ROAD TRIP // Die erfolgloseste Band der Welt geht auf Tour (German Edition)
gar nicht so schlimm aus. Es ist sogar ein bisschen
größer, als der Laden, den ich in meiner Phantasie immer bespiele.
Gegenüber vom Eingangsbereich steht die niedrige Bühne, auf der
schon ein Schlagzeug und sogar eine Bass- und Gitarrenbox so wie
zwei Mikrofone stehen. Rechts von mir sehe ich eine Theke, dahinter
scheint so etwas wie eine Küche zu sein. Gar nicht schlecht eigentlich.
Aus der Küche kommt ein dicker Typ mit zusammengebundenen,
braunen Haaren und ungepflegtem, vom Zigarettenrauch verfärbten
Vollbart:
„Was seid denn ihr für Vögel?!“
„Hm?“
„Na was macht ihr hier?!“
Er beißt in ein Brötchen mit Salami, das er mit beiden Händen
umklammert hält. Der Typ ist wohl so um die 30, ein Slayer-T-Shirt
spannt sich um seinen Bauch.
„Wir... Wir sind die Band! Also die Vorband! Also... die Vorvorband. Also
die Band vor der Vor...“, stottert Alex unsicher.
„Wasn für ne Vorvorband?!“ „Na halt die erste Band!“
„Weiß ich nichts von.“
„Ich hab mit Michael telefoniert. So vor drei Wochen. Und der meinte,
wir können spielen.“
„Michael?! Der kleine Scheißer. Ich weiß da nichts von.“
„Ist aber so. Er meinte wir sollen um vier hier sein, dann ist Soundcheck.
Und Stagetime dann um acht. Für 40 Minuten.“
„Soundcheck um vier also! Wir haben aber halb fünf, Jungs!“
„Ja, das war ein bisschen Scheiße mit dem Navi...“
Der Typ beißt wieder ab. Einen größeren Bissen diesmal. An seiner
Unterlippe bleibt ein Stück Butter hängen, das auf und ab wippt, als er
mit noch halb vollem Mund wieder anfängt zu sprechen:
„Passt mal auf, Jungs. Soundcheck kriegt ihr nicht. Ich wusste nichts von
ner dritten Band, das habt ihr jetzt davon. Um fünf kommt die
eigentliche Vorband, die werden gecheckt. Das muss reichen. Ich hab
nämlich grad Pause. Ihr seid eh nur drei, oder nicht? Dann passt das.
Stellt euren Scheiß auf die Bühne und haut ab nach oben, da ist
Backstage. Da müsste auch irgendwo der Micha rumspringen. Bei dem
könnt ihr euch dann beschweren wenn ihr Lust habt, aber ich arbeite hier bestimmt nicht mehr als ich muss! Schon gar nicht für so
dahergelaufene Landeier wie euch.“
Er schüttelt den Kopf und beißt wieder in sein Brötchen.
„Aber...“, beginnt Alex einen vorsichtigen Protest.
„Ihr kommt um kurz vor acht hier runter, steckt eure Gitarren ein und
legt los. Hat bis jetzt immer funktioniert.“
Er muss niesen und schmiert seinen Handrücken danach an seinem T-
Shirt ab. Dann dreht er sich um und verschwindet zurück in die Küche
ohne ein weiteres Wort zu sagen.
Ich hatte mir das Tourleben nie besonders glamourös vorgestellt, aber
dieser Einstand untertrifft dann tatsächlich doch noch meine niedrigen
Erwartungen. 20. Kajal, Edding und Korn
„Das ist doch total geil, oder?!“, strahlt Alex nachdem wir unsere
Gitarren und Bennis Schlagzeugkram zur Bühne gebracht haben und
auf dem Weg in den Backstage-Bereich sind.
„Wie? Was isn jetzt daran total geil gewesen?!“, frage ich.
„Na, kein Soundcheck! Megaentspannt alles! Backstage abhängen, dann
Zack auf die Bühne und Rock‘n‘Roll. Nichts mit Arbeit. Genau wie die
Großen!“
„Na so kann man das natürlich auch sehen“, sagt Benni und grinst
während er sich schnaufend die Treppe hoch schleppt.
„Was haste denn eigentlich in dem komischen Koffer?!“, frage ich Alex.
Wir sind nun in der ersten Etage in einem kleinen Raum angekommen,
an dessen Tür ein Zettel mit der handbeschriebenen Aufschrift
‘Backstage’ hängt. Irgendjemand hat das ‘age’ in Backstage
durchgestrichen und durch ‘ube’ ersetzt, so dass nun ‘Backstube’ zu
lesen ist. Irgendwie nicht lustig. Drinnen steht zentral ein kleiner Tisch,
links an der Wand ein paar etwas höhere Schultische, und rechts ein Sofa. Auch hier ist niemand. Komisch. Ich dachte bei so Auftritten ist ab
Mittags immer schon die Hölle los.
„In dem Koffer? Zeig ich dir. Nur gutes Zeug!“
Alex grinst und wirft den kleinen Alu-Koffer auf den Tisch in der Mitte.
„Das ist mein kleiner Koffer des Glücks!“
„Hm.“, macht Benni und wirft sich aufs Sofa.
Alex öffnet den Koffer und holt eine Flasche Schnaps und drei Pinnchen
heraus.
„Was ist das denn jetzt für ne Scheiße?!“, frage ich.
„Das ist keine Scheiße, das ist echter Nordhäuser!“
„Bah.“
„Nichts bah, den hab ich bei meiner
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