Paco, Aucassinne, der stolz das Pferd führte, das einen Karren mit einem schweren Transportkorb zog, auf den man obendrein alte Stoffballen und einen Stuhl gebunden hatte. Allen voran – hoch erhobenen Hauptes, eine blaue Samtkappe auf dem Silberhaar und einen Knotenstock in der Rechten - Castel Fabri, dem Rixende endlich alles gebeichtet hatte.
Am späten Morgen hatte ihr Délicieux die Antwort auf ihre Warnung zukommen lassen.
„Geehrte Frau“, hatte er geschrieben. „Der vereinbarte Zeitpunkt ist dennoch günstig, denn der eine ist noch in der Nacht nach T. und der andere soeben nach A. geritten.“
Die beiden eingeweihten Novizen waren bereits am Werk. Sie hatten lange Leitern mitgebracht, so dass ein leichterer Ab-
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