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Riyala - Tochter der Edelsteinwelt 3: Unter dem Eis funkelt die Nacht: Fantasy-Serial (German Edition)

Riyala - Tochter der Edelsteinwelt 3: Unter dem Eis funkelt die Nacht: Fantasy-Serial (German Edition)

Titel: Riyala - Tochter der Edelsteinwelt 3: Unter dem Eis funkelt die Nacht: Fantasy-Serial (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Ippensen
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gewachsenes, schlankes Mädchen von siebzehn Jahren. Sie war nicht hübsch, besaß aber eine Ausstrahlung, die über ihre Jahre hinaus wies. Schmale eisblaue Augen blickten ernst aus dem jungen, gleichwohl schon recht kantigen Gesicht, dessen herausragendstes Kennzeichen eine leicht gekrümmte Nase war. In ihr glattes, schulterlanges, violettbraunes Haar waren einige grüne Strähnen hineingefärbt.
    Ayrun bewegte sich fast bedächtig; jegliche Eile, jeder Übermut schienen ihr trotz ihrer Jugend fremd zu sein. Jedoch sah man ihren kräftigen, schön geformten Händen an, dass sie rasch zupacken konnten. Wie stets trug Ayrun ihren Jagdbogen über der Schulter und – verborgen unter dem Pelz, der ihr bis zu den Hüften reichte – ihren Hirschfänger.
    Ihre rechte Hand tastete nach ihrem Halsschmuck, einem Goldtropfen an einer schwarzen Lederschnur.
    „Mutter, ich gehe, sobald der neue Tag anbricht.“ Liebe und Ehrfurcht, die Ayrun für ihre Ziehmutter empfand, bestanden unverändert weiter, unbeeinflusst vom Tod, der als Erlöser zu der schwer leidenden Frau gekommen war.
    Als Ayrun aufblickte, sah sie einen schwarzen Vogel, den sie gut kannte. Er lebte schon so lange wie sie selbst in der Nähe der Hütte. Ayrun wartete, ob er sich auf ihren Kopf setzen und ihr das Haar zerzausen wollte, wie er es oft tat, doch das war offenbar nicht sein Anliegen. Vielmehr begann er, unregelmäßige Kreise über dem Hügel zu ziehen, und Ayrun beobachtete dies aufmerksam. Sie war damit vertraut, aus dem Vogelflug zu lesen. Jetzt schraubte sich der schwarze Vogel in einer scharfen Spirale immer höher und höher – eine Warnung! Gefahr drohte! Aber der tiefere Sinn dieses Zeichens blieb Ayrun dunkel.

    *

    Ein untersetzter, in dicke Fellgewänder eingemummter Mann näherte sich dem abgelegenen Platz der Hütte. Von weitem schon sah er das lodernde Feuer, und er stieß einen überraschten Laut aus. Es war die Hütte, die da niederbrannte. Ein Stück abseits brannte ein weiteres Feuer, kleiner, aber intensiv leuchtend.
    Mit weit aufgerissenem Mund schlich der Mann näher heran, versteckte sich hinter einem knorrigen Baum und spähte hinüber. Da hockte die junge Hexe, ließ seelenruhig die Flammen ihre Hütte verzehren, warf ab und zu etwas in das andere Feuer und sang. Ein Schauder der Furcht überfiel den Mann, und seine Furcht verstärkte sich noch, als er die wilden Tiere entdeckte, die sich im Halbkreis, in respektvoller Distanz zum Feuer, um das Mädchen versammelt hatten: Wölfe, Bären, Hirsche, Rehe, Gletscherbüffel, Bergfüchse und viele andere.
    Sie
war
eine Hexe. Jetzt war er sich dessen endgültig sicher. Gut, dass ihre Mutter tot war! Der Mann spürte fast etwas wie Irrsinn beim Betrachten all der Tiere. Jagdwild! Sein Magen wurde von einem Hungerkrampf geschüttelt. Jedoch wagte er kaum zu atmen, noch weniger, sich zu bewegen.

    Ayrun sang und beschwor das Feuer, sie vollführte das uralte Abschiedsritual zusammen mit den Tieren, die sie gerufen hatte. Ihre Hände hoben und senkten sich in eigenartigen Bewegungen. Sie streute Geist-Kräuter in die Flammen, worauf diese weiß aufblitzten. Sanfte, verhaltene Gebärden ihrer Arme und Hände riefen abschließend die Macht der eisstarrenden Natur an. Nur kurz darauf beendete Ayrun ihr Lied, das Feuer fiel plötzlich in sich zusammen – ohne mehr zu hinterlassen als eine Handvoll Asche und ein einziges verkohltes Stück Holz – und die junge Hexe wandte sich den Tieren zu.
    Den Atem mühsam zurückhaltend, sah der Mann hinter dem Baum, dass sie sich reglos in den Blick der Tiere zu versenken schien. Alsdann verließen Raubtiere wie Grasfresser in Frieden den Platz, zogen sich in den angrenzenden Wald zurück, und Ayrun stand auf.
    Sie fühlte die Anwesenheit des Beobachters. „Komm hinter dem Baum hervor!“, sagte sie ruhig.
    Hexe, verfluchte Hexe,
dachte er und tat es, Hass und Angst unterdrückend. „Heilerin, meine Frau ist krank“, begann er ohne Umschweife. „Bitte komm und hilf ihr.“ Er blieb zehn Schritt von ihr entfernt stehen.

    Sie kennen meinen Namen,
ging es Ayrun durch den Kopf.
Doch nie würde es ihnen einfallen, ihn auszusprechen.
Sie musterte den Mann genau. An die abergläubische Angst der Dörfler war sie gewöhnt. Sie sah auf ihre Hände herab, heilende Hände, die einiges bewirken konnten. Schweigend, mit den ihr eigenen bedachtsamen Bewegungen, zog sie ihre Handschuhe an, nahm dann den Rucksack auf, rückte den Bogen zurecht, während der

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