Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
hätte man gehört, und dass Franziskaner auf einer Romreise überfallen werden, ist schwer vorstellbar. Ich will noch heute bei Abbéville vorsprechen und ihn nach Bruder Albert befragen, der zur gleichen Zeit in seinem Auftrag in Rom war. Vielleicht hat er etwas gehört. Wenn nicht, dann müssen wir Leute losschicken, die nach ihnen suchen.“
Doch Abbéville verweigerte Délicieux die Befragung seines Gesandten. Er schickte ihm lediglich einen Novizen ins Kloster, der ihm folgende Nachricht übermittelte:
„Die Reise Eurer Mönche stand von Anfang an unter ungünstigen Auspizien. Denn wer es vorzieht, sich mit Aimeric Fabri zu verbünden, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Inquisition zu diskriminieren und beim Heiligen Vater in ein schlechtes Licht zu setzen, über dessen Tun kann kein Segen liegen. Sagt dem Vater dieses unseligen Mannes, wenn er erfahren möchte, was Bonifatius seinem Sohn mit auf dem Weg gegeben hat, so solle er am Sonntag Quasimodogeniti die Messe besuchen.“
Fabri war aufgebracht. „So ein Himmelhund!“ entfuhr es ihm, gleich darauf presste er seine Rechte auf sein Herz, und der Schweiß rann ihm die Stirn hinab.
„Vater, Ihr dürft Euch nicht so aufregen, ich bitte Euch sehr!“ sagte Rixende. „Ich will morgen selbst bei Abbéville vorsprechen.“
„Gut, wir wollen nicht säumen“, meinte Fabri. „Zu langes Aufschieben schadet sowohl der Saat als auch der Ernte. Versucht also Euer Glück, Rixende. Und Ihr, Pater Bernhard, stellt augenblicklich Leute zusammen, um sie zu suchen. Wir warten nicht länger.“ Castel Fabri öffnete eine Truhe und entnahm ihr mehrere Beutel mit Geld.
„Hier, Pater, das wird genügen! Elias Patrice hat mir übrigens seine Unterstützung zugesagt.“
„So soll es geschehen. Pax vobiscum “, sagte Délicieux und machte sich auf den Weg.
Am nächsten Tag zog Rixende ihr bestes Gewand an und machte sich auf den Weg zum Turm der Justiz. Sie hatte nicht vor, den schrecklichen Abbéville um ein Gespräch zu bitten, nein, sie bat den Soldaten, der das schmale, eisenbeschlagene Tor bewachte und sie durch ein winziges vergittertes Fenster neugierig musterte, um eine Unterredung mit seinem Stellvertreter. Der Wachhabende schickte sie weiter zum Inquisitionsturm, wo Saint-Georges sofort aufsprang, als man ihm die ungewöhnliche Bitte überbrachte. Er spürte, wie sein Hals eng wurde.
„Die ehrenwerte Frau Rixende Fabri?“
Der Soldat nickte, und seine Neugierde wuchs ins unendliche, als er bemerkte, wie sehr der Inquisitor um Fassung rang. „Soll ich sie wieder wegschicken oder in den Befragungsraum bringen?“
„Ja ... Nein, warte. Führ die Dame lieber nicht dort hinein, Bursche. Die Folterwerkzeuge! Das ist nichts für weibliche Augen. Geleite sie in die kleine Schreibstube neben der Wendeltreppe.“
Der Wachhabende stieg wieder hinab, die Dame zu holen, während der Inquisitor rasch sein Skapulier über die weiße Kutte zog und sich ein ums andere Mal fragte, was Rixende von ihm wollte. Natürlich drängte es ihn, mit dieser Frau zu sprechen. Dennoch beschloss er, sie ein wenig warten lassen, damit sie sähe, wie beschäftigt er wäre, wie ernst er seine Arbeit nähme.
Auch Rixende war innerlich aufgewühlt. Da war die schreckliche Angst um Aimeric, die Ungewissheit und Spannung, unter der sie und Fabri seit einiger Zeit standen, und da war dieser ungewöhnliche Mann – ihr Feind -, der ihr trotz aller Sorgen und Mengardes Ermahnung öfter in den Sinn kam, als ihr lieb war. Gar oft schalt sie sich eine Närrin, wenn sie wieder einmal den Teppich mit dem Einhorn aus der Truhe gezerrt hatte, um ihn zu betrachten.
Rixende atmete schwer. Sie setzte sich auf die schmale steinerne Bank, die sich in der Fensternische der Schreibstube befand, und wartete. Beim Umschauen dachte sie bei sich, dass sie wohl zu den wenigen Frauen zählte, die jemals den Turm der Inquisition betreten hatten, ohne ins Loch zu wandern. Voller Respekt hatte sie bereits beim Hereinkommen den riesigen Kamin betrachtet, in dem sicherlich die Marterwerkzeuge erhitzt wurden - und eine eingeritzte Zeichnung in der Mauer vor der Wendeltreppe: Eine nackte Frau mit rücklings gefesselten Händen, die vor einem Pfahl stand – vor ihr ein Mann mit erhobenem Stock, um sie zu schlagen. Wie schrecklich!
Es dauerte einige Zeit, bis die Tür aufging. Saint-Georges schritt auf Rixende zu und verbeugte sich.
„Ich freue mich, Euch zu sehen, Frau Fabri! Was führt Euch
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