Rob - Toedliche Wildnis
Das sollten wir ausnutzen. Bekommst du es hin, sie zu bewachen, ohne dass sie dich bemerken?«
»Ich war bei den Marines.« Ihre Miene wurde geringfügig freundlicher. »Aber ansonsten gut mitgedacht. Als Stratege wärst du gar nicht so schlecht.«
Das war auch eine Antwort und der Rest vermutlich so etwas Ähnliches wie ein Lob, aber damit konnte er leben.
Ein Blick auf den Wecker verriet Luc, dass es eigentlich noch zu früh zum Aufstehen war. Eigentlich. Gerade fünf Uhr. Neben ihm schlief Jasmin, aber die beruhigende Wirkung ihrer regelmäßigen Atemzüge und ihrer Nähe stellte sich an diesem Morgen nicht ein. Da konnte er die Zeit ebenso gut zu einem schnellen Lauf am Strand nutzen. Vielleicht bekam er auf die Weise seinen Kopf frei. Aus gutem Grund hatte Kalil es vorgezogen, eines von Jays Gästezimmern zu nutzen. Luc hätte ihm noch einiges zu seinem grenzenlosen Leichtsinn zu sagen gehabt. Außerdem war es genau so gekommen, wie Hamid und Luc immer befürchtet hatten: Jay und Kalil hatten sich auf Anhieb verstanden, und damit war die Gefahr noch größer als sonst, dass ihre jüngeren Brüder sich aus reinem Leichtsinn in Gefahr brachten. Beide neigten dazu, erst zu handeln und dann nachzudenken, und oft genug hatten Luc oder Hamid sie schon aus irgendwelchen unerfreulichen Situationen retten müssen. Manche Dinge würden sich wohl nie ändern, selbst dann nicht, wenn der eigene jüngere Bruder mittlerweile ein erfahrener und erfolgreicher FBI -Agent war.
So leise wie möglich verließ Luc das gemeinsame Schlafzimmer und gratulierte sich innerlich zu seiner Rücksichtnahme, die an Selbstlosigkeit grenzte. Ihm wären durchaus noch andere Möglichkeiten eingefallen, die frühen Morgenstunden sinnvoll zu nutzen. Aber er hatte es nicht übers Herz gebracht, Jasmin so früh zu wecken, nachdem die Bilder der ermordeten Familie sie viele Stunden am Einschlafen gehindert hatten.
Luc war noch keine hundert Meter weit gekommen, als sein Handy sich mit einem Vibrieren meldete. Die Nummer des Anrufers brachte ihn zum Schmunzeln.
»Es ist gerade fünf Uhr durch. Bist du jetzt mein Weckdienst, Hamid?«
»Offenbar bist du ja schon wach, Luc. Ich vermisse etwas und befürchte, dass es bei dir gelandet sein könnte.«
Die Umschreibung, die von einem genervten Atemzug begleitet wurde, brachte Luc zum Lachen. »Nicht direkt bei mir. Falls es um deinen Bruder geht, so muss ich dir leider mitteilen, dass er gestern direkt ins FBI -Gebäude spaziert ist, um mit Jay zu reden.«
Das Schweigen am anderen Ende dauerte einige Sekunden. »Sag mir, dass das nicht wahr ist, sondern nur ein Ausdruck deines manchmal merkwürdigen Humors.«
»Dann würde ich lügen, und das hat meine Mutter mir verboten.«
»Eine Ausnahme wäre erlaubt, weil ich ihn sonst umbringe, sofern du mir das nicht bereits abgenommen hast. Was ist bei euch los?«
Einige Meter vor ihm ragte ein Felsen aus dem Boden, der eine bequeme Rückenlehne abgeben würde. Luc ging hinüber und machte es sich im bereits warmen Sand bequem. Ein Gespräch mit seinem Freund war noch besser als ein morgendlicher Strandlauf. Wieder einmal verspürte er den vertrauten Stich des Bedauerns darüber, dass zwischen ihnen so viele Kilometer lagen und sie sich nur selten sahen. Aber dank Mails und ihrer Satellitentelefone gelang es ihnen, ihren engen Kontakt aufrechtzuerhalten.
Luc ließ sich Zeit, seinem Freund die Zusammenhänge zu erklären, und hoffte dabei, dass ihm selbst dabei vielleicht Details auffallen würden, die ihm bisher entgangen waren. Als er schließlich endete, schwieg Hamid wieder, ehe er seufzte. »Verdammt, das klingt gar nicht gut. Ich wünschte, ich wäre nach Texas geflogen.«
Eigentlich wäre es für ihn als ältesten Sohn naheliegend gewesen, seinen Vater zu begleiten. Außerdem war es keine neue Erkenntnis, dass Kalil zu unüberlegten Handlungen neigte. »Warum bist du nicht?«
»Ich wollte, konnte hier aber nicht weg. Hast du mitbekommen, dass der Provinzgouverneur bei einem Attentat ums Leben gekommen ist? Sein Nachfolger ist ein Idiot und nur aufs Geld aus. Natürlich für sich und nicht für die Region. Einige Neuerungen in unserem Dorf haben bei ihm Begehrlichkeiten geweckt, und er möchte sich zu gerne über unsere Reserven hermachen.«
Luc hatte sich für gut informiert gehalten, aber dieser Punkt war ihm neu. Im nächsten Moment fiel jedoch ein Puzzleteil an die richtige Stelle, und er fluchte. »Ich habe von bewaffneten
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