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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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Training nicht
     mehr sehen, die Sprüche nicht mehr hören – und ihm ging es mit uns vermutlich genauso.«
    Die Katze
nannten die Spieler ihren Trainer nun, weil er sieben Leben zu haben schien und selbst nach der heftigsten Niederlage nicht
     entlassen wurde. »Miau, miau«, machten einige Fußballer in der Kabine, und Heckings Assistenztrainer Dirk Bremser stimmte
     ahnungslos begeistert in das Miaue ein.
    Die Sportreporter zählten die Gegentore. Es waren schon über fünfzig. Könne ein Nationaltorwart in Hannover spielen, fragten
     sie jede Woche aufs Neue angesichts der Flut an Toren. Brauchte ein Nationaltorwart nicht die Sicherheit, hinter einer souveränen
     Abwehr zu stehen? Benötigte ein Nationaltorwart nicht sowieso die Wettkampfhärte der Champions League? »Er |352| wurde immer wieder mit denselben Argumenten konfrontiert, er wurde täglich als Nationaltorwart infrage gestellt, weil seine
     Mannschaft nicht funktionierte«, sagt Jörg Neblung. »Da ließ sich der Gedanke gar nicht vermeiden: Vielleicht sollte ich wirklich
     weggehen?«
     
    Einer allerdings schaute sich die Gegentore genau an, statt sie nur zu zählen. Bundestorwarttrainer Andreas Köpke kam Robert
     Enkes Leiden in Hannover nicht ungewöhnlich vor, sondern allzu bekannt. Als Nationaltorwart in den Neunzigern war Köpke mit
     dem 1. FC Nürnberg und Eintracht Frankfurt zweimal abgestiegen. »Ich habe mich ein wenig in ihm wiedererkannt und mich gut
     in ihn hineinversetzen können.« Köpke ging die Tore durch, er sah, wie Cottbus’ Stürmer Rangelov frei zum Kopfball kam, wie
     zwei Dortmunder unbewacht vor Robert Enke auftauchten. Er sah einen Torwart, der hielt, was er konnte. Zu den Weltmeisterschafts-Qualifikationsspielen
     gegen Liechtenstein und Wales Ende März wurde Robert Enke wieder eingeladen.
    Der Torwart sollte vor einem Spiel gegen Liechtenstein nicht unbedingt ein interessanter Mann sein. Doch unverdrossen witterten
     die Sportreporter wieder ihr Thema. Wer war denn nun die Nummer eins, René Adler, der gegen Russland so mitreißend und später
     gegen Norwegen grundsolide gehalten hatte? Oder Robert Enke, der nur durch eine Verletzung um den Posten gebracht worden war?
     Es gab schon wieder keine Antwort.
    René Adler konnte wegen einer Ellenbogenverletzung nicht einmal trainieren.
    René und Robert saßen an der Hotelbar in Leipzig, wo die Nationalelf Quartier bezogen hatte. Robert konnte ahnen, wie sehr
     es den Jungen treffen musste, dass er das Länderspiel in Leipzig, seiner Heimatstadt, wegen einer Verletzung verpasste. Und
     trotzdem unterhielt sich René ausgelassen und freundlich mit ihm, ohne sich Traurigkeit oder Neid anmerken zu lassen. Für
     einen kurzen Moment schämte sich Robert Enke. Wie unfair war sein anfänglicher Argwohn gegen den Jungen gewesen.
    |353| Manchmal fragte er sich, was das Spiel aus ihm machte. Wieso weckte der Profifußball bisweilen einen Zug in ihm, den er vorher
     nicht an sich gekannt hatte: die Missgunst. Noch jetzt, sieben Jahren später, gelang es ihm nicht, Victor Valdés den Platz
     bei Barça zu gönnen, um den sie gekämpft hatten. Er wollte nicht hören, dass Valdés ein exzellenter Torwart geworden war.
     »Ich schaffe es nicht, bei Victor objektiv zu sein«, gab er zu. Er wusste es zu schätzen, dass René Adler auf ihn zugekommen
     war. Vielleicht würde ihm ihre gute Beziehung helfen, sich besser gegen die Bitterkeit zu schützen, die in seinem schönen
     Beruf lauerte.
    Gegen Liechtenstein gewann Deutschland 4:0. Er bekam in neunzig Minuten einen Schuss auf das Tor.
    In Cardiff riss er vier Tage später nach dem Abpfiff der Partie gegen Wales als Einziger die Hände in die Luft. Die Feldspieler
     wie Michael Ballack oder Mario Gómez registrierten den 2:0-Sieg mit cooler Beiläufigkeit, wie es ihnen nach dem zerfahrenen
     Spiel angebracht erschien. Er dagegen glaubte für einen Moment, etwas bewiesen zu haben. Mit feinen Reflexparaden hatte er
     zweimal den Torschrei des walisischen Publikums abrupt verstummen lassen. Jetzt musste doch jeder gesehen haben, dass er Deutschlands
     Nummer eins sein konnte?
    Tatsächlich wurden die nörgelnden Fragen, ob ein Torwart von Hannover 96 in der Nationalelf spielen konnte, schon seit einigen
     Wochen leiser, vielleicht weil die Sportreporter erschöpft von der ewigen Wiederholung waren, vielleicht auch weil Robert
     Enke immer mehr von ihnen mit Spielen wie in Cardiff überzeugt hatte. Doch in seinem Kopf hallte die Frage

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