Robbers: Thriller (German Edition)
Sitz.
Eine Weile lang stand er im warmen strömenden Regen und starrte ins Führerhaus des Trucks. Es wirkte wie ein verdammtes Waffenlager.
Schließlich knallte er die Tür zu und stapfte durch den Schlamm zur Hütte zurück. Im Innern wechselte er die Kleidung. Dann hockte er sich auf den Boden und baute die 9mm Walther auseinander, trocknete und ölte sie und nahm den Schlitten ab. Damit er nicht nass wurde, wickelte er ihn in eine Plastiktüte und verstaute ihn in einem seiner Stiefel. Dann hob er den Welpen auf und ging.
Beinahe hätte er es nicht mehr aus den Sümpfen geschafft. An der Flussbiegung versank der Truck bis zum Radkranz im Schlamm. Unter den Bäumen herrschte fast völlige Dunkelheit, die Reifen drehten durch, wirbelten den Matsch auf, und das Fahrwerk bockte und rutschte zur Seite, bis die Räder erneut Halt fanden und der Wagen langsam vorwärtsrollte, auf den durchweichten Untergrund der Niederung hinaus. Danach überquerte er die tiefen Stellen, indem er auf dem Gas blieb und über sie hinwegschlitterte; Schlamm spritzte auf, und das dichte Unterholz scharrte quietschend über die Kotflügel. Der Welpe neben ihm auf dem Sitz rollte sich zusammen und winselte.
Langsam arbeitete er sich den Hügel hinauf, vorbei an der heruntergekommenen Hütte mit den eingefallenen, von Moos und Geißblatt überwucherten Wänden und dem schiefen Hochsitz, der sich wie ein schwächlicher Schatten zur Seite neigte. Der dunkelgrüne, feuchte Wald zu beiden Seiten verlor sich im Zwielicht, als sich der graue Himmel verdunkelte und der Regen nachließ; es nieselte jetzt fast nur noch. Scheinwerfer und Scheibenwischer waren auf die niedrigste Stufe eingestellt. Als er den Highway 69 erreichte, schaltete er die Scheibenwischer ganz aus und fuhr unter einer dichten Wolkendecke durch eine mondund sternenlose Dunkelheit nach Süden, durch Woodville Richtung Beaumont; er hatte vor, die abgelegenen Verbindungsstraßen zu nehmen, von den Kiefernwäldern in die an der Küste gelegenen Grasebenen, vorbei am Interstate 10, weiter auf der zweispurigen Straße Richtung High Island und die Küstenstraße hinunter, die mitten durch die Halbinsel Bolivar führte. Dort, wo Eddie und diese Schlampe herumhingen. Und wo er vor drei Tagen aufgebrochen war.
Er rollte hinaus in die kalte Nacht, durch stumme, einsame Wälder, während die Scheinwerfer über den glitzernden Asphalt glitten. Er probierte den Stetson des Rangers auf, doch er war zu groß, also überließ er ihn dem Welpen, damit dieser darauf herumkauen konnte. Der Truck war bestens ausgestattet, und er schaltete die Innenbeleuchtung ein, um sich einen Überblick über die Ausrüstung zu verschaffen, während er einem Countrysender aus Houston lauschte. Ein Fernglas, eine Nikon und etwas, das wie ein Laptop aussah. Ein Funkgerät mit vierundsechzig Kanälen und ein Handy. Er dachte daran, es zu benutzen, doch er hatte niemanden, den er anrufen konnte. Er musterte gerade eingehend die Kamera, als das Telefon klingelte. Er ging nicht dran. Nach dem zwölften Läuten hörte es auf, dann fing es wieder an. Und diesmal nahm er ab, während er zu dem Welpen sagte: »Man kann nie wissen, vielleicht ist es meine Mama.«
Mit tiefer Stimme antwortet er: »Ja«, ein kurzes Knurren, das von jedem hätte stammen können.
»Mein Gott, Rule, ich hab den ganzen Nachmittag versucht, dich zu erreichen, wo steckst du?«
Die Stimme einer Frau. Er drückte weiter den Hörer ans Ohr und lauschte.
»Rule, jetzt antworte schon, verdammt noch mal. Schluss mit den Spielchen, und leg jetzt bloß nicht auf. Ich bin allmählich mit meiner Geduld am Ende, Liebling.«
Er sagte keinen Ton. Jetzt kannte er also den Namen des Rangers.
»Rule?«
Schweigen.
»Rule, ich weiß, dass du das bist, also sag schon was.«
Endlich sprach Ray Bob in den Hörer. »Er kann momentan nicht ans Telefon kommen.«
»Sie sind nicht Rule«, sagte sie überrascht. »Wer sind Sie?«
»Hier spricht Booker Wright, ein Neger. Sind Sie sein Mädchen?«
»Das tut nichts zur Sache, wo ist Rule?« Sie klang verwirrt.
»Es geht ihm nicht besonders. Er ist sozusagen außer Dienst. Soll ich ihm sagen, wer angerufen hat?«
»Was hat er denn?« Ihr Tonfall war jetzt ernst, ja besorgt.
»Er hat Kopfschmerzen«, sagte Ray Bob, »direkt zwischen den Augen. Sie müssen sich ein wenig gedulden, er hat sich mit irgendeiner Schlampe auf sein Zimmer verdrückt, aber er meinte, dass es ihm bald besser geht. Wissen Sie eigentlich,
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