Rob - Toedliche Wildnis
Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Taliban bei euch in der Nähe gehört. Sag mir nicht, dass ihr das wart? Da ging’s doch ganz schön rund.«
»Tja, wenn ich das abstreite, würde ich lügen. Und meine Mutter war da ähnlich streng wie deine.«
Als ob es nicht reichte, dass Hamid und Kalil fälschlicherweise von den NATO -Truppen gesucht wurden. »Das gefällt mir überhaupt nicht. Verdammt, ich habe nicht schnell genug geschaltet, als ich von dem Attentat und dem Nachfolger gehört habe, weil wir selbst unterwegs waren. War da nicht noch irgendwas mit ziemlich abenteuerlichen Verbindungen eures neuen Provinzfürsten zu irgendwelchen russischen Verbrechern.«
»Kann sein. Gerüchte gibt’s genug, aber mir geht’s im Moment nur darum, mein Dorf unterhalb des Radars zu halten. Bisher hat er nicht rausbekommen, wo er uns findet, und das soll auch so bleiben.«
»Was ist mit den Deutschen? Was sagen die zu dem Machtwechsel?«
»Begeistert sind sie nicht. Aber was sollen sie tun? Bisher sehen sie aufmerksam zu, halten sich aber raus. Vergiss das Thema erst mal, Luc. Du hast genug eigene Probleme. Ich muss leider auch zugeben, dass Kalil eigentlich richtig gehandelt hat. Wir schulden Rob etwas. Ohne seine Hilfe hatte unser Dorf heute weder Strom noch fließendes Wasser. Allerdings hätte es intelligentere Treffpunkte als das FBI -Gebäude gegeben.«
Luc kannte das paschtunische Ehrgefühl zu gut, um darüber zu diskutieren, dass Robs Suche nach einigen Gesetzeslücken, die die Ausfuhr von Sonnenkollektoren ermöglicht hatte, kaum einen derartigen selbstmörderischen Auftritt rechtfertigte. Ein anderer Punkt gefiel Luc noch weniger. Gerade in dieser Situation hätte Hamid seinen Bruder an seiner Seite gebraucht. »Kalils Computertricksereien haben uns einen Schritt weitergebracht, damit habt ihr uns schon ausreichend geholfen. Wäre es nicht besser für dich, wenn er möglichst schnell wieder zurück in Kunduz ist?«
»Und mir hier den letzten Nerv raubt? Vergiss es, Luc. Auch wenn es schwerfällt, das zuzugeben, er ist alt genug, seine eigenen Entscheidungen zu treffen.«
»Nichts gegen deine Männer, aber erst Murat und dann Kalil. Mir gefällt das nicht, mein Freund. Ich werde nun nicht nur wegen Rob versuchen, die Sache möglichst schnell zu klären.«
»Tu das und mach dir um uns keine Sorgen. Vermutlich hat sich Murat auch schon eingeklinkt, oder?«
»Ja, hat er.«
»Dann lass ihn mitmachen, Luc. Du hast zwar nie gefragt, aber ich weiß, dass du dich gewundert hast, woher ich meine militärischen Kenntnisse habe. Die Antwort ist einfach. Von Murat. Er kann mit dir und deinem Team garantiert gut mithalten und hat eine ähnliche Ausbildung. Aber wie er schließlich bei uns gelandet ist, muss er dir selbst erzählen.«
»Danke für den Tipp. Aber trotzdem gefällt es mir nicht, dass dein Verlust mein Gewinn ist.«
»Seit wann ist das Leben fair? Wenn’s nach mir geht, könnten deine Jungs zum Ausgleich gerne zu mir überlaufen.«
»Das nun nicht gerade«, wehrte Luc schmunzelnd ab. Er musste Hamid ja nicht unbedingt verraten, dass dies im übertragenen Sinne durchaus passieren konnte. Nach Rob stand als nächster Punkt auf seiner Liste herauszufinden, ob und wie er seinem Freund helfen konnte. Letztlich war es nicht im amerikanischen Interesse, wenn sich in einer weiteren Provinz ein korrupter Verbrecher etablierte, der nur an sein eigenes Wohl dachte.
Sie redeten noch einige Zeit über ihre Frauen und Hamids Sohn, ehe sie sich, beide unverkennbar widerstrebend, voneinander verabschiedeten.
Mit dem Telefon in der Hand blickte Luc auf den Pazifik hinaus. Schon in frühester Kindheit hatte ihr Vater ihnen beigebracht, dass unerfüllbare Wünsche Zeitverschwendung waren und sie lieber nach realistischen Lösungen für ihre Probleme suchen sollten. Eine kurze Mail an einen befreundeten Offizier beim deutschen Kommando Spezialkräfte mit der Frage, wie die Deutschen die Lage in Hamids Region einschätzten, konnte nichts schaden. In der Vergangenheit hatte Hamid beiden Nationen schon geholfen, und vielleicht bekamen sie nun die Gelegenheit, sich dafür zu revanchieren, auch wenn er offiziell weiterhin als gesuchter Anführer der Taliban galt.
Luc hatte die Mail gerade auf den Weg gebracht, als sein Handy den Eingang einer Kurznachricht meldete. Die angezeigte Rufnummer des Absenders kannte er nicht, aber der Inhalt ließ ihn laut fluchen. SOS , Rob.
Rob war niemand, der leichtfertig
Weitere Kostenlose Bücher