ROAD TRIP // Die erfolgloseste Band der Welt geht auf Tour (German Edition)
endlich wieder hin
und schaut Benni nach vorne gelehnt in die Augen, „wann hast du das
letzte Mal am Wochenende was gemacht außer hier im scheiß Bunker
gehockt und mit uns gesoffen?“
„Stimmt schon. Aber trotzdem, du kannst echt mal fragen.“
„Aber so ist doch viel geiler! Komm, da trinken wir jetzt eins drauf.“
Alex lässt seine leere Flasche unter lautem Scheppern in die Kiste
zurückfallen und holt drei neue hinaus. Ich hab immer noch keine
Ahnung, was die ganze Aktion zu bedeuten hat, aber in meinem Magen
breitet sich ein Kribbeln aus, das sich gut anfühlt. Wahrscheinlich ist es
rational gesehen keine gute Idee mit einer eher bescheiden guten Band
auf Tour zu gehen, die in ihrer Karriere bisher ungefähr zehn EPs
verkauft hat. Auf der anderen Seite hatte Alex aber Recht. Ich hab ewig nichts mehr erlebt am Wochenende. Die Sternhütte ist total asozial
geworden. Da gehen immer noch viele hin, die ich kenne, aber es
passiert nichts mehr. Nicht, dass ich glaube, dort sei früher viel mehr
passiert, aber früher war es wenigstens noch spannend. Alkohol war ein
neuer aufregender Freund, der einen am Wochenende an der Hand
genommen und in eine andere, aufregende Parallelwelt geführt hat.
Dort war alles bunt, aufregend, laut und schnell. Alles was es bei uns in
der Gegend normal nicht gab. Aber wie jede andere Bekanntschaft auch
wurde der anfangs aufregende Freund Alkohol mit der Zeit immer
langweiliger. Nicht, dass man ihn nicht mehr mochte, man verstand
sich immer noch gut und hing ja auch immer wieder mit ihm ab, aber
das aufregende und unberechenbare war irgendwann
unwiederbringlich fort und würde, im Gegensatz zu den ständig
wiederkehrenden wohligen Erinnerungen an die gemeinsame
Anfangszeit, nicht mehr wiederkommen. Viele der Leute, die noch
immer wöchentlich in der Sternhütte abhängen, scheinen das aber zu
verdrängen. Sie verdrängen sowieso fast alles. Dass sie in einer
beschissenen Gemeinde leben, in der alles immer grauer und fader
wird. Dass jeder schon mal mit jedem was hatte, so dass es mit der Zeit immer ekelhafter wurde. Und dass die umliegenden Dörfer zusammen
mit ihren elenden Einwohnern aussterben, ohne dass irgendjemand um
sie trauert.
Deshalb gehe ich nicht mehr in die Sternhütte.
Und Alternativen gibt es keine. Also hängen wir ständig im Proberaum
ab. Eigentlich jedes Wochenende. Manchmal Freitags, Samstags und
Sonntags. Das heißt nicht unbedingt, dass wir dort auch proben.
Meistens lungern wir dort einfach herum, hören Musik und unterhalten
uns über Musik. Neuerdings auch ab und zu übers älter werden. Aber
meistens über Musik. Dabei betrinken wir uns. Wenn Benni noch fahren
kann, fährt er mich nach Hause. Wenn nicht, fährt er meistens trotzdem.
Und sonst pennen wir einfach dort. Warum also nicht auf Tour gehen?!
Scheißegal, ob uns irgendjemand sehen will! Die Hauptsache ist doch,
dass wir aus unserem scheiß Loch rauskommen! Ob es den Leuten da
draußen gefällt oder nicht.
Wenn Alex mit so einer Scheiße um die Ecke kommt, soll das an mir
nicht scheitern. 11. Coconut Titts
„Wo denn überhaupt?“
„Hm?“
„Ja, wo wir spielen!?“
Wieder grinsend holt Alex einen zerknitterten Zettel aus der Tasche.
„Freitag geht‘s in die Eifel.“
„In die Eifel?!“
„Ganz genau, Benni. Da spielen wir im Jugendzentrum in Wittlich.“
„Ok... und was ist das da?“
„Richtig geiles Konzert, man! Headliner sind die Coconut Titts.“
„Was ist das denn bitte für ein scheiß Name jetzt? Denkst du dir die
Scheiße grad aus, oder was?!“
„Ne, man. Das ist echt so.“
„Das ist der beschissenste Name, den ich je gehört hab. Echt jetzt.“
„Ach halt doch mal deine Fresse, Mark. Was bist du denn so scheiß
negativ die ganze Zeit? Ist doch geil! Das sind total die Lokalmatadoren
da hat der Veranstalter gesagt! Da kommen bestimmt 200 Leute oder
so!“
„Ok...“ „Außerdem, Itchy Poopzkid ist auch total der beschissene Name und
die hörst du dir doch auch an, oder nicht?!“
„Ja schon, aber die sind wenigstens bekannt.“
„Die Coconut Titts doch auch! Ich hab mir das mal angeguckt, die
haben mehr als 1000 Klicks bei Facebook!“
„Das klingt wirklich ok. Und wir sind dann Vorband, oder was?“
„Eher Vorvorband. Das Konzert war ja schon gebucht eigentlich. Aber
ich hab halt trotzdem mal angerufen und gefragt ob da was
Weitere Kostenlose Bücher