Robbins, Harold - Träume
Dusche würde mir jetzt guttun. Viel geschlafen hatte ich letzte Nacht ja wirklich nicht, und ich spürte, wie ich immer müder wurde.
Als ich aus dem Bad kam, wartete Verita auf mich. »Ich habe da ein paar Schecks, die du unterschreiben mußt.«
»Okay.«
Sie folgte mir in die Küche und legte die Unterschriftenmappe vor mir auf den Tisch.
»Wie stehen wir?« fragte ich, während ich unterschrieb.
Aus ihrer Stimme klang Zufriedenheit. »Nicht übel. Die Auflage von fünfundsiebzigtausend in der nächsten Woche bringt uns elftausendzweihundertfünfzig Dollar ein - die Anzeigen nicht gerechnet. Alles in allem kämen wir auf fünfzehntausend Dollar.«
»Netto?«
»Netto.« Sie lächelte.
Ronzi war alles andere als ein Dummkopf, gar keine Frage. Hunderttausend Dollar für eine Dreiviertelmillion im Jahr, ein prachtvolles Geschäft. Für ihn. Er war mir in der Kalkulation ein gutes Stück voraus gewesen, verdammt. Ich drehte den Kopf, sah Verita an. »Vielleicht kündigst du jetzt bei deiner Dienststelle, hm?«
»Habe ich bereits getan, gestern.«
»Gut. Ab nächste Woche bekommst du hundert Dollar mehr.«
»Das ist nicht nötig, das brauchst du nicht zu tun.«
»Ohne dich wäre die ganze Sache überhaupt nicht in Gang gekommen. Da wäre ich aufgeschmissen gewesen, das weißt du. Und wenn ich’s schaffe, dann du auch.«
»Es ist nicht das Geld, Gary«, sagte sie sehr ernst. »Das wirst du doch wissen.«
»Das weiß ich auch.« Ich beugte mich zu ihr, küßte sie auf die Wange. »Heute abend feiern wir. Ich fahre mit dir zum La Cantina, wo wir uns das beste mexikanische Essen vorsetzen lassen, das es in der ganzen Stadt gibt. Danach fahren wir wieder her und drehen auf.«
»Das würde mir echt gefallen.«
Doch daraus wurde überhaupt nichts. Eine halbe Stunde später erhielt ich aus dem Krankenhaus einen Anruf. Bobby wollte mich sehen. Ich griff nach den Schlüsseln für Veritas Auto und rannte los.
Als ich den Parkplatz erreichte, sah ich, daß der Rolls noch immer dort stand, wo ich ihn gelassen hatte. Unmittelbar hinter der Eingangstür des Krankenhauses wartete Reverend Sam auf mich. »Wie geht es ihm?« fragte ich.
Sein Gesicht war grau und müde. »Man hat die Blutungen endlich gestoppt.«
»Gut.«
»Für eine Weile stand es auf Messers Schneide. Die Blutungen waren so stark, daß man mit den Transfusionen gar nicht mehr nachkam.« Er nahm meine Hand. »Jetzt besteht er darauf, Sie erst zu sehen, ehe er einschläft.«:
»Nun, ich bin ja hier.«
Reverend Sam öffnete die Tür zu Bobbys Zimmer, und wir gingen hinein. Bobby hing am »Tropf«, eine Sonde in der Nase.
Auf einem Stuhl saß eine Krankenschwester. Sie erhob sich. Mißbilligend musterte sie mich. »Daß Sie mir aber ja nicht zu lange bleiben«, sagte sie und ging hinaus.
Wir traten ans Bett. »Bobby«, sagte Reverend Sam.
Er rührte sich nicht.
»Bobby, Gareth ist hier.«
Langsam öffnete er die Augen. Und erkannte mich. Auf seinen blutleeren Lippen erschien ein schwaches Lächeln und verschwand sofort wieder. Seine Stimme war nur ein Flüstern. »Gareth, bist du nicht böse auf mich?«
»Natürlich nicht.«
»Ich hatte solche Angst, daß du ... böse auf mich bist.« Er blinkte leicht mit den Augen. Ich nahm seine Hand, drückte sie. »Ich habe mir dabei doch . ... gar nichts weiter gedacht. Ich meinte halt, es würde Spaß machen.«
»Es ist vorbei«, sagte ich. »Denk nicht mehr dran.«
»Mein Job - ich möchte ihn nicht verlieren.«
»Du wirst ihn auch nicht verlieren. Werde nur wieder gesund. Wenn du aus dem Krankenhaus kommst, ist dein Job für dich da.«
»Aber daß du auch wirklich nicht böse auf mich bist.«
»Bin ich doch nicht. Sieh du nur zu, daß du wieder gesund wirst. Wir brauchen dich sehr für unser Blatt. Dein FotoLayout war ja der Grund dafür, daß die Startnummer weggegangen ist wie warme Semmeln.«
Auf seinen Lippen erschien wieder das schwache Lächeln. »Wirklich?«
»Wirklich. Ronzi will, daß wir von der nächsten Nummer fünfundsiebzigtausend Stück auflegen.«
»Wie schön.« Er blickte zu seinem Vater. »Tut mir leid, Dad.«
»Ist gut, Sohn. Mach nur, was Gareth sagt, und werde wieder gesund. Das ist mein einziger Wunsch.«
»Ich liebe dich, Vater. Ich habe dich immer geliebt. Das weißt du.«
»Und ich liebe dich. Weißt du das, Sohn?«
»Ja, ich weiß es, Vater. Aber ich war nie das, was du wolltest.«
Reverend Sam blickte zu mir. Ich sah den Schmerz und die Tränen in seinen Augen.
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