Robert und die Ritter 3 Das Burggespenst (German Edition)
rächen müssten. – Wir Gespenster waren früher genauso normale Menschen wie ihr beiden.«
»Und wieso seid ihr dann Gespenster geworden?«, fragte Robert.
»Gespenst wird man, weil der Gespensterrat es so beschließt«, sagte Ritter Friedebert.
»Der Gespensterrat?«, sagte ich.
»Genau«, sagte Ritter Friedebert. »Der Hohe Rat für Gespenster, Geister und Wiedergänger heißt es eigentlich, aber wir sagen alle nur Gespensterrat. Er beobachtet die Menschen ein Leben lang und entscheidet, wer zum Gespenst taugt.«
»Oder zum Geist«, sagte Robert.
»Oder zum Wiedergänger«, sagte ich.
»Genau«, sagte Ritter Friedebert. »Nur das Talent entscheidet. Meines zum Beispiel fiel schon auf, als ich noch ein ganz kleiner Junge war. Da hab ich mich schon aufs Töpfchen gesetzt und dann erst die Hose runterziehen wollen. Und meine Kammer hättet ihr sehen sollen! Meine Mutter sagte immer, eine Horde Raubritter hätte sie nicht so verwüsten können wie ich, wenn ich nur an der Hand eines Erwachsenen von der Tür zu meinem Bettchen ging. ›Unser kleines Schusselritterchen‹ haben mich meine Eltern genannt. Da fanden sie das alles noch lustig, aber als es in der Schule so weiterging, nicht mehr. Meine Güte, wenn ich daran denke, was ich alles verschusselt habe: die Hausaufgaben, die Schultasche, das Schwert für den Fechtunterricht, einmal sogar meine Schuhe – mitten im Winter! ›Nur gut, dass sein Kopf festgewachsen ist, sonst würde er denauch noch vergessen‹, sagten meine Lehrer immer, und da hatten sie wahrscheinlich recht.«
»Ehrlich, das haben sie gesagt?«, sagte Robert. »So was ist ja gemein, findest du nicht auch, Tim? – Tim? – Tim?«
Er musste dreimal meinen Namen sagen, bevor ich wenigstens die Achseln zucken konnte. Mir war nämlich, während Ritter Friedebert erzählte, immer mulmiger geworden. Ich erklär euch gleich, warum, aber hört euch erst an, wie die Geschichte vom kleinen Schusselritterchen weitergeht.
»Ich will es kurz machen«, sagte Ritter Friedebert. »Als ich erwachsen war, ging es genauso weiter: Ich stieg aufs Pferd und wollte dann erst die Rüstung anziehen, ich konnte kein Turnier gewinnen, weil ich mal das Schwert, mal die Lanze, mal die Rüstung, mal das Pferd und manchmal alles zusammen vergaß. Wenn ich doch mal alles dabeihatte, bin ich falsch herum aufs Pferd gestiegen, und bis auf den heutigen Tag bin ich weltweit der einzige Rittersmann, der sich jemals einen Knoten ins Schwert gefochten hat. Das kleine Schusselritterchen konnten sie mich da natürlich nicht mehr nennen, aber mein neuer Name war genauso schön.
Der kopflose Ritter
–
so haben sie mich genannt. Ach, das waren Zeiten!«
Ritter Friedebert seufzte, und mir war nicht mehr mulmig, mir war richtig schlecht. Vielleicht habt ihr’s nicht gemerkt, aber was der Gespensterritter erzählte, passte so haargenau auf Robert, dass es richtig gespenstisch war. [2] Ich meine, ich weiß nicht, wie es war, als Robert noch aufs Töpfchen ging, weil sie erst später in unsere Nähe gezogen sind, und er hat auch kein Pferd, auf das er falsch herum steigen könnte. Aber sonst ist Robert der größte Schussel, den ich kenne, bisher jedenfalls, und das mit dem Kopf, der zum Glück festgewachsen ist, hat Frau Knöpfel erst letzte Woche wieder zu ihm gesagt, als er zum dritten Mal hintereinander sein Rechenheft vergessen hatte. Dabei hatte er die Hausaufgaben gemacht! Ich war dabei! Und wisst ihr noch, wie sein Zimmer ausgesehen hat, als ich nach dem Zauberschwert gesucht habe? So sieht es bei ihm
immer
aus, und meine Mutter behauptet, er wäre ein Fenomen (oder so ähnlich): Er bräuchte nur einmal durchs Zimmer zu gehen,nicht mal anzufassen bräuchte er was dabei, und schon sähe es aus wie nach einem Wirbelsturm. Meine Mutter ist allerdings auch ein bisschen pingelig.
»So«, sagte Ritter Friedebert. »Jetzt wisst ihr über Gespenster Bescheid, und das war meine Geschichte.«
»Schlimm!«, sagte Robert, der kein bisschen so aussah, als würde er sich dieselben düsteren Gedanken machen wie ich. Ehrlich gesagt hätte es mich auch gewundert.
»Schlimm?«, sagte Ritter Friedebert. »Schlimm? Ja, hast du mir nicht zugehört? Das war nicht schlimm! Der kopflose Ritter – von dem erzählte man sich abends am Kamin oder zwischen den Schlachten am Lagerfeuer. Landauf, landab! Ich war berühmt! Auf so jemanden hatte der Gespensterrat schon wer weiß wie lange gewartet. Sie wussten, dass aus mir ein
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