Riyala - Tochter der Edelsteinwelt 2: Der dunkel glitzernde Weg: Fantasy (German Edition)
Traum? Die Qual war unbeschreiblich ...
Endlich gelang es ihr, auch dieses Grauen abzuschütteln. Ihre träumende Seele streifte nun durch andere, lichtere Gefilde ... und dann begegnete sie wieder jemandem ... doch die Gestalt blieb vorerst ein schwacher Schemen, der nebelhaft verschwamm: War es ein Mann oder eine Frau? Riyala wusste es nicht zu sagen; offenbar war ihre Seele noch nicht bereit, diesem
neuen Menschen
gegenüber zu treten.
Und dann versank alles in geheimnisvollen warmen Schatten – ja, sie strahlten tatsächlich Wärme aus, es war eine Ahnung jenes Landes, das
Der Magische Schatten
hieß! – und nur vereinzeltes Funkeln und Blitzen wies auf das Dasein des Urmuttersteins hin, jenes Ersten Kristalls, von dem alle anderen abstammten. Genau das war es, was ihr am lebhaftesten in Erinnerung blieb ... alle übrigen Traumbilder verblassten ... auch jenes, das ihr einen neuen Menschen gezeigt hatte.
Alles wurde verdrängt durch die überwältigenden Eindrücke, die auf sie einströmten, als sie die Augen öffnete.
Eine vollkommen verwandelte Umgebung bot sich ihren Blicken dar.
Sie lag an einem hellgoldenen Sandstrand an den Gestaden des Unendlichen Meeres. Ihre wirren Träume sanken vollends in die Tiefen ihres Geistes zurück.
Das Meer sah aus wie ein riesiges und leicht zerknittertes blaues Seidentuch, das in sagenhafter Schönheit schimmerte. – Kleine Wellen leckten an Riyalas nackten Füßen; sie musste inmitten jenes Wirbelsturms ihre Stiefel verloren haben.
Doch Chrysopal war noch immer in ihrer linken Hand.
Riyala lachte leise und hielt dann Ausschau nach Hoky. Er lag etwa zehn Schritt von ihr entfernt auf dem Rücken, und sein Brustkorb hob und senkte sich in regelmäßigen Abständen. Seine Augen waren geschlossen.
So gab sich Riyala eine ganze Weile der Betrachtung des Meeres hin und dachte bei sich, dass Hoky recht gehabt hatte ... ihr wurde dabei ruhig und friedlich ums Herz. Es war ein warmer, sonniger Tag, der allmählich in Abendstimmung überging.
Schließlich kam auch der Zwerg wieder zu sich. Er sprang auf und erstarrte.
„Träume ich immer noch?“, stieß er hervor. „Wie ... wie sind wir hierhergelangt? Ans Meer ... ja, bei allen Seeschlangen und göttlichen Mächten, wir sind am Meer!“ Sein letzter Satz wurde zu einem Jubelschrei. Er sah zu Riyala hinüber, lief zu ihr und umarmte sie ungestüm. Sie erkannte gerührt, dass seine nussfarbenen Augen feucht waren vor innerer Bewegung und vor Glück.
Dann trat er einen Schritt zurück und musterte die junge Frau mit den kupferfarbigen und silberblonden Zöpfen auf ganz neue, nämlich auf respektvolle Weise. Bislang hatte er ja trotz ihrer wachsenden Freundschaft keine allzu hohe Meinung von ihr gehabt.
„Deine Magie?“, fragte er endlich leise. „Aber wie ...?“
Sie lächelte geheimnisvoll.
„Das grenzt an ein Wunder“, sagte er endlich leise. „Du bist eine große Magierin, Riyala.“
Ja,
dachte Riyala,
das ist wohl wirklich so. Und ich denke, ich habe die zweite Prüfung bestanden. Nun steht nur noch eine dritte, letzte zwischen mir und dem Magischen Schatten. Nach dem, was mir mein Meister sagte, werde ich bald an das Ziel meiner Reise gelangen.
Eine Weile standen sie schweigend da und blickten auf die unendlichen Weiten der glitzernden See hinaus. Der frische Wind legte sich, bis er nur noch eine angenehm kühle, leise Brise war; das Meer lag nun glatt wie blaues Glas vor ihnen.
„Du hast mir meinen größten Wunsch erfüllt“, erklärte Hoky heiser. „Ich hoffe, dass auch du das findest, was du suchst. Denn ich sehe, dass du gleichfalls eine Suchende bist, Riyala ...“
Sie sah ihn an und erzählte ihm darauf zum ersten Mal vom Land des Magischen Schattens.
„Habe schon mal davon gehört“, sagte er und setzte zweifelnd hinzu: „Glaubte aber bislang immer, es existiert nur in Sagen und Legenden. Einen Rat kann ich dir aber geben: Versuche es an der nördlichen Küste – die Bewohner dort sind sehr religiös. Je weiter du nach Norden kommst, desto stärker wird die Gläubigkeit der Leute. Vielleicht können sie dir helfen und wissen etwas über eine solche geweihte Sphäre. – Hm, das heißt, mit mir zur See fahren wirst du also nicht, stimmt´s?“
„Es scheint nicht mein Weg zu sein, Hoky“, erwiderte sie zögernd. „Und was wirst du jetzt tun, mein Freund?“
Seine Augen leuchteten auf.
„Ich gehe nach Westen, zur großen Hafenstadt Zeka, und heuere dort auf dem nächsten
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