Robbers: Thriller (German Edition)
fragte, wer diese Sharon Stone wohl war.
Als der Song zu Ende war, legte Mark Chesnutt los. Auch er sang über die Frau, die ihn verlassen hatte. Eddie sagte, dass das ja fast nach einer Epidemie klang, aber Della erklärte, dass Prominente häufiger von Eheproblemen geplagt wurden als der Rest der Menschheit. Wegen ihrer speziellen Situation, sagte sie. Zum Beispiel Julia Roberts und Lyle Lovett. Mit den Models sei es ähnlich. Die meisten Männer liebten eine Frau wegen der äußeren Erscheinung und nicht wegen ihres wahren Selbst, erklärte sie. Und daraus entstünden immer wieder Enttäuschung und Kummer. Und Scheidungen. Dann erläuterte sie ihnen den Weg vom Highway 90 hinunter und durch einige schlecht beleuchtete, von geparkten Autos gesäumte Straßen bis zu dem Parkplatz direkt vor ihrem Apartmentkomplex.
»Was Besonderes ist es nicht, aber mein Zuhause«, erklärte sie. »Schließlich steh ich noch am Anfang meiner Karriere.«
Als er den Schalter auf »Parken« gelegt und den Motor abgestellt hatte, drehte sich der Fahrer zu Della um und blickte sie direkt an. Seine Augen wirkten groß und merkwürdig. Ein angewiderter Ausdruck lag auf seinem Gesicht, so als hätte er etwas Unerträgliches zu lange zurückgehalten. Und als hätte er endgültig genug davon.
»Lass uns diese eine Sache klären, Mädel. Ich bin kein Schweißer, und du bist kein Model.« Er klang wütend.
Della presste die Bibel an ihren Bauch und starrte unverwandt zurück. »Ich hatte einen langen Tag, und ich hab keine Lust zu streiten.«
»Gut.« Ray Bob öffnete die Tür und stieg aus. »Denn du würdest nicht gewinnen.«
»Mein Gott, Mann, immer mit der Ruhe«, sagte Eddie. »Wir sind gerade mal angekommen.«
»Und noch eins.« Ray Bob ballte die Hand zur Faust und zeigte mit einem seiner kräftigen Finger auf Della. »Damit du nicht auf komische Gedanken kommst: Ich fühl mich nicht besonders. Davon abgesehen krieg ich die Blonden, jedenfalls, wenn sie nicht fett sind.«
Della blinzelte nicht einmal. »Ehrlich gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, wie du das hinkriegen willst.«
14
R ule erwachte, als in der Küche das Telefon klingelte. Wie eine Leiche lag er im Dunkeln auf dem Rücken, und der Körper der Frau schien ihn komplett zuzudecken. Er schob sie beiseite und trabte durch die Diele und das Wohnzimmer. Die abgenutzten Eichenbretter unter seinen Füßen fühlten sich kalt an. Der untere Teil seines Rückens schmerzte, und er fragte sich ernsthaft, ob er für Anrufe vor Morgengrauen nicht langsam zu alt wurde. In der Küche nahm er den Hörer mitten während eines Klingeltons ab. Er stand nackt neben dem Kühlschrank und dehnte seinen Rücken abwechselnd in beide Richtungen.
»Ja?«
Es war Moline, der vom Büro aus anrief.
Rule beugte sich zur Hintertür und öffnete sie, damit Lefty hinauskonnte. Eine Wolke feuchter Luft drang durch die Öffnung herein. Im Westen hingen tiefe Wolken am Himmel wie eine gewölbte Platindecke. Die Reihe flacher, mit Mesquite und Wacholder bewachsener Hügel hinter seinem Grundstück lagen in tiefgrauem Schatten. Weiter oben schwebten einzelne kleine Wolken dicht über dem Horizont und präsentierten ihre dunkelroten Bäuche mit glühend orangefarbenen Rändern.
»Verdammt, es ist noch nicht mal richtig Tag«, sagte Rule. »Wie spät ist es?«
»Zeit, dass du auf die Beine kommst«, entgegnete Moline. »Unsere Kerle sind auf Achse.«
»Also gut. Dann leg los.« Den Hörer zwischen Kinn und Schulter geklemmt, begann er, Kaffee zu machen. Er setzte einen Topf Wasser auf den Herd und füllte den Metallfilter mit French-Market-Zichorienpulver.
»Schaut so aus, als wären sie unterwegs nach Süden«, erklärte Moline.
»Gibt es eine Spur?«
»Eine ziemlich üble sogar. Ich bin seit heute früh auf dem Revier und hab die Berichte im Computer verfolgt.«
»Also sind sie ein Team?«
»Ja, die beiden gehören zusammen. Gestern Abend hat jemand ein Diamond Shamrock in der Nähe von Columbus gleich am Highway 71 überfallen und den Angestellten getötet. Eine Stunde später ein Überfall auf einen Exxon Food Mart in Brookshire. Wieder jemand tot, diesmal eine Verkäuferin. Davon haben wir Bilder. Ich hab sie noch nicht gesehen, aber nach der Beschreibung waren es unsere Jungs. Ich warte auf die Fotos. Jemand ist schon unterwegs und bringt sie her.«
Das Wasser im Topf kochte noch nicht richtig. Trotzdem goss Rule es in den Filter. Sofort strömte ihm das schwere Aroma gemahlenen
Weitere Kostenlose Bücher