Rob - Toedliche Wildnis
den gutmütigen Frotzeleien konnte Jay leben.
Das Ergebnis von Kalils Computertricksereien hatte Jay dann jedoch alarmiert. Den FBI -Technikern war lediglich aufgefallen, dass die Verbrecher einen russischen Server benutzt hatten. Kalil dagegen war es gelungen, sich den Server auch anzusehen, und was er herausgefunden hatte, gefiel Jay überhaupt nicht. Jede Datei war von einem anderen Ort aus hochgeladen worden, und dabei hatten sie Provider benutzt, bei denen sie durch die Verwendung von Prepaid-Sticks für mobile Geräte keinerlei verwertbare Spuren hinterlassen hatten. Kalil war es gelungen, die Funkmasten zu identifizieren, in deren Reichweite die jeweilige Internetverbindung hergestellt worden war. Aber das daraus abgeleitete Bewegungsprofil sagte ihm, dass die Mistkerle sich in nordwestlicher Richtung von San Diego wegbewegten. Viel brachte ihm das nicht, nur die Erkenntnis, dass ihre Gegner extrem professionell vorgingen und es verdammt schwierig sein würde, sie zu erwischen.
Jay trank das Bier aus und überlegte gerade, ob er genug Energie aufbringen konnte, um sich ein neues aus der Küche zu holen, als er im Haus Geräusche hörte. »Das wird aber auch Zeit. Bringst du mir ein Bier mit?«
Die schweren Schritte, die sich kurz darauf näherten, passten definitiv nicht zu Elizabeth. Da das Haus über hervorragende Sicherheitsmaßnahmen verfügte und es ausgeschlossen war, dass sich jemand ohne eigenen Schlüssel geräuschlos Zutritt verschaffte, machte sich Jay keine Sorgen, drehte sich aber trotzdem um. Wie halbwegs erwartet stand Luc hinter ihm. Die Miene seines Bruders gefiel Jay überhaupt nicht. Dazu kam, dass Luc noch mit Tarnhose und verschwitztem T-Shirt bekleidet war. Er fing die Flasche auf, die Luc ihm zuwarf, öffnete sie aber nicht. »Das sieht nicht nach einem reinen Freundschaftsbesuch aus.«
»Ist es aber eigentlich schon. An was für einem Mist arbeitet ihr gerade?«
Irritiert musterte Jay seinen Bruder. Luc fragte garantiert nicht aus Neugier. »Verrate ich dir, wenn du mir sagst, warum du es wissen willst.«
Lucs Grinsen blitzte auf und beruhigte Jay etwas. »Ich soll dir von Elizabeth ausrichten, dass es spät werden kann. Sehr spät. Sie hat bei uns angerufen und Jasmin um Hilfe gebeten. Jasmin war nach dem Telefonat kreidebleich, hat sich nur noch ihre Sachen geschnappt und ist losgerast. Sie meinte, du würdest mir den Rest erklären, wenn ich dir sage, dass sie die Kinder gefunden haben, aber in einem erbärmlichen Zustand. Ein Hubschrauber wartete auf sie, um sie und Beth dorthin zu bringen.«
Soweit Jay wusste, hatten sie im FBI -Büro lediglich einen einzigen Kinderpsychologen, der mit drei Opfern gleichzeitig hoffnungslos überfordert sein würde. Das wusste Elizabeth ebenso gut, und so wunderte es ihn nicht, dass sie Jasmin, mit der sie eng befreundet war, um Hilfe gebeten hatte. Jasmin wäre als Kinderärztin und mit ihrem Einfühlungsvermögen auch Jays erste Wahl bei einer solchen Aktion gewesen.
»Was hältst du davon, wenn ich dir die Einzelheiten unten am Strand erzähle? Ich könnte noch etwas Bewegung gebrauchen.«
Das war eine glatte Lüge. Jay wollte nichts lieber, als weiter auf dem Balkon zu sitzen, aber Luc hatte es schon als Kind bei Schwierigkeiten oder Problemen immer ins oder zumindest ans Meer gezogen. Mit einem Verbrecher wie Crock hatte sein Bruder kein Problem, aber die Vorstellung, wie der Mistkerl die Kinder benutzt und für seine Zwecke gequält hatte, würde ihn nicht kaltlassen.
»So schlimm?«, erkundigte sich Luc.
»Schlimmer. Hat Jasmin dir gesagt, wo sie die Kinder gefunden haben?«
»Genau, das hätte ich fast vergessen. In der Nähe von Tejon. Aber frag mich nicht, wo das ist.«
»Das kann ich dir sagen. Du bist erst gestern daran vorbeigerast, Großer. Es liegt auf halbem Weg zum Yosemite, zwischen Los Angeles und Bakersfield.«
Lucs Miene war ein einziges Fragezeichen. »Seit wann bist du Experte für sämtliche Kaffs in Kalifornien?«
»Seitdem Kalil festgestellt hat, dass von der dortigen Funkzelle aus das letzte Video der Kinder hochgeladen wurde.«
»Du hast schon Kalil eingeschaltet?« Luc winkte im gleichen Augenblick ab. »Ich ziehe die Frage zurück. Du hast sie ja schon beantwortet. Dann muss es wirklich schlimm sein.«
»Sag ich doch. Wobei ich ihn in erster Linie wegen der Kinder gefragt habe. Na komm, ich erzähl dir gleich den Rest. Ganz anderes Thema. Hast du gewusst, dass Murat bereit ist hierzubleiben?«
»Ja.
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