Robert Enke
nur Marcos Geschichten gekannt. Wie die Mannschaft im Vorjahr mit dem Bus nach Freiburg gefahren war. Effenberg
und Hochstätter saßen wie gewohnt in der zweiten Reihe direkt hinter dem Trainer, Marco hatte es sich ganz hinten mit Karlheinz
Pflipsen und einigen anderen zum Kartenspielen bequem gemacht. Ihnen wurde warm.
»Mach doch mal die Klimaanlage an!«, riefen sie dem Busfahrer zu.
Hinter Karlsruhe wurde die Hitze unerträglich. Als sie in Freiburg zum Bundesligaspiel ankamen, saßen die Kartenspieler nur
noch in Unterhose auf der letzten Bank, anders war es nicht auszuhalten.
Später fanden sie heraus, was passiert war.
Der Busfahrer verstand im Lärm des Motors nicht, was Marco Villa von der letzten Bank rief.
»Was wollen die?«, fragte der Busfahrer Effenberg.
»Denen ist kalt«, sagte Effenberg, ohne eine Miene zu verziehen.
»Was? Ich habe die Klimaanlage hinten doch schon auf 26 Grad.«
»Mach sie halt noch höher«, sagte Effenberg.
Nun war Robert Enke dabei. Er flachste mit Kamps, er hatte sich an dessen Ehrgeiz gewöhnt. Seit er in der Mannschaft als talentierter
Ersatztorwart Anerkennung fand, war Kamps’ extremer Wettkampfgeist gar nicht mehr so schwer zu ertragen.
Vor den Bundesligaspielen teilte er sich mit Marco das Hotelzimmer. |54| Der Große Effenberg klopfte bei ihnen an. Er wollte gegen Marco auf der Playstation Autorennen fahren. Einsatz 100 Mark pro
Rennen, sagte Effenberg. In wenigen Minuten hatte Marco 1000 Mark verdient. Effenberg forderte ihn auf, weiterzuspielen, obwohl
er sehen musste, dass er nie gewinnen würde.
Robert blieb im Hintergrund sitzen und sah still zu, wenn Effenberg im Zimmer war.
Zu Hause wünschte sich Teresa einen neuen Mitbewohner. Er reagierte abwehrend. Einen Hund?
Wenn Teresa sich als Kind das Erwachsensein vorgestellt hatte, hatte sie immer ein Haus auf dem Land mit vielen Tieren gesehen.
Sie hatte Robert nach seiner Idee von der Zukunft gefragt. Er hatte keine Vorstellung. Er hatte seine Träume immer auf den
Fußball beschränkt.
»Ein Hund wäre doch schön.«
Er schwankte. Er wollte kein Tier im Haus. Aber er hatte auch nichts dagegen. Was ihn glücklich machte, war, andere glücklich
zu machen, vor allem Teresa. Also gut, ein Hund.
Sie nannten ihn Bo. Sie hatten keine Ahnung, wie man einen Hund erzieht.
Bo war den ersten Tag bei ihnen. Sie mussten einkaufen gehen. Der Hund schlief friedlich. Teresa wollte ihn nicht aufwecken.
»Komm, wir schleichen uns kurz raus, der merkt das gar nicht«, sagte Teresa. In ein paar Minuten wären sie doch wieder zurück.
»Als wir wiederkamen, war er natürlich traumatisiert.« Teresa lacht sanft über sich selbst. »Wir haben alles falsch gemacht,
was man falsch machen kann. Nach ein paar Wochen waren wir wie besorgte Eltern mit dem ersten Kind. Wir gingen nur noch getrennt
ins Kino, damit Bo nicht allein blieb und bellte.«
Der Hund war ein willkommener Anlass für die Nachbarn, sich aufzuregen. Er liefe immer über die frisch geputzte Treppe, schrie
Corinna.
Für Teresa und Robert war der Hund ein weiterer Anlass, endlich auszuziehen. Borussias Busfahrer wohnte fünfzehn Kilometer |55| südlich von Mönchengladbach. Seine Dachwohnung sei frei, sagte Markus Breuer.
Teresa knipste ein letztes Foto im Loosenweg, die Porzellangänse im Garten. Zum Ende des Jahres 1997 trugen sie ihre Möbel
aus der Wohnung. Corinna rief zum Abschied, um 22 Uhr solcher Lärm, das sei eine Unverschämtheit. Robert schrie zum ersten
Mal zurück. »Jetzt ist es doch gut, wir ziehen aus, Corinna, in wenigen Minuten siehst du uns nie wieder, lass uns doch wenigstens
jetzt in Ruhe!«
Man fährt die alte Landstraße über Wey durch Rüben- und Weizenfelder, an manchen Stellen wird die Straße fast zum Feldweg.
Hinter Hoppers kommt Gierath.
In den zurückliegenden dreißig Jahren ist Gierath enorm gewachsen, das Neubaugebiet überragt den alten Ortskern. Das Dorf
hat nun 1500 Einwohner.
Robert Enke wurde von Markus Breuer schnell integriert.
Im Erdgeschoss seines Hauses in der Schulstraße betreibt Breuer ein Sportgeschäft. Einmal musste er kurz weg, seine Frau war
mit dem Kind beim Arzt, Breuer klingelte in der Dachwohnung. »Robert, könntest du bitte mal eine halbe Stunde den Laden übernehmen?«
Ein Kunde trat ein und verlangte prompt Torwarthandschuhe. »Haben Sie Ahnung davon?«
»Ein bisschen«, sagte Robert Enke.
Er erklärte dem Kreisligatorwart alles über den
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