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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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nach. Er nahm den
     Sportreportern die Frage übel und stellte sie sich längst selbst: War er noch am richtigen Ort? Nur drei Tage nach seiner
     Demonstration von Cardiff holte sich Hannover 96 seine jährliche peinliche Niederlage bei Werder Bremen ab. 40 Tore musste
     Robert Enke in seinen neun Bundesligaspielen mit Hannover gegen Werder hinnehmen, »zum nächsten Mal gegen Bremen komme ich
     nicht mehr«, hatte er einmal nach einem 2:4 gesagt. Diesmal endete es 1:4. »Same procedure as every year, James!«, schrieb
     er in sein Tagebuch. Doch |354| er merkte schnell, dass sich diese Niederlage nicht einfach als jährliches Bremer Scheibenschießen abhaken ließ.
    Der schwelende Konflikt zwischen Trainer und Mannschaft eskalierte. Dieter Hecking hatte beim Stand von 1:1, als nur noch
     sechzehn Minuten zu spielen waren, den defensiven Mittelfeldspieler Altin Lala für Stürmer Mikael Forssell eingewechselt,
     ein taktischer Wechsel, wie ihn Dutzende Trainer an seiner Stelle ebenfalls vorgenommen hätten. Hannover kassierte nach dem
     Tausch drei Tore. Die Spieler grollten. Wie hatte der Trainer Altin in so einer kritischen Spielphase einwechseln können?
     Altin fand nach einer langen Verletzungspause gerade erst zurück in den Wettkampf!
    Es ging nicht mehr darum, ob der Trainer alles richtig oder einen kleinen Fehler gemacht hatte, es spielte keine Rolle mehr,
     ob Hecking prinzipiell ein guter Trainer war. Es war so weit, dass die Mannschaft für jedes Missgeschick die Schuld beim Trainer
     suchte.
    Präsident Martin Kind konnte nicht mehr übersehen, dass etwas nicht stimmte. Aber Kind hatte gerade erst den Sportdirektor
     Christian Hochstätter wegen erfolgloser Spielerverpflichtungen entlassen, es widerstrebte ihm, nun auch noch dem Trainer zu
     kündigen. Hecking hatte sich doch in der vorangegangenen Saison bewährt, und die Idee, nach Höherem zu streben, hatte der
     Präsident dem Trainer sogar vorgegeben. Kind rief Robert Enke an.
    »Der Präsident hat mich zu sich gebeten«, sagte Robert Enke zu seinen engsten Mitspielern. »Er wird wissen wollen, was hier
     los ist. Was sage ich ihm?«
    Die sieben, acht Spieler, die auf irgendeine Weise Gewicht im Team hatten, versammelten sich in einem italienischen Restaurant,
     in das sie sonst nie zum Mittagessen gingen. Schon bei der Vorspeise wurde deutlich, dass es im Grunde nur einen einzigen
     Satz zu besprechen gab. Sollte Robert dem Präsidenten im Namen des Teams übermitteln, dass es mit dem Trainer nicht mehr weiterging?
    Robert Enke hörte aufmerksam zu und redete wenig. Als die Hauptspeise serviert wurde, gab es schon keine Zweifel mehr.
    |355|
    Alle Jahre wieder: Gegen Werder Bremen setzte es für Robert Enke und Hannover 96 in unschöner Regelmäßigkeit hohe Niederlagen.
     Die Bremer Miroslav Klose (links) und Hugo Almeida freuen sich über den jüngsten Streich. [27]
    Robert sollte Kind sagen, dass die Mannschaft einen Trainerwechsel gutheißen würde.
    Er wurde immer stiller. Seine Gesichtszüge bewegten sich kaum.
    »Es fiel ihm schwer, mit so einer Botschaft zum Präsidenten zu müssen«, sagt Hanno Balitsch. »Robs war nicht der Typ, der
     einen Trainer absägte. Zwar merkte er auch, dass es so nicht mehr weiterging. Aber er sah auch die Seite des Trainers.«
    Dann fahre er mal los, sagte Robert zum Abschied.
     
    »Und?«, fragte Hanno, als ihn Robert am frühen Abend anrief.
    »Ich war nicht bei Kind.«
    »Wie, hattest du eine Autopanne?«
    Panne war ein passendes Wort, um den Vorfall zu beschreiben.
    Auf der Fahrt von Hannover nach Burgwedel hatte ihn Jörg Neblung angerufen.
    |356| »Wo bist du?«
    »Auf dem Weg zu Kind.«
    »Dann kehr um.«
    »Bitte?«
    »Kehr um. Mich hat gerade ein Informant angerufen. Die Presse hat von dem Treffen Wind bekommen. Ein Fotograf lauert schon
     vor Kinds Firma auf dich. Wenn du hinfährst, stehst du morgen als der in der Zeitung, der den Trainer stürzen will.«
    Robert Enke nahm die nächste Ausfahrt. Er rief den Präsidenten an und sagte ihm den kleineren Teil der Wahrheit. Er könne
     leider nicht kommen. Die Boulevardpresse habe von ihrer Verabredung erfahren, und er habe Angst, dass angesichts der angespannten
     Lage irgendwelche Spekulationen aufkämen, was er wohl beim Präsidenten mache.
    Die große Wahrheit, dass die Mannschaft den Trainer loswerden wollte, übermittelte er dem Präsidenten danach nie mehr. Irgendeiner
     der verschworenen Acht musste ihn an die Zeitung verraten haben. Der Verdacht

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