Riyala - Tochter der Edelsteinwelt 2: Der dunkel glitzernde Weg: Fantasy (German Edition)
hochkroch.
Das bedauernswerte Mischwesen starrte der Besucherin halb ängstlich, halb hoffnungsvoll entgegen. Riyala überwand ihren Schrecken, ihr heftiges Grauen, und trat langsam näher.
„Ich weiß, wer du bist!“, stöhnte die Unglückliche da. „Dein Name ist Riyala Falken ... wisse, ich bin bereits ein Teil von IHR, und so kenne ich IHRE Gedanken. Ich bin Lhim von den Uzurken ...“
Sie verstummte, rang nach Atem und krächzte dann: „Höre, du darfst nicht zulassen, dass SIE dich bekommt!“
„Aber ich bin aus freiem Willen bei der Halbgöttin!“, sagte Riyala und blieb stehen. „Weshalb bist du hier eingekerkert, Lhim? Was hast du getan? Es muss einen Grund dafür geben!“
Lhim schüttelte ihren rein schwarzen Haarschopf, der sich seltsam von dem weißen Pelz am Hals abhob, und in ihre dunklen Mandelaugen kam ein wilder Ausdruck.
„Ich versuchte mich gegen die Verwandlung zu wehren – DAS habe ich getan! Am Anfang glaubte ich es zu wollen, so wie du, doch dann sah ich IHR wahres Gesicht – durch einen Zufall oder ein falsches Wort von ihr, ich weiß es nicht mehr genau. Und nun bin ich verdammt zu endlosem Leiden … SIE straft mich, indem sie mich in diesem unseligen Zustand lässt, bis ich mich ihr unterwerfe … wisse, ich bin schon seit mehr als fünfzig Jahren hier gefangen, Riyala Falken ...“
Bei den letzten Worten brach Lhims Stimme, und sie schluchzte auf.
Fünfzig Jahre!? Das war – unmöglich, unfassbar!
Nach einem Augenblick völliger Lähmung schrie Riyala: „Das kann doch nicht sein!“ Sie wollte etwas so Ungeheuerliches nicht glauben. Und konnte doch nicht verleugnen, was sie vor sich sah.
„Es ist so. Seit fünfzig Jahren versucht SIE meinen Widerstand zu brechen. Und sie ist dabei überaus einfallsreich … Flieh, Riyala, dir kann es gelingen! Ich sehe, du besitzt einen Stein der Macht ...“
Riyala starrte kurz auf Chrysopal in ihrer Hand. War wirklich alles Lug und Trug gewesen, waren Auls Absichten böse und grausam? Aber was steckte dahinter?
„Sie will deine Seele – du bist für sie sehr wertvoll, denn du bist etwas Besonderes“, erklärte Lhim, ganz so, als habe sie die Frage in Riyalas zusammengekniffenen Augen gelesen. „Du bist eine Heilsbringerin. Ergreife die Flucht, so lange du noch kannst ...!“
Stille breitete sich in der trostlosen Zelle aus.
„Nein, ich werde nicht fliehen!“, stieß Riyala dann verbissen hervor. „Ich gehe hinauf und stelle Aul zur Rede. Komm mit mir, Lhim ... du sollst hier nicht länger schmachten.“
Aber das halb verwandelte Mädchen drückte sich voller Furcht in ihre Ecke. „Nein! Du weißt nicht, wozu SIE fähig ist! IHRE Rache ist furchtbar! Sie wird schon jetzt ahnen, was du vorhast ... und mich würde sie töten, wenn ich es wagte ...“
„Nun, dann bleibe hier“, sagte Riyala kurz und eilte davon. Die Kerkertür ließ sie jedoch offen – so hatte Lhim die Möglichkeit, ihr doch noch zu folgen. Flüchtig dachte sie, dass sie vielleicht mit mehr Nachdruck hätte versuchen sollen, das Wolfsmädchen zu überreden, denn wären sie gemeinsam nicht viel stärker? Trotz augenblicklicher Furcht, die sie gewiss überwinden würde, wäre Lhim eine gute Gefährtin – sie musste große innere Kraft besitzen, wenn sie der Halbgöttin über eine so lange Zeitspanne hinweg hatte Widerstand leisten können!
Aber Wut und Ungeduld trugen Riyala, einem Windstoß gleich, mit sich fort.
Als sie forteilte, merkte sie kaum, dass Chrysopal in ihre andere Hand übergewechselt war. Sie schenkte dem keine Beachtung.
*
Lhim von den Uzurken behielt Recht: In der Tat erwartete die Halbgöttin ihre Auserwählte mit wissendem Blick im Thronsaal.
„Es ist soweit“, sagte sie sanft, „aber dich plagen jetzt Zweifel, wie ich sehe.“
Im ersten Moment war Riyala sprachlos.
„Zweifel?“, schrie sie dann zornig auf. „Es ist wohl etwas mehr als das! Soeben erfuhr ich, was du wirklich vorhast, oh Halbgöttin der Lügen und der abgrundtiefen Bosheit! Meine Seele willst du mir rauben!“
„Glaubst du das wirklich?“ Auls Stimme blieb weiterhin freundlich, und kein falscher Ton schwang in ihr mit. Und sie hatte recht. Nein, in Wirklichkeit
wollte
Riyala das Entsetzliche nicht glauben.
Sie schwieg und konnte nicht anders, als in die Augen der hellfarbigen Halbgöttin zu sehen, Augen, die den Glanz des Meeres bei Sonnenschein besaßen. Und Auls übermenschlicher Zauber hüllte sie wieder ein – Riyala war noch immer gefangen
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