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Road of no Return

Road of no Return

Titel: Road of no Return Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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zugeben will, dass es sie selbst aufregt. Und sie will nicht, dass deine Mum denkt, sie würde sich über Allie aufregen, weil sie meint, dass das deine Mum aufregen würde, klar?«
    Irgendwie schon. »Deine Mum, sie ist sehr …«

    »Ja«, stimmte Orla mir zu. »Ist sie.«
    Ich warf einen weiteren Zweig in den Bach. Diesen zog die Strömung in den Tunnel hinein.
    »Dein Kumpel, dieser Shuggie …«
    »Das ist nicht mein Kumpel«, knurrte ich. »Der ist eine Klette, die ich nicht loswerde.«
    »Natürlich ist er dein Kumpel. Du hast ihm das Leben gerettet und jetzt bist du für ihn verantwortlich. Du bist es ihm schuldig, dich um ihn zu kümmern.«
    »Ach ja?«
    »Ja«, äffte sie mich nach. »Das ist in vielen Kulturen so Tradition.«
    Wie elegant sie herablassend sein konnte. Sie sprach »Kultur« aus, als würde sie versuchen, mir eine fremde Sprache beizubringen.
    Ich dachte einen Augenblick darüber nach. »Ich habe ihm zwar nicht wirklich das Leben gerettet oder so, aber ich hätte schon gedacht, dass es dann andersrum ist.«
    »Tja, ist es aber nicht.«
    »Nun, ist das Leben nicht sonderbar?«
    »Was du nicht sagst.«
    Einen Augenblick lang glaubte ich, dass sich Orla Mahon über mich lustig machen wollte, doch das machte mich unsinnigerweise wahnsinnig glücklich.
    »Also Shuggie hat mir einiges über dich erzählt«, erklärte sie.
    Ach tatsächlich? »Was denn?«
    »Er sagt, du willst mich unbedingt poppen.«
    Ich warf einen Blick auf die Uhr. Es war jetzt zwanzig nach eins. Es war noch genügend Zeit. Um viertel vor zwei konnte
er tot sein und ich konnte immer noch rechtzeitig meinen Aufsatz über Den Report der Magd abgeben.
    »Das kommt natürlich nicht infrage.« Orla betrachtete ihren glänzenden schwarzen Fingernagel und glättete ein Hautfetzchen. »Aber wir könnten ja mal ausgehen.«
    »Ja?« Wer sagt, dass ich das will, lag mir auf der Zunge, aber glücklicherweise war ich nicht so blöd, das auch zu sagen. »Möchtest du vielleicht ins Kino?«
    »Nein«, erwiderte sie.
    »Oh. Na gut.«
    »Wir treffen uns morgen Abend bei Beppe, dann kannst du mir einen Kaffee ausgeben.«
    Mist. Das hieß, dass ich intelligente Konversation betreiben musste. Was war denn verdammt noch mal so schlimm an einem Film? Doch ich schluckte meine Bedenken hinunter und stimmte zu. »Okay.«
    Sie stand auf, klemmte sich Ian McEwan unter die Achsel (der Glückliche!) und sah mich finster an. »Um sieben Uhr. Und komm nicht zu spät!«
    Bestimmt nicht, wollte ich schreien. »Klar.«
    Ich ließ ihr zwei Minuten Vorsprung, in denen ich am Bach wie ein Idiot auf den Fersen wippte und leise vor mich hin kicherte. Als ich ihr schließlich die Böschung hinauf folgte, sah ich zum Zaun hinüber, durch den mich bebrillte Augen ansahen. In Shuggies Armen klemmte ein Physikbuch und sein Gesichtsausdruck war wissenschaftlich interessiert, als ob er gerade ein paar gefährliche Chemikalien zusammengemixt hätte und darauf wartete, dass das Reagenzglas explodierte.

Damals

7
    Allie hatte nie diese merkwürdige übersinnliche Art verloren, die sie als Baby an den Tag gelegt hatte, diese eigenartige Unabhängigkeit von der Wirklichkeit. Mir war klar, dass sie trotz ihrer Verbindungen zur Unterwelt (mir) ein Opfer für Mobbing werden würde, und sobald sie auf die Craigmyle High ging, nahm ich mir vor, auf sie aufzupassen.
    Es läuft nie so, wie man will. Ich hatte meine eigenen Prioritäten und vor allem Kevs Prioritäten und außerdem konnte ich meiner kleinen Schwester schlecht auf dem Spielplatz hinterherschleichen. Ich tröstete mich mit dem Wissen, dass sogar Allie die wichtigste Lektion des Lebens irgendwann lernen musste: Man muss auf sich selbst aufpassen.
    Außerdem wollte sie sowieso nicht, dass ich das tat. Ich war nicht länger ihr großer Bruder und Schutzengel, der ihr Marvel-Comics lieh, die gruseligen Traumfänger entsorgte, die Mum in Allies Schlafzimmer aufhängte, und im Garten einen Hindernisparcours für das Schauspringen nicht existenter Ponys aufbaute. Der Schock musste diesen Bruder getötet haben, aber das war in Ordnung, denn er hatte sowieso nur in ihrem Kopf existiert.
    Meine Eltern hatten sich natürlich über mich beklagt, aber
Allie hatte keine Ahnung gehabt. Ich hatte ein Doppelleben geführt, ohne es zu merken – und ohne zu wissen, wie viel mir Allies Bewunderung bedeutete. Ich kam erst sehr spät von meinen Freunden nach Hause, aber nie betrunken oder nach Alkohol stinkend. Dafür war Dad schließlich

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