Rob - Toedliche Wildnis
Gesichtsausdruck spiegelte die unterschiedlichsten Emotionen wider, die Crock jedoch nicht interessierten. Für ihn war nur wichtig, dass der Lauf des Gewehres nun nicht mehr direkt auf seine Brust zielte. Wenn Roland die Waffe noch einige Zentimeter weiter senkte, hatte er eine realistische Chance, ihn zu überwältigen. Seinen ehemaligen Partner in ein Gespräch zu verwickeln, war ein Anfang, und nebenbei interessierte ihn die Antwort tatsächlich.
»Es war nicht allzu schwer zu erraten, wo du langfährst, da dies der derzeit einzige Weg nach draußen ist. Ich vermute, du hast irgendwo in der Nähe einen Wagen geparkt, denn mit dem Ding wolltest du wohl kaum in die nächste Stadt fahren. Mir war klar, dass du dich beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten absetzen würdest. So war es doch schon immer. Du schickst deine Männer ins Feuer und hältst dich selbst im Hintergrund.«
»Na und? Das ist eben mein Job gewesen. Es erklärt aber noch nicht, wieso du hier auftauchst.«
»Ich habe mich an die Geschichten aus deiner Kindheit erinnert, Thomas. Als der Name des Parks das erste Mal fiel, war mir klar, dass sie auf der richtigen Spur sind.«
Verwirrt zuckte Crock mit den Schultern. Was hatte Roland mit den Terroristen zu tun, die hinter dem Rizin her waren? Oder war das Ganze nur ein gigantisches Täuschungsmanöver? Ihm fehlte die Verbindung zwischen der geplanten Rettungsmission der Marines, über die ihn sein Spion auf dem Flugplatz informiert hatte, und den Terroristen. »Wer war mir auf der Spur?«
Roland schüttelte den Kopf. »Kein Kommentar.«
»Meinetwegen. Ich bekomme schon noch heraus, was es mit dem Anwalt auf sich hat. Wie geht es weiter?«
»Das hängt von dir ab. Lass das Rizin hier, dann kannst du gehen.«
Das Angebot überraschte ihn, und obwohl die Mündung des Gewehres nun auf den Boden zeigte, zögerte er. »Wieso?«
»Weil ich unendlich bedaure, was dir zugestoßen ist und wie du geworden bist. Ich kann das nicht ändern, aber dir die Chance geben, die du verdienst. Hau ab, Thomas. Du hast Geld genug und weißt, wie man spurlos untertaucht. Nutz die Gelegenheit. Ein weiteres Mal werde ich kein Auge zudrücken. Ich will nur verhindern, dass du Mist baust und werde es nicht zulassen, dass Hunderte sterben, damit du der Welt deine Botschaft mitteilen kannst. Ganz egal, wie gerechtfertigt die ist. Ich verspreche dir, dass deine Geschichte an die Öffentlichkeit gelangen wird und die Schuldigen bestraft werden.«
Roland schien das ernst zu meinen, und Crock hatte erstmals Probleme, seine widersprüchlichen Gefühle zu sortieren. Sein ehemaliger Partner hegte anscheinend noch freundschaftliche Gefühle für ihn. Einerseits rührend, andererseits hoffnungslos naiv. Er hatte keine Zeit, lange darüber nachzudenken. In der Ferne erklang das Geräusch mehrerer Motoren. Seine Verfolger hatten sich nicht lange aufgehalten und kamen rasch näher.
Auch Roland war dies nicht entgangen. »Sie kennen dich nicht und werden nicht zögern, dich zu stoppen. Letzte Chance, Thomas. Lass den Rucksack hier und verschwinde.«
Crock nickte langsam und spürte einen bitteren Geschmack im Mund, der ihn verwunderte. Er griff zu dem Brustgurt seines Rucksacks. Statt den Verschluss zu öffnen, riss er seine Pistole aus der Jacke und drückte zweimal ab. In die Brust getroffen ging Roland rückwärts zu Boden.
Crock sprang vor und trat ihm sicherheitshalber das Gewehr aus der Hand, obwohl sein Freund kaum noch in der Lage war, damit Schaden anzurichten. Blut lief ihm aus dem Mund, und er brachte kein Wort heraus, lediglich ein rasselndes Röcheln. Crock zielte auf die Mitte von Myers’ Stirn. Es wäre vernünftig, die Sache endgültig zu beenden. Roland sah ihn aus weit aufgerissenen Augen an, und merkwürdigerweise erkannte Crock dieses Mal die Gefühle seines ehemaligen Partners sofort. Weder Angst noch Vorwürfe, nur grenzenloses Bedauern um etwas, das unwiderruflich verloren war. Irritiert fuhr sich Crock mit der Hand über die Wange, als er dort Feuchtigkeit spürte. Tränen? Er hatte nie geweint und würde es auch zukünftig nicht tun. Nach einem tiefen Atemzug riss er den Abzug durch und wandte sich ab. Zu Fuß würde er länger als geplant brauchen, um seinen Wagen zu erreichen, aber das war nicht zu ändern.
Fluchend brachte Luc das Quad mit blockierenden Reifen zum Stehen und sprang vom Sitz. Myers lag am Boden. Jasmin, die er in der Höhle bei dem verletzten Soldaten vermutet hätte, hockte neben ihm,
Weitere Kostenlose Bücher