Road of no Return
an einem öffentlichen Ort befanden.
Ich ließ den Inhalt meiner Hand wieder auf den Boden fallen, richtete mich auf, streckte mich träge und ziemlich offensichtlich und legte meinen Arm um Orlas Schultern. Ich spannte in Erwartung einer Ohrfeige meinen Kiefer an und meine Eier schrumpften ein wenig zusammen.
Aber sie schlug weder sie noch mich. Stattdessen lehnte sie sich an mich, und ich seufzte insgeheim erleichtert auf, während mir das Herz bis zum Hals schlug. Dadurch fiel mir das Atmen schwer, aber ich schaffte es irgendwie, obwohl ihre Hand jetzt auf der Innenseite meines Oberschenkels lag.
Ich versuchte nicht daran zu denken, wo ihre Hand lag,
und sah stattdessen auf die Leinwand. Ich fragte mich, was diese Leute da taten und von was sie redeten und warum sie herumrannten wie die Irren und warum ich in der ersten halben Stunde kein bisschen aufgepasst hatte.
Nein, das Letzte wusste ich schon.
»Wer ist das?«, flüsterte ich Orla zu und nickte zu dem Gesicht hin, das gerade die Leinwand füllte.
Sie sah mich ungläubig an. »Matt Damon.«
»Nein, ich meine, wer ist er?«
»Hast du denn gar nicht hingesehen?«
Ich setzte mein verlegenstes Lächeln auf und sie schnaubte lachend. Mir gefiel, wie sich dabei ihr ganzes Gesicht zerknitterte.
Die Frau vor mir hob die Schultern und seufzte übertrieben laut. Ich betrachtete einen adretten Kragen einer Wolljacke, eine festgesprühte Frisur und eine Perlenkette. Ich fragte mich, ob ich sie mit den Perlen erwürgen konnte. Als ich schon mal versuchsweise die Handbewegungen dazu übte und das Gesicht zu einer irren Fratze verzog, stieß mir Orla den Ellbogen in die Rippen.
»Nick!«, flüsterte sie und sah mich warnend an.
»Na ja, aber …«
Die Geduld der eleganten Dame musste bis über ihre Grenzen hinaus strapaziert worden sein, denn sie drehte sich um und warf mir den Blick eines Profikillers zu. In den Ohren hatte sie auch Perlen, sie sah aus wie die Queen oder so.
»Verzeihung.« Klar und artikuliert erklang ihre Stimme. »Aber ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar, wenn Sie beide ruhig sein könnten!«
»Sorry«, stieß Orla erstickt hervor. Dann ergriff sie meine Hand und zerrte mich vom Sitz hoch. Er schnellte knallend hoch, unsere Füße knirschten über Popcorn, und ich stieß mir an jedem Sitz in unserer Reihe die Oberschenkel an, als sie mich mitzog. Auf einmal tat es mir wegen des Lärms unendlich leid, aber zumindest gingen wir jetzt. Ja, ganz offensichtlich taten wir das. Orla zerrte mich ins Foyer wie eine wild gewordene Höhlenbewohnerin. Wäre mein Haar lang genug gewesen, hätte sie mich bestimmt daran hinausgeschleift. Mir gefiel ihre Grobheit. Im Foyer stieß sie mich gegen einen Colaautomaten.
»Nie wieder gehe ich mit dir ins Kino«, fauchte sie mich an. »Nie wieder!«
»Oh«, machte ich lahm.
»Ich hasse es, wenn Leute während des Films reden!«
Sie musste ziemlich wütend auf mich sein, denn sie presste ihren Körper ganz dicht an meinen. Es ließ meine Knochen zu Porridge werden und hielt mich doch gleichzeitig aufrecht. Ich konnte nicht anders, ich musste sie anlächeln.
»Trotzdem mag ich dich«, fügte sie schließlich hinzu. »Hol mir einen Kaffee.«
Das war keine Bitte, es war ein Befehl. Ich nahm keine Befehle entgegen.
»Du kannst mich …«
Ihr Mund verschloss mir die Lippen, und ich vergaß, was ich hatte sagen wollen. Ich hatte gar nicht gewusst, wie sehr ich Popcorn mochte. Ich nahm ihr Gesicht in die Hände und hielt sie fest, damit ich es noch besser schmecken konnte. Salziges Popcorn, das beste. Salziges Popcorn mit Lipgloss.
Die Frau am Kartenschalter räusperte sich, aber ich hatte keine Lust, meine Zunge aus Orlas Mund zu nehmen, wo sie Bekanntschaft mit der ihren schloss. Ich wollte ihren Kopf nicht loslassen, weil meine Daumen die Umrisse und Wölbungen ihrer Ohren streichelten und damit noch nicht ganz fertig waren. Oben auf jedem Ohr war eine kleine Falte, die mich faszinierte. Die Kartenfrau räusperte sich erneut heftig und warf uns einen bösen Blick zu. Seufzend ließ ich Orla los. Das Seufzen kam ziemlich heftig hervor, weil ich zum ersten Mal seit längerer Zeit atmete.
»Hast du aufgehört zu rauchen?«, fragte ich sie.
»Ich versuche es.«
»Schön«, fand ich und leckte mir über die Lippen.
Orla warf der Kartenfrau einen messerscharfen Blick zu. »Räuspern ist passiv-aggressives Verhalten. Da hat mir ja die Perlenkönigin besser gefallen.«
Ich nickte dümmlich grinsend. Ich
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