ROAD TRIP // Die erfolgloseste Band der Welt geht auf Tour (German Edition)
es richtig dunkel geworden. Der Regen ist weniger stark,
prasselt aber immer noch auf die Windschutzscheibe, hinter der man
die langgezogene Landstraße kaum noch erkennen kann. Aus Bennis
schrottigen Boxen tönt irgendwas ganz altes von Metallica. Benni ist
der einzige Mensch, den ich kenne, der echt noch Kassetten besitzt. Er
besitzt allerdings auch das einzige Auto, das ich kenne, das keinen CD-
Spieler besitzt. Aber wenn alte Metallica, dann im Auto von Kassette.
Sonst wirkt das nicht. Die Heizung, die glücklicherweise noch
funktioniert, bollert auf höchster Stufe und mir wird langsam wieder
warm. Bennie schweigt, wie fast immer wenn er Auto fährt, und ich
drücke meine Stirn an die kalte Fensterscheibe und starre nach
draußen in die Dunkelheit.
Klar, es war ein beschissener Tag. Wir haben nicht ein mal gespielt. Mir
tut alles weh. Und doch war der Moment ein besonderer.
Das Auto ist randvoll mit Equipment, wir hören Musik in schrecklicher
Tonqualität und alles stinkt nach Essen. Seltsam künstlichem Essen. So
was findest du sonst nirgends. Nur mit deinem Kumpel im Auto. On the
Road. Benni und ich sitzen nebeneinander und teilen ein Schweigen, dass
angenehmer ist als jede Konversation. Man mag das auf den ersten
Blick vielleicht gar nicht so wahr nehmen, aber wir teilen so viel.
Freundschaft, zusammengeschweißt durch die gemeinsame Sache.
Zusammengeschweißt durch die Musik.
Ein rasanter Trip auf dem dreckigen Pfad der Erfolglosigkeit. HAUPTTEIL
„Erinnerungen an einen Sommer ohne Erfolg“ 8. Am Telefon, 3 Monate früher
„Hä?!“
„Alter, biste wach?!“
„Hm...“
„Alter, werd mal wach, man!“
„Boah, was ist denn los, du Spasti?! Wir haben irgendwie... Was haben
wir? Halb 9?! Samstags! Bist du noch dicht, oder wie?!“
„Das kann nicht warten, man - das ist der Hammer!“
„Was denn?“
„Kann ich dir nicht sagen!“
„Hä?!“
„Ja kann ich dir so nicht sagen... !“
„Alter, fick dich doch einfach. Was soll die Scheiße?! Rufst du jetzt
Samstags mitten in der Nacht an, um mir nichts zu sagen?!“
„Ja, doch! Aber nicht am Telefon! Und nicht ohne Benni!“
„Alex? Du bist total das Arschloch. Sag einfach was los ist.“
„Ne, lass uns treffen!“
„Wie treffen?!“
„Ja treffen! Proberaum!“ „Wann denn?!“
„Jetzt am besten!“
„Du hast Drogen genommen, oder?“
„Ne! Alter, wirklich! Du weißt ja gar nicht was hier abgeht, echt jetzt!“
„Aber doch nicht jetzt. Ich will pennen.“
„Ok, Mark. Wann bist du wach?!“
„Hab ich doch keine Ahnung. Um 11?! Kann ich dich nicht einfach heute
Mittag anrufen?!“
„Ne. Lass uns um 12 am Proberaum treffen!“
„Um 12?!“
„Ja willst du den ganzen Tag pennen oder was?!“
„Schlecht wär‘s nicht... und Benni?!“
„Den ruf ich an. 12 Uhr am Proberaum! Das packst du. Benni holt dich!“
„Weiß Benni da schon von?“
„Noch nicht. Bis gleich! Du wirst umkippen, Alter!“
„Lass mich einfach pennen, Alex. Bitte.“ 9. Proberaum
Als wir am Proberaum ankommen, winkt Alex uns schon vom Eingang
her zu. Wir proben im Keller eines leerstehenden Hauses, das in einem
leerstehenden Dorf nicht weit von uns steht. Hier können wir
niemanden stören. Wahrscheinlich könnte man in diesem Dorf
stundenlang nackt über den Marktplatz rennen und dabei „Heil Satan!“
brüllen bis man vor Heiserkeit keinen Ton mehr raus kriegt, es würde
niemanden jucken. Die Leute, die hier noch leben, sind innen schon tot.
Das Haus hat eine raue und seltsam blasse, braune Fassade. Wilder
Efeu klettert die Wände hinauf und in den oberen Geschossen durch die
zerbrochenen Fensterscheiben hinein in die seit Jahren leerstehenden
Räume. Dass wir im Keller Strom haben ist ein Wunder. Das Haus
gehört Alex Tante. Sie würde es verkaufen, wenn sie könnte, aber hier
kauft niemand. Jedes zweite Haus steht leer, nicht zuletzt weil ständig
irgendwer stirbt. Nachfrage und Angebot im fatalen Ungleichgewicht.
Alex sitzt auf der rissigen Treppe zur Tür und grinst über beide Ohren.
In der Hand hält er eine Flasche Astra Rotlicht.
„Na, Jungs!“
„Hey, Alex.“ „Freut ihr euch?“
„Wir wissen ja nicht worauf.“ brummele ich und Benni ergänzt:
„Wenn das jetzt irgendeine Scheiße ist, trete ich dir in die Fresse, Alex!
Kein Witz.“
Alex dreht sich um und winkt uns hinter sich her in das
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