Riyala - Tochter der Edelsteinwelt 3: Unter dem Eis funkelt die Nacht: Fantasy-Serial (German Edition)
Nohtal.
Vor dem sie damals, in den Namenlosen Sümpfen, davongelaufen war, dem sie sich nicht gestellt hatte, der sie hatte entführen lassen von den primitiven Schlammlingen, so dass sie durch Hoky hatte gerettet werden müssen ... und als sie und der Zwerg in der Falle saßen, hatte sie Magie angewandt, um zu entkommen – und Riyala hatte geglaubt, dadurch die zweite Prüfung bestanden zu haben ...
Aber wenn sie ganz ehrlich war – das wurde ihr eben jetzt schreckhaft bewusst – so war stets ein feiner Stachel geblieben in ihrer Erinnerung an die Sümpfe; so ganz wohl gefühlt hatte sie sich nicht.
Und genau das gleiche galt auch für mehrere andere Erlebnisse und Begegnungen, die ihr widerfahren waren auf ihrer Suche – Riyalas Erleichterung, bis hierher gekommen zu sein, schwand zusehends dahin, und sie stand klein und verunsichert vor Nohtal, dessen böses Lächeln allmählich einer ausdruckslosen Miene wich.
„Wer … wer bist du wirklich?“, flüsterte Riyala.
„Du wagst es, unseren Herrn so respektlos anzureden …?“, brüllte Maruc und wollte sie schlagen. Er wurde von Noh-Tal/Al-Thon mit einem Blick daran gehindert.
„Du hast ganz recht, Riyala Falkenklaue – mir auszuweichen, ist dein schlimmstes Versagen gewesen“, sagte der unheimliche Mann, der ohne Zweifel gar kein Mann war, ohne ihr direkt zu antworten.
Ein scharfer Schmerz durchzuckte Riyalas Kopf, als sollte ihr Gehirn in zwei Hälften gespalten werden, und sie stöhnte auf … sah jedoch auf einmal wieder das schreckliche Bild aus ihrer magischen Vision, damals, als sie mit Hoky …
Sie sah Nohtal dicht neben Sandirilia, dem Gauklermädchen, wie beide giftig triumphierend lachten …
„Oh ja“, erwiderte Nohtal grimmig, „auch dies ist wahr. Ich bin deine Nemesis, bin Sandirilias Rächerin; du irrst, wenn du sie noch immer für ein einfaches Gauklermädchen hältst.“
Oh nein, er las ihre Gedanken, pflückte die Bilder aus ihrem Geist!
Riyala fühlte sich auf einmal wie nackt. Doch als Sandirilias Name fiel, empfand sie noch etwas anderes: den Wunsch, auch diese fast unerträgliche Wendung der Dinge, ihres Schicksals auszuhalten und weiterzukämpfen.
„Hast du diesen Wunsch, ja?“, sagte der gedankenlesende Nohtal. „Dann will ich sehen, wie ernst es dir damit ist. Komm mit ins Freie. Ihr anderen bleibt hier, es sei denn, ich rufe euch.“
Draußen vor der Taverne fiel die Kälte Riyala an wie ein lebendiges, zorniges Tier, dunkelgrauer Nebel breitete sich aus und verschluckte alles an Landschaftsumrissen, so dass eine schreckliche Orientierungslosigkeit von Riyala Besitz ergriff. Der einzige feste Punkt in dieser Zwielichtsphäre war ihr Feind.
In dem Versuch, stolz zu sein, hob sie ihr Kinn, doch sie merkte, dass sie an allen Gliedern zitterte. Nicht vor Kälte.
Der unheimliche Al-Thon, der Ewige Kämpfer, wie seine Anhänger ihn nannten, war jetzt in knochenbleiche Roben gekleidet.
„Du hast deine magischen Steine nicht mehr“, stellte Nohtal höhnisch fest, „keinen einzigen. Und damit auch keine Verbindung zu dem alten Mann, der dein Lehrer war. Neue Freunde? Besitzt du auch nicht. Ich sehe niemanden, der nach dir fragt oder dein Fürsprecher ist oder an deine Seite tritt.“
Jedes seiner Worte brannte sich wie Gift in Riyalas Inneres. Wie unendlich töricht, wie – ja, auch wie oberflächlich war sie geblieben um zu glauben, sie hätte jetzt schon ihr Ziel erreichen können?
Nohtal hatte recht. Und auch wenn das, was er sagte, weh tat, es war die Wahrheit, und damit stand er beinahe auf einer Stufe mit dem Edelstein-Magister, schien ihr nicht länger ein Feind zu sein.
Obwohl kein Zweifel daran bestehen konnte, auf wessen Wunsch oder in wessen Auftrag er hier war …
Nohtal hob eine Hand. „Es spielt im Augenblick keine Rolle, dass ich Sandirilias Rächer bin. Und merke dir eins, Riyala Falkenklaue: Dein größter Feind ist zugleich auch dein bester Freund.“
Riyala schluckte trocken und bemühte sich, einen klaren Gedanken zu fassen, in sich hineinzulauschen, sich zu wappnen für all das, was noch kommen sollte …
„Wer also bist du, frage ich dich“, fuhr Nohtal, nun wieder mit ruhiger, gleichmütiger Stimme fort. „Ich sehe nur, was du nicht bist. Keine Edelsteinheilerin, keine Prinzessin von Co-Lha, keine Auserwählte einer Halbgöttin, ja, noch nicht einmal ein vollkommener Falke oder eine, die wechseln kann zwischen den Gestalten und Welten – nein, du trägst nur ein Stück des
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