Robbins, Harold - Träume
ich den Kopf. Irgendein schwuler Innenarchitekt hatte es verstanden, Eileen für den gesamten Plunder zweihunderttausend abzuknöpfen. Mir war die Ausstattung zuwider, doch Eileen meinte, sie hätte Stil und den richtigen Anstrich von Seriosität.
Ich wirbelte auf meinem Sitz herum und blickte durch das Fenster nach Westen. Wie schon gesagt, war es einer jener Tage, wo von Smog nichts, aber auch gar nichts zu spüren ist. Wie ein Feuerball hing die Sonne am Himmel. Gar kein Zweifel: Heute würde es verdammt heiß werden. Auf dem Wasser des Pazifik funkelten Lichtreflexe, und über dem Flughafen schwebte ein großer Jet ein.
Ich drehte mich wieder zum Schreibtisch und gab den Flughafencode für unsere Charterfluglinie ein. Auf dem Bildschirm erschienen die Ankunfts- und Abflugzeiten für all unsere Charterflüge während der nächsten zwölf Stunden.
Unser Lifestyle-Flug von Hawaii war erst um elf Uhr fällig. Ich schaltete das Gerät aus, stand auf und blickte durch das Teleskop, das beim Fenster auf einem Stativ befestigt war, zum Flughafen hinüber. Die einschwebende Maschine war eine Pan Am 747, und ich beobachtete sie, bis sie kurz vor dem Aufsetzen meinem Blick entschwand. Daß es keine von unseren war, tat wenig zur Sache: Es faszinierte mich immer wieder, landende und startende Flugzeuge zu beobachten.
Ich ging wieder zu meinem Schreibtisch, als eine der Zwillinge mit einem silbernen Kaffee-Service eintrat. Sorgsam schenkte sie eine Tasse voll, tat ein Stück Zucker hinein, rührte um und stellte die Tasse vor mich hin.
»Guten Morgen, Dana«, sagte ich.
»Guten Morgen, Mr. Brendan.« Sie lachte. »Ich bin -«
»Ja, ja, ich weiß schon. Sie sind Shana.«
»Ganz recht, Mr. Brendan.«
Ich nahm die Tasse, trank einen Schluck. Nach vier Jahren konnte ich die beiden immer noch nicht auseinanderhalten. Und die Verwechslungskomödie dauerte unverändert an.
»Dana wird Ihnen die Post und sonstige Meldungen bringen«, sagte sie. »Und die Sitzung der Finanzkommission ist um elf in Ihrem Konferenzraum.«
Ich nickte.
Sie breitete eine Zeitung aus, legte sie auf die Schreibtischplatte: das Wall Street Journal. »Wir dachten, es würde Ihnen vielleicht Spaß machen, die Schlagzeile der heutigen Ausgabe zu sehen.«
Der Bericht befand sich auf der Titelseite. Die große Schlagzeile lautete: »Sex an der Börse - ein Bombenerfolg!« Darunter, in kleineren Buchstaben: »Anleihe der Brendan Publications aufgelegt - 1000% überzeichnet.«
Der Summer der Gegensprechanlage ertönte. Ich drückte auf den Knopf. »Denise für Sie, auf der Hausleitung.«
Ich hob den Telefonhörer ab. »Herzlichen Glückwunsch zum Jahrestag«, sagte ich.
Denise schien vor Freude überzuquellen. »Du hast es nicht vergessen.«
»Wie könnte ich? Du bist mein spezielles Baby.«
»Ich kann gar nicht glauben, daß es schon zwei Jahre her ist«, sagte sie. »Mir scheint, ich sei erst gestern zurückgekommen.«
»Vielleicht vergehen die nächsten zwei Jahre genauso schnell und genauso glücklich, Denise.«
»Danke«, sagte sie. »Wenn ich nicht wüßte, wie beschäftigt du bist, würde ich hinaufkommen und dich küssen.«
»Wie geht es ihr?« fragte Shana, nachdem ich aufgelegt hatte.
»Soweit ausgezeichnet. Aber alles braucht seine Zeit. Dreimal pro Woche geht sie zu einem Psychoanalytiker. Man hatte in der Klause einen Haufen Mist in sie reingeschaufelt, und es ist nicht leicht, den wieder abzubauen.«
Shana nickte mitfühlend. »Soll ich Dana jetzt hereinrufen?«
»Nein. Dafür ist noch nach der Sitzung Zeit.«
Sie ging hinaus und schloß hinter sich leise die Tür. Denises Worte klangen mir noch im Ohr: »Wenn ich nicht wüßte, wie beschäftigt du bist, würde ich hinaufkommen und dich küssen.«
Scheiße. Noch nie hatte ich’s so gut gehabt. Aber warum nur fühlte ich mich, wo ich jetzt doch ganz oben auf dem Thron saß, von allem so abgeschnitten?
Wieder ertönte der Summer der Gegensprechanlage. »Verita auf der Hausleitung.«
»Buenos dias«, sagte ich.
Sie lachte. »Wenn du nicht zu beschäftigt bist, würde ich dich vor der Sitzung gern noch einen Augenblick sehen.«
»Komm nur rauf.«
Als sie eintrat, hatte sie wie seit eh und je eine Art Hefter bei sich. Aufmerksam beobachtete ich sie, während sie zu meinem Schreibtisch kam. Diese selbstsichere Frau glich in nichts mehr jenem Mädchen von der Arbeitslosenfürsorge, an dessen Schalter ich einmal, inmitten vieler anderer, Schlange gestanden hatte. Das schwarze,
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